COREY - Kapitel 50

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Im Halbschlaf lausche ich den gedämpften Gesprächen im Bus.

„...auch nicht was mit ihm los ist", sagt C gerade.

Mikes Antwort kann ich nicht verstehen.

Dafür kann ich Rufus umso besser hören: „Das war eine total arschige Aktion. Ich mein, wenn eine für mich hunderte Kilometer fährt, dann würde ich sie wenigstens nicht einfach stehen lassen."

„Ja, wenn du mal überhaupt eine abkriegst, dann solltest du dich wirklich ranhalten. Nicht, dass sie gleich wieder einen Abflug macht"

Alle lachen. Sogar Rufus. Er kann immer auch über sich selbst lachen, das macht ihn so unglaublich sympathisch, obwohl er ein echter Klugscheißer ist.

„Also mal jetzt ohne Scheiß, ihr habt sie doch alle stehen lassen und offensichtlich kennt ihr sie alle!" Alexas Reibeisenstimme klingt empört. „Ihr seid ganz schön blöde Wichser! Schon mal nachgedacht, wo sie heute Nacht gepennt hat? Die hatte kein rollendes Hotel. Und wenn ich mich nicht täusche, dann ist dieses Mädchen genau der Grund, warum Corey im Moment alle Nase lang komplett ausrastet. Hättet ihr Peter nicht, dann hätte er euch schon den kompletten Bus zerlegt!"

Sie schlägt krachend die Tür zu. Shit. Irgendwie habe ich schon wieder Scheiße gebaut. Was diesmal? Ich reibe mir das Gesicht. Ich habe keine Ahnung. Filmriss. Ich kann mich nicht mal erinnern, wie ich in den Bus gekommen bin. Das wird langsam zur Gewohnheit.

Vorsichtig setze ich mich im Bett hin. Mir ist schlecht. Richtig schlecht.

Und nüchtern bin ich auf gar keinen Fall. Wann war ich das letzte Mal wirklich nüchtern? Ich ringe noch mit mir, ob ich aufstehen oder liegen bleiben soll. Aber verstecken kann ich mich ohnehin nicht, also kann ich mich auch gleich der Inquisition durch die vier apokalyptischen Reiter in Form meiner Kumpels stellen. Missmutig starren mir die Jungs entgegen.

„Was?", frage ich genervt, weil keiner von ihnen ein Wort sagt.

„Crow, was ist los mit dir?", fragt Rufus.

„Nichts", murre ich.

„Sehe ich anders. Feiern nach den Konzerten ist okay. Aber dass du dich neuerdings wieder jeden Abend völlig ins Nirvana säufst, das sieht dir nicht ähnlich. Darüber warst du eigentlich schon hinaus", sagt Mister Oberschlau.

„Warum hast du nicht mit ihr geredet? Alex hat dir gesagt, dass sie nach dir gefragt hat", hakt nun Mike nach.

Weil ich betrunken Entscheidungen treffe, die ich nüchtern nicht treffen würde. Und gestern habe ich eben entschieden, dass ich ihr wehtun will, um sie auf Distanz zu halten.

„Bist du nicht neugierig, was sie wollte?"

„Wahrscheinlich ist sie schwanger", vermutet Craig.

Mir gefriert das Blut in den Adern. Das hat er mit Absicht gesagt, ich weiß es. Er will mich provozieren, und damit die deutlichen Parallelen zwischen Cat und Meghan unterstreichen. Was wenn er aber auf blöd recht hat?

Was wenn sie schwanger ist und sich gerade etwas antut, weil ich nicht mit ihr reden wollte. Dafür ist sie nicht der Typ, oder? Ein Leben ohne Meghan war machbar, auch wenn meine Schuldgefühle mich an manchen Tagen um meinen Verstand bringen und mich die Wut, dass ich nichts tun konnte, im Moment förmlich verbrennt.

Aber ein Leben ohne Cat ist völlig undenkbar. Trotzdem sage ich: „Wir sind nur Freunde, C."

„Das seid ihr jetzt nicht mehr", sagt Mike, „nicht nach der Aktion. So behandelt man Freunde nicht. Sie hat die halbe Nacht gewartet!"

Craig stellt mir einen Becher Kaffee hin.

„Wie lange lief das zwischen Euch?"

C kennt mich seit dem Kindergarten. Da ist leugnen zwecklos.

„Seit Lilly wieder zu Hause ist."

„Du warst zwei Monate mit ihr zusammen und hast uns nichts gesagt?" Rufus ist entsetzt.

„Wir waren nicht wirklich zusammen", sage ich tonlos. „Wir haben nur ab und zu miteinander geschlafen, wenn uns danach war." Und mir war eigentlich gerade in den letzten Wochen täglich danach, mehrmals täglich. Oh Mann, wie ich sie vermisse.

„Aber vor der Tour hat sie es beendet."

„Das kapier ich nicht, wie beendet man was, das gar nicht ist?" Rufus Unverständnis steht ihm ins Gesicht geschrieben, obwohl er sonst so brillant ist. Zwischenmenschliches entzieht sich ihm jedoch vollkommen.

„Sie meinte, sie kann das eben nicht mehr", präzisiere ich.

„C, kneif mich mal", stöhnt Sunny, „Wie blöd ist er? Da findet er zum zweiten Mal so ein wahnsinnig süßes Mädel und lässt sie gehen!" Wie redet er eigentlich über Cat? Spinnt er jetzt?

„Ich hätte sie nie gehen lassen. Sie hat die Sache beendet!", schnauze ich Sunny an.

Okay. Na toll. Ich bin geständig. Verbrennt mich auf dem Scheiterhaufen.

„Hast du mal überlegt, dass sie vielleicht eure Nicht-Beziehung nicht beendet hat, weil sie weniger von dir wollte, sondern mehr?", erkundigt Sunny sich.

Und Mike sagt: „Würde erklären warum sie hier war. Sie wollte reden. Und du hast sie stehen lassen, für einen One-Night-Stand."

Was habe ich? Einen Scheiß habe ich! Oder? Mist. Ich habe da mit einer rumgemacht und dann bin ich mit ihr raus. Aber das war doch nach der Party, war Cat da noch immer hier? Offenbar schon...

„Da braucht Cat sich keine Sorgen machen", sagt C pragmatisch, „da stand gestern sicher nix mehr bei Corey. Aber ich bin froh, ihr das nicht erklären zu müssen!"

Ich will es auch nicht erklären. Vermutlich muss ich aber. Oder sie abschreiben. Erschöpft lasse ich meinen Kopf auf die Arme sinken, die ich auf der Tischplatte verschränkt habe.

„Und was mache ich jetzt?", frage ich resigniert.

„Na was schon?", sagt Sunny, als wäre ich gehirnamputiert.

„Nach dem nächsten Konzert fliegst du nach Hause und klärst das mit ihr. Dann habt ihr einen Nachmittag, die ganze Nacht und den nächsten Vormittag für hammergeilen Versöhnungssex und dann fliegst du direkt zum nächsten Konzert." Er redet mit mir, als wäre ich völlig blöde.

„Bis dahin ist sie sicher auch zu Fuß zu Hause", ätzt Mike.

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