24. Stirb

103 7 1
                                    

Etwa zwei Tage später nach Schulschluss wurde Lizzy von ihrem Ethiklehrer aufgehalten. "Yagari-sensei? Kann ich was für sie tun?", fragte Lizzy. "Ja, ich muss etwas mit dir besprechen. Wir gehen gleich wieder ins Klassenzimmer, sobald alle raus sind", meinte er. Einige Minuten später begaben sie sich wieder ins Zimmer. Lizzy setzte sich ganz vorne auf einen der Tisch. "Ich hab einen Brief für dich", sagte er knapp und überreichte ihr einen Umschlag. Verwirrt sah sie ihn an und musterte den Brief. Als sie das Siegel des Verbands sah, stockte ihr der Atem und sie sah ihn geschockt an. "Ich weiss es, seitdem wir uns das erste Mal begegnet sind. Kein normaler Mensch hat einen so guten Instinkt, der muss antrainiert sein. Dann hat Kaien mir von deiner Beziehung von Akito erzählt und da machte es Klick und er selbst hat es mir auch noch bestätigt. Ich werds niemanden sagen, keine Sorge", erklärte er Lizzy. Sie atmete wieder auf. Für einen kurzen Moment hatte sie schon Angst gehabt. Sie öffnete den Brief und las ihn sich sorgfältig durch. Es war ein Auftrag, den sie allein erledigen soll. Anbei war ein Dokument mit ihrer Zielperson. Es war eine junge Frau anfangs 20, lockige rote Haare und warme bernsteinfarbene Augen. "Was steht drin?", fragte er. "Sie haben mir meinen ersten Auftrag erteilt. Ich soll ihn in spätester einer Woche erledigt haben", erklärte sie. "Na dann, viel Glück. Vergiss nicht nach dem Auftrag den Bericht zu schreiben und dem Verband zu schicken. Sie werden sonst immer sauer, weil wir schlampige Arbeit verrichten würden. Dokumentier einfach alles, was passiert ist, dann bist du auf der sicheren Seite. Falls es Opfer gibt, ruf unter dieser Nummer an. Die wissen, was zu tun ist und du musst dir dann keine weiteren Sorgen darüber machen", gab er seiner Schülerin Tipps und ging aus dem Klassenzimmer. "Ich mach das lieber jetzt gleich, dann hab ichs schon erledigt", murmelte sie zu sich selbst und ging auf ihr Zimmer. Sie zog sich um in bequemere Sachen, falls es zu einem Kampf kommen könnte. Ausserdem noch einen Mantel, da es momentan immer kälter wird und der Tag neigte sich immer schneller und schneller dem Ende zu. Die Pistole verstaute sie in ihrer Jackentasche. Mit der Strickleiter schlich sie sich aus dem Zimmer in Richtung Ausgang. Sie war nicht die einzige, welche noch in die Stadt wollte. Einige Schüler liefen an ihr vorbei und so viel sie nicht mal wirklich auf. Die Blätter an den Bäumen haben sich schon längst verfärbt und fielen immer weiter und weiter aus. Lizzy mochte diese Jahreszeit. Alles war bunt und in schönen Farben. Es bedeutete auch, dass ein neuer Zyklus bald beginnen wird und man sich mit dem alten Frieden schliessen sollte. Es war das Ende eines neuen Anfangs.

Lizzy ging zur genannten Adresse. Es war ein kleines Häuschen abseits der Stadt. Der Weg war nicht besonders schön, alles war verwildert. Lizzy schlich sich ans Haus und guckte durch die Fenster. Es herrschte ein riesen Chaos innen drin. Sie hörte aus dem oberen Stock mehrere Schritte. Plötzlich stieg ihr der Geruch von Blut in die Nase, welcher von Sekunde zu Sekunde deftiger wurde. Ihr Herz fing an zu pochen. Jetzt heisst es wirklich ernst. Dieses Mal würde sie nicht von Akito gerettet werden können, sie war voll auf sich allein gestellt. Sie spähte durch das Fenster. Es war ein Schlafzimmer. Alles war verwüstet. Bücher lagen zerfetzt herum, das Bettzeug war zerstreut im Zimmer und Möbel waren teils zerstört und standen nicht mehr an Ort und Stelle. Das Fenster war ein bisschen geöffnet und Lizzy nutzte die Chance und schlich hinein, darauf bedacht keine Geräusche von sich zu machen. Auf leisen Sohlen huschte sie zur Tür und sah sich im Flur um. Eine Frau mit zerzausten, fettig, roten Haaren, hatte ein Kind an den Haaren gepackt und schlief es hinter sich her. Das war die Frau auf dem Foto, ihre Zielperson. Der kleine Junge hatte einen leblosen Ausdruck in seinen Augen. An seinem Hals erkannte Lizzy tiefe Bissspuren und alles an ihm war voller Blut. Kaum hatte die Frau die Tür geöffnet, strömte ein Markanter Geruch heraus. Lizzys Hals kratzte ein wenig, aber es war noch gut auszuhalten. "Mir ist kalt", krächzte der kleine Junge. "Halt dein Maul und stirb endlich!", schrie die Frau in an und riss ihm mit ihren Klauen seine Kehle heraus. Geschockt sah Lizzy zu, wie der kleine Junge nun endgültig aus dem Leben scheidet.

Verlorene SeeleWhere stories live. Discover now