Used to the Darkness

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Die Stimmung nach unserer kleinen Aussprache war merkwürdig. Einerseits wusste ich nicht, ob ich ihm wirklich glauben sollte, andererseits merkte ich leicht beschämt, wie sehr ich mir wünschte, ihm glauben zu können. Also blickte ich ihn, um eine Erwiderung verlegen, nur an und wusste nicht, wohin mit mir.

Ryan sah mich weiterhin an, sein verzweifelter Blick brannte auf meiner Haut. Als würde er spüren, wie unangenehm mir sein Blick war, senkte er seinen Kopf und blickte zu Boden.

„Ich war wie von Sinnen an dem Abend. Ich hatte zu dem Zeitpunkt in drei Nächten vielleicht 6 Stunden geschlafen. Seit Tagen war in der Gang die Kacke am dampfen. Dann haben wir Jimmy und den Typen von den Carrazzas umgebracht und es wäre fast alles in einen Krieg mit den Carrazzas eskaliert. Dann haben wir festgestellt, dass Koks fehlt und mein Vater ist vollkommen ausgerastet", erzählte er, wie er die Zeit erlebt hatte. Ich hörte mit gerunzelter Stirn zu. Ich musste zugeben, dass ich mir bisher nie Gedanken darüber gemacht hatte, was bei ihm los gewesen war. Ab der Sekunde, in der er mir den ersten Elektroschock verpasst hatte, war das alles irrelevant geworden für mich.

„Mein Vater war der festen Überzeugung, dass Marc das Koks hatte. Wir haben Jimmys und seine Wohnung immer wieder durchsucht, doch wir konnten nichts finden. Aber Marc war untergetaucht, was meinen Vater nur in seinem Verdacht bestärkt hat."

Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl gehabt, dass mehr dahinter gesteckt hatte, als Marc Ende Februar vor unserer Tür aufgetaucht war. Er hatte sich bei uns vor den Hounds versteckt. Ich spürte Ärger in mir aufsteigen, dass Marc mir nie die ganze Wahrheit erzählt hatte.

„Dann hat mein Vater beschlossen, eine von Marcs Schwester holen zu lassen, um ihm eine blutige Nachricht zu schicken. Er war sich sicher, dass Marc die Wohnung beobachtete. Bis dahin hatte ich noch sehr gehofft, dass der Marc, der mit Jimmy zusammen gewohnt hatte, nicht derselbe war wie der Marc, der dein Bruder war. Aber als ich dich in dem Keller sah, wie du da an den Ketten hingst...", Ryan brach ab, anscheinend überwältigt von den Bildern seiner Erinnerung.

„Ich hatte solche Angst um dich. So große Angst, dass mein Vater einfach wieder ausrastete und dich erschoss. Oder dass er dich Scott überließ. Wenn Scott Leute folterte, blieb von ihnen nur noch eine unidentifizierbare Leiche zurück..."

Mir wurde schlecht bei seinen Worten. „Aber Panther hat dich doch extra gebeten, mir nicht zu sehr wehzutun", erinnerte ich mich.

Ryan zog irritiert die Augenbrauen zusammen. „Panther?" Ich seufzte, wieso hatte ich ihm damals so einen bescheuerten Spitznamen gegeben? Wieso konnte ich mich nicht an seinen richtigen Namen gewöhnen?

„Sorry, ich meine schon John Scott, ich habe ihm nur damals den Spitznamen Panther in meinem Kopf verpasst, weil er mich so sehr an eine Raubkatze erinnert hat", erklärte ich.

Ryans Blick bekam einen versonnenen Ausdruck. „Weißt du, unter anderem deswegen liebe ich dich so sehr, weil du es tatsächlich schaffst, Monstern wie Scott ein bisschen den Schrecken zu nehmen." Noch während er es aussprach, wurde er verlegen. „Entschuldigung, das wollte ich eigentlich nicht so raushauen."

Ich starrte ihn an. Dann schüttelte ich leicht ungläubig den Kopf. Ich wusste einfach nicht, was ich von ihm halten sollte. „Also, zurück zum Thema, Panther hatte dich doch extra gebeten, mir nicht zu sehr wehzutun", ignorierte ich seine letzten Worte.

