CAT - Kapitel 60

150 9 2
                                    

Hand in Hand schlendere ich mit Crow die schmale Straße hinunter, die von der Kneipe zurück zum Tourbus führt.

Sein Daumen gleitet immer wieder träge über mein Handgelenk und gelegentlich bleibt er stehen, um mich zu küssen. Er schmeckt nach Bier und leicht nach der letzten Zigarette und ein wenig nach diesen Pfefferminz-Bonbons. Einfach nach Crow. Bei jedem Kuss reagiert mein Körper mit kleinen Wellen der Lust, die durch meinen Körper schwappen und sich in den unteren Regionen sammeln und aufstauen.

„Du hast was mitgenommen, das mir gehören sollte!", ruft plötzlich eine raue Stimme direkt hinter uns.

Crow erstarrt, jeder Muskel ist angespannt, als er sich umdreht und mich hinter sich schiebt, mich so mit seinem Körper abschirmt. Meine Knie zittern. Scheiße, was machen wir denn jetzt?

Wie damals, als Sam bei Nialls Party aufgetaucht ist und das sofortige Ende der Veranstaltung gefordert hat, wirkt Crow völlig ruhig und entspannt. Ich hingegen stehe kurz vor einer ausgewachsenen Panikattacke. Meine Hände zittern unkontrolliert und Angstschweiß rinnt zwischen meinen Brüsten hindurch. Wie viele Verrückte gibt es auf dieser Welt, die sich etwas nehmen wollen, dass ihnen nicht gehört?

„Was willst du?", fragt Crow den Typen, der uns gefolgt ist und als ich an Crow vorbeispähe, erkenne ich den Typen aus der Bar wieder, der mich schon die ganze Zeit angestarrt hat. Alex hatte ja vorausgesehen, dass der Typ nach Schwierigkeiten aussieht und nun ärgere ich mich, dass wir alleine gegangen sind.

Der Typ schlendert langsam näher und Crows Frage, was er will, beantwortet sich eigentlich von selbst: Er will uns Ärger machen.

Das ist nicht gut, denn obwohl Crow nicht gerade klein ist, überragt der Typ ihn doch um ein Stück.

„Was glaubst du denn?", fragt der Typ lauernd und zwinkert mir zu. Also, das ist ja mal das Letzte!

„Das Mädel ist viel zu gut für dich. Ihr Musiker meint immer, ihr könnt jedes Mädchen haben. Aber wenn du einen Hauch Respekt vor der Kleinen hättest, dann würdest du nicht in aller Öffentlichkeit mit ihr rummachen wie mit einer Hure." Er spuckt Crow vor die Füße.

Wie hat er mich gerade genannt? Hure? Gegen das Wort bin ich allergisch, seit jemand in großen Lettern bei einem Einbruch in meine Wohnung „Hure" über mein Bett geschrieben hat.

Offenbar findet Crow das Wort auch nicht witzig, denn er ballt die Fäuste und seine Knöchel knacksen. So schnell, dass ich der Bewegung kaum folgen kann, schlägt er zu. Einfach so. Ohne Vorwarnung.

Er landet einen ziemlich guten Treffer. Der Kopf des Unbekannten ruckt zur Seite und dieser schwankt. Dann schüttelt er sich und holt nun seinerseits zum Schlag aus. Er trifft Crow in den Magen und dieser gibt ein kurzes Keuchen von sich, hält sich den Bauch. Doch er fängt sich ziemlich schnell wieder. Den zweiten Fausthieb des Gegners fängt Crow ab, dann tritt er dem Fremden irgendwie die Füße unter dem Körper weg, sodass dieser auf den Rücken fällt. Ächzend versucht der Riese sich wieder aufzurappeln und stützt sich auf die Ellenbogen, um sich hochzustemmen.

Im Bruchteil einer Sekunde sitzt Crow bereits rittlings auf dem anderen und seine Faust trifft krachend seinen Kiefer. Dann noch einmal und bei dem Typen gehen die Lichter aus.

Crow steht auf, wischt sich das Blut, das an seinen aufgesprungenen Handknöcheln klebt, an seiner Jeans ab.

„Alles okay, Baby?", fragt er sanft und zieht mich an sich. Ich zittere noch immer wie Espenlaub. Zärtlich streichelt Crow über meinen Rücken und redet beruhigend auf mich ein.

„Tut mir leid, wenn er dir Angst gemacht hat", flüstert Crow und küsst sanft meinen Hals. Ich weiß aber nicht, was mir mehr Angst macht. Dass der Typ uns irgendwie schräg kam, oder die kalte, berechnende Art mit der Crow ihn ausgeschaltet hat.

Das war beeindruckend. Der Spanner aus der Bar hatte überhaupt keine Chance, hat nicht einen nennenswerten Treffer gelandet.

Sams Raserei, als er im Verbindungshaus auf Dan losgegangen ist, war beängstigend, aber Crows Kontrolle und Dominanz in diesem Schlagabtausch war wirklich unheimlich.

„Cat? Geht es dir gut?", fragt er noch einmal und drückt mich fest gegen seine Brust. Ich nicke stumm, denn meiner Stimme traue ich noch nicht ganz.

„Was machen wir...", krächze ich und muss mich erst einmal räuspern. „Was machen wir mir ihm?"

Crow blickt über seine Schulter, dann streicht er sich die Haare aus dem Gesicht und zuckt mit den Achseln. „Keine Ahnung", sagt er dann. „Schätze, wir können ihn nicht da liegen lassen, oder?"

„Nein", antworte ich ihm gedehnt. „Können wir nicht."

Er seufzt. „Ich ruf mal Peter an. Der soll sich darum kümmern."

Er zieht sein Handy aus der Tasche und telefoniert, dabei hält er mich die ganze Zeit mit dem linken Arm umschlungen. Seine Wärme und der beherrschte Tonfall beruhigen mich und langsam ebbt das Zittern ab. Gleichzeitig bin ich mir sicher, dass Dunkelheit und ich nach diesem neuerlichen Zwischenfall auch weiterhin auf Kriegsfuß miteinander stehen.

Nicht nur Peter stößt wenige Minuten nach dem Anruf zu uns. Alex folgt ihm auf dem Fuße und die anderen Bandmitglieder stehen kurz darauf ebenfalls um den Bewusstlosen herum.

„Dem hast du es aber ordentlich besorgt!" C verzieht anerkennend das Gesicht und Rufus, ich bin entsetzt, klopft Crow sogar auf die Schulter.

Peter geht neben dem am Boden liegenden in die Hocke. „Wie lange ist er schon bewusstlos?", fragt er angespannt. Während er ihn auf sichtbare Verletzungen untersucht, stöhnt der Fremde leise.

„Ein paar Minuten", sagt Crow emotionslos. Alex kniet sich ebenfalls neben den Typen, der, wie es aussieht, langsam wieder zu sich kommt.

„Bring dein Mädchen nach Hause", sagt die Dunkelhhaarige zu Crow. „Und ihr verschwindet auch". Sie deutet mit einem Kopfnicken auf Sunny, Rufus, Mike und C.

„Wir kümmern uns um den", ergänzt Peter und zieht sein Handy aus der Tasche.

Dolorous LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt