Don't get too close

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Ich schrie auf und wich vor ihm zurück. Panisch suchten meine Augen die Küche nach Gegenständen ab, mit denen ich mich verteidigen könnte. Alle Messer lagen außerhalb meiner Reichweite. Was am ehesten geeignet war, war eine Pfanne, die in dem Abtropfgitter neben der Spüle lag. Ich griff sie und hielt sie ihm entgegen.

„Komm nicht näher", keuchte ich. Die Pfanne war schwer und meine Hände zitterten.

Ryan hob seine Hände, er hatte sich keinen Schritt auf mich zubewegt. „Entschuldigung, 'tschuldigung, ich wollte dich nicht erschrecken." Mit großen Augen sah er mich an.

Mein Atem ging schwer, immer noch strömte Panik durch meine Adern. Verunsichert wich Ryan zurück. „Hey, ich mach dir nichts, ok? Guck mal, ich setzt mich wieder auf den Stuhl, ok?", bot er mir an und setzte sich wieder hin. Ich starrte ihn unbewegt an.

„Ich... In Ordnung, ich mach auch die Handschellen wieder zu, ok? Tut mir leid...", ging Ryan weiter, bog die Arme wieder nach hinten und ich hörte was klicken.

„Ich... Du...", stotterte ich, beinahe unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. „Hättest du das die ganze Zeit über machen können?"

Verlegen blickte Ryan nach unten. Sein Schweigen war mir Antwort genug. Mit einem Gefühl, als ob alles mir zu entgleiten drohte, rutschte ich langsam an der Küchenzeile herunter, bis ich mit angelehntem Rücken auf dem Boden ankam. Meine Hände umklammerten weiterhin die Bratpfanne, jedoch war sie so schwer, dass ich sie auf meinen Knien ablegte. Erschüttert starrte ich Ryan an.

„Warum hast du dich dann nicht schon früher befreit?", fragte ich mit zitternder Stimme. „Als ich dich mit der Zigarette verbrennen wollte, zum Beispiel."

Ein bitterer Zug schlich sich auf Ryans Gesicht. „Vielleicht war ich ja wirklich der Meinung, dass ich das verdient hatte."

Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Ich war so dumm gewesen. Wie hatte ich nur einen Moment lang denken können, ich hätte die Oberhand, ich hätte die Macht über ihn. Beschämt ließ ich den Kopf sinken, ich wollte mir nicht noch die Blöße geben und ihn sehen lassen, wie sehr mich das gerade aus der Fassung brachte. Doch ich konnte nicht verhindern, dass sich eine Träne löste und auf die von Elly geliehenen Klamotten tropfte.

„Hey, hey", hörte ich Ryan plötzlich sanft murmeln, er musste es doch gesehen haben. „Es tut mir leid, ich wollte nicht... Ich habe schon wieder alles falsch gemacht, oder?"

Unwillkürlich blickte ich auf. Er hatte sich leicht vorgebeugt, seine Hände schienen jedoch immer noch hinter dem Stuhl gefesselt zu sein.

„Ich wollte dich nicht erschrecken. Ich wollte dir nur helfen. Ich konnte nicht still da sitzen und zusehen, wie du dir die Hand verbrannt hast."

Meine gerötete, schmerzende Hand krampfte sich immer noch um die Bratpfanne. Vorsichtig begann ich sie zu lösen und verzog dabei das Gesicht vor Schmerzen. Ryan stöhnte leise auf.

„Schon wieder, ich kann einfach nicht sehen, wie du Schmerzen hast. Es erinnert mich zu sehr an die schlimmste Nacht meines Lebens."

„War auch die schlimmste Nacht meines Lebens", gab ich trocken zurück. Langsam fühlte ich mich wieder mehr wie ich selbst. Das Adrenalin in meinem Blut schien langsam wieder zu verschwinden und mit sinkendem Adrenalin-Pegel, spürte ich langsam wieder mehr meinen grummelnden Bauch und die bleierne Müdigkeit. Trotzdem hielt mich das noch immer tief sitzende Misstrauen, Ryan gegenüber davon ab, mich vollständig zu entspannen. Er hatte zwar die Handschellen wieder umgelegt, aber er konnte sie jederzeit wieder lösen, mich überwältigen und zu den Hounds bringen. Er konnte so viel reden, wie er wollte, mein Misstrauen war hartnäckig.

Nach einer Lösung suchend sah ich mich in der Küche um und wurde fündig. Die Bratpfanne in der linken, unverbrannten Hand halten und ihn nicht aus den Augen lassend, stand ich auf und bewegte mich zum Regal neben dem Sofa. Aus einer Holzkiste auf dem untersten Regalbrett nahm ich eine Rolle Paketband. Ryan war mir mit seinem Blick gefolgt und bekam nun große Augen.

„Nein, Liz, bitte!", fing er an zu betteln. „Das ist nicht nötig!"

„Ich entscheide selbst, was ich für nötig erachte."

Ich trat hinter ihn und sah, dass er tatsächlich die Handschellen wieder um seine Handgelenke geschlossen hatte. Nun waren seine Hände zu Fäusten geballt. Ryan sah bittend über seine Schulter nach oben zu mir.

„Ich verspreche dir, dass ich die Handschellen nicht wieder löse!", bot er an.

„Dein Wort bedeutet nichts." Mit diesen Worten legte ich die Bratpfanne beiseite und wollte das Klebeband um seine Gelenke wickeln.

Schneller als ich gucken konnte, war Ryan aufgesprungen und drehte sich zu mir um. Instinktiv griff ich wieder nach der Bratpfanne. Ryan blieb jedoch stehen, statt sich auf mich zu stürzen.

„Ok", sagte er, „du kannst mich mit dem Klebeband fesseln, wenn du mir die Hände vor dem Körper fesselst. Meine Schultern tun jetzt schon weh."

Misstrauisch musterte ich ihn. Ich war mir unschlüssig, ob ich ihm trauen sollte. Andererseits schien es mir nicht so, als ob ich groß eine Wahl hätte, wenn ich ihn fesseln wollte.

„Na gut", lenkte ich ein. Ich kam um den Stuhl auf ihn zu, wollte ihn umrunden und die Handschellen lösen, doch da klickte es bereits wieder und er hielt mir seine Hände hin. Wütend biss ich die Zähne zusammen und wickelte das Klebeband eng um seine Handgelenke. Ich war ausgesprochen sorgsam, wickelte mehrmals und achtete darauf, dass er seine Hände nicht einfach wieder herausziehen konnte. Dann trat ich einen Schritt zurück und atmete tief durch. Ich fand es immer noch schwierig, so nah bei ihm zu sein.

„Setz dich wieder hin", wies ich ihn an und er gehorchte widerspruchslos. Mein Bauch grummelte wieder. Ich seufzte. Dann machte ich mich ans Kochen.

Die Nudeln waren völlig überkocht, doch sie würden reichen müssen. Ich hatte nicht die Kraft, nochmal Nudeln aufzusetzen. Dann machte ich mich daran die Zwiebeln, die Karotte und Paprika fertig zu schneiden und kochte eine schnelle Tomatensauce. Es war ganz sicher nicht das Beste, was ich jemals gekocht hatte, aber für heute Abend würde es reichen müssen.

Ich schwieg, während ich kochte, versuchte mich nicht davon verunsichern zu lassen, dass ich Ryan beim Kochen nicht beobachten konnte und verarbeitete langsam die Geschehnisse des Abends. Auch Ryan war still. Hin und wieder fragte ich mich, ob er gerade daran arbeitete, das Paketband zu lockern. Dann warf ich Ryan einen Blick über die Schulter zu, um zu kontrollieren, ob er noch auf dem Stuhl saß. Er war brav und bewegte sich kein bisschen, doch er sah meine Blicke, was mir peinlich war.

Schließlich war auch die Tomatensauce fertig und ich füllte zwei Teller und stellte sie auf den Tisch. Ryan drehte sich auf dem Stuhl zum Tisch und ich drückte ihm einen Löffel in die gefesselten Hände.

„Also dann, ist bestimmt nicht, woran du gewöhnt bist", ich dachte an die Köchin, die sie ihn ihrer Villa hatten, „aber heute gibt es nichts anderes."

„Es ist mehr, als ich erhoffen konnte", antwortete Ryan schlicht.


JUHU, ich habe es endlich geschafft, ein neues Kapitel zu schreiben. Ich hoffe, es gefällt euch. Ich kann aber leider wieder nicht sagen, wann ich es schaffe, das nächste zu schreiben.

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⏰ Last updated: Dec 28, 2020 ⏰

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