Auch Ryans Miene verlor wieder die Verlegenheit. Stattdessen lachte er einmal trocken und freudlos auf. „Das hast du nicht ganz richtig verstanden. Er hat mich nicht gebeten, dir nicht so sehr wehzutun, er hat mich nur gebeten, nicht allzu schlimme Spuren auf deinem Körper zu hinterlassen, damit er dich noch zwingen konnte, für ihn im Dirty Love zu strippen."

Mein Gesichtsausdruck entgleiste. „Deswegen hast du mich erst mit Elektroschocks gefoltert? Weil das weniger Spuren hinterlässt?" Meine Stimme kippte.

Für einen kurzen Moment huschte riesiger Schmerz über Ryans Gesicht. „Ich wünschte so sehr, ich hätte mich an dem Tag anders entschieden. Es tut mir so leid."

Wieder wusste ich nichts zu erwidern. Er hatte schon so oft gesagt, wie leid es ihm täte. Inzwischen glaubte ich ihm, dass es ihm tatsächlich leid tat, aber ich wusste nicht, ob das irgendeine Konsequenz hatte.

„Vielleicht sollte ich dir auch mal sagen, dass es mir leidtut, dass ich deinen Vater erschossen habe", fing ich an, dann hoben sich meine Mundwinkel zu einem grimmigen Lächeln. „Das Ding ist nur, es tut mir absolut nicht leid..."

Ich genoss es zu sehen, wie Ryans Mundwinkel zuckten, er sie wieder unter Kontrolle brachte und versuchte, wieder ernster zu werden. „Das versteh ich so gut, du kannst es dir gar nicht vorstellen", brachte er schließlich heraus.

Ich runzelte die Stirn. „Er war immer noch dein Vater."

„Und ich habe ihn gehasst", entgegnete Ryan. „Er hat mich zu den Hounds mitgenommen, da war ich gerade einmal 14 Jahre alt. Er hat mich mitgenommen und dann von mir verlangt, dass ich mich bei ihnen einen Hierarchie hochkämpfte, die ich nicht verstand. Ich wollte nie einer von ihnen sein, das wussten sie und sie haben mich spüren lassen, dass sie es wussten. Und wenn ich mit schmerzenden Knochen nach Hause kam, hat er mich verprügelt und das Training genannt. Ich habe kein einziges Mal um ihn geweint. Ich glaube, das hat nicht einmal meine Mutter..." Ryan hatte sich in Rage geredet, seine Augen blitzten und seine noch feuchten Locken schienen zu dampfen. Erschrocken merkte ich, welche Anziehungskraft er in diesem Moment auf mich ausübte.

Schnell wandte ich mich ab, bevor Ryan es mir am Ende noch ansah. Mein Blick fiel dabei ausgerechnet auf den Topf, in dem in diesem Moment das Nudelwasser übersprudelte. „Ach Scheiße!", fluchte ich auf. Mit zwei Schritten war ich beim Herd und zog den Topf von der heißen Herdplatte. Dabei schwappte das kochend heiße Wasser noch mehr über und ein Teil landete auf meinen Fingern. Ich schrie unwillkürlich auf und schüttelte meine Hand. Fuck, das brannte.

Tränen schossen mir in die Augen. So schnell ich konnte, steuerte ich die Spüle an und hielt meine Finger unter den Wasserstrahl. Langsam klärte sich mein Kopf wieder von dem Schmerz.

„Oh Gott, Liz!", hörte ich Ryans Stimme von hinten. Ich wandte den Kopf zu ihm und er stand, hatte beide Arme nach mir ausgestreckt und von seinem linken Handgelenk baumelten die geöffneten Handschellen.


Hey ihr Lieben, wegen heftigen und verzweifelten Nachfragen habe ich es jetzt doch endlich mal geschafft, wieder ein Kapitel zu schreiben. Es tut mir sehr leid, dass so selten und unregelmäßig was kommt. Die Situation macht mir kreativ-mäßig sehr zu schaffen und ich kann leider auch nicht sagen, wann das nächste Kapitel kommen wird. Ich hoffe, es gefällt euch trotzdem. Was glaub ihr, wird als nächstes passieren? Und glaubt ihr Ryan eigentlich, dass er Liz noch liebt?

Dark as midnightTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang