8. Akzeptiere es

154 9 1
                                    

Am kommenden Wochenende wurden Zero und Yuki zum Rektor herbeordert. Es war Samstagmorgen und er hatte für seine beiden geliebten Kinder gekocht. "Warum dieser ganze Aufwand eigentlich?", fragte Zero griesgrämig und ass ein wenig. "Was bist du denn für ein Morgenmuffel, Zero? Geniess doch einfach das Essen!", sagte Kaien fröhlich mit seiner Schürze umgebunden. "Aber wirklich jetzt, warum hast du uns hergeholt, Papa?", fragte Yuki. Kaien kamen die Freudentränen "Du hast mich Papa genannt!" Er zersprang vor Glück. Nach einigen Minuten hatte er sich beruhigt und meinte "Ich habe eine sehr wichtige Aufgabe für euch! Die kann ich nur euch meinen beiden Kindern anvertrauen! Und zwar machen wir eine Grossinspektion in allen Wohnheimen! Inklusive das Mondwohnheim." Begeisterte Gesichter sahen anders aus. "Nach was sollen wir denn suchen?", fragte Yuki. "Nach allem, was gegen die Vorschriften verstösst. Auch Bilder von der Nightclass etc!", erklärte der Rektor. "Man ist das nervig", brummte Zero. "Na los, esst auf und los geht's!", rief er begeistert. 

Ein langer Samstag begann. Die beiden Vertrauensschüler begannen mit dem Jungenwohnheim, wo sie schon auf unzählige Gemeinheiten und Rüpeleien entgegenstossen. Sie fanden nicht nur Bilder der Nightclass, sondern unangemessene Magazine mit halbnackten Frauen drin. Yuki lief knallrot an, als sie das in den Fingern hielt. Beim Mädchenwohnheim lief es nicht anders. Vor Lizzys Tür hielt Yuki an. "Eigentlich könnten wir sie überspringen oder nicht? Ich mein, es ist Lizzy. Sie würde niemals irgendwas unanständiges machen", sagte Yuki. "Vorschrift ist Vorschrift", murmelte Zero und klopfte hart gegen die Tür. Man hörte, wie die Tür aufgeschlossen und aufgemacht wurde. Vor ihnen stand eine verschlafene, halbnackte Lizzy im Morgenmantel. "Was wollt ihr denn so früh morgens hier?", fragte diese verpeilt. Yuki und Zero liefen beide knallrot an. Der Grauhaarige bekam sofort eine Kopfnuss und Yuki brüllte "Du guckst gefälligst weg!" Ohne weiteres drehte er sich um. Verwirrt sah Lizzy zwischen die beiden. "W-Würdest dir was ausmachen, den Mantel zuzumachen?", fragte Yuki schüchtern. Lizzy sah an sich runter und bemerkte erst jetzt, dass sie nur ihre Unterwäsche und in Morgenmantel dastand. Sie fing an zu lachen und meinte "Tut mir leid, das hab ich wohl vergessen! Ich wollte keine Unannehmlichkeiten bereiten." Lizzy verdeckte ihren Körper nun mit ihrem Mantel. Für sie war es normal so die Tür aufzumachen, da sich ihre Angestellten nie darüber beschwert haben. Sie kennen sie ja schon bereits seit klein auf und haben sie schon unzählige Male nackt gesehen, also warum jetzt noch den Körper verstecken? "Also was macht ihr genau? Ich hab das nicht ganz mitgekriegt", fragte Lizzy nochmals nach. "Wir führen eine Inspektion in deinem Zimmer durch und suchen nach Sachen, die gegen die Vorschriften verstossen", erklärte Yuki. Zero hatte sich derweil umgedreht. "Achso, ich hab nichts zu verstecken. Kommt ruhig rein und durchsucht alles", sagte sie und machte ihnen Platz, um reinzukommen. Beide fingen an alles zu durchsuchen. Lizzy musterte dabei Zero <<Ihm scheint es besser zu gehen. Das freut mich sehr. Ich frage mich, wann er auf mich zukommen wird, um diese Nacht zu besprechen>> Zero öffnete gerade die Schublade voll mit Unterwäsche drin und schloss sie sofort. Dabei lief er rot an. "Ich kann nichts finden und du, Zero?", fragte Yuki. Er schüttelte nur den Kopf und sie entscheiden sich weiterzugehen. Zero blickte noch unauffällig auf das Handgelenk von Lizzy. Es hatte immer noch einen Verband dran. Sein schlechtes Gewissen meldete sich wieder zu Wort. Er guckte Lizzy nochmal an und sah sie mit grossen Augen an. Sie schenkte ihm ein ehrliches und freundliches Lächeln. Es strahlte so viel Wärme aus, wie es Zero schon lange nicht mehr gespürt hatte. Ihm fiel ihre Halskette auf. Sie war wunderschön. Plötzlich wurde er am Arm gepackt und von Yuki weitergezogen. "Willst du da etwa Wurzeln schlagen? Wir haben noch einiges zu tun!", rief sie.

Lizzy wartete bis die beiden weg waren und widmete sich wieder ihrem Zimmer. Zeros Blick hatte sie natürlich bemerkt. Sie schob den Nachttisch neben ihrem Bett beiseite. Dahinter befand sich ein Lüftungsschacht, welchen sie öffnete. Da hatte sie all ihre Bluttabletten und ihre Waffe verstaut. Sie fand es durch Zufall und es war ein viel besseres Versteck als unter der Unterwäsche. Eine Schatulle fischte sie raus. "Falls was passiert", murmelte die Braunhaarige. Ihr Handy fing an zu klingen. Der Name ihres Senseis war auf dem Display zu sehen. Sofort nahm sie ab. "Was gibt's?", fragte sie ihn. "Gut, dass du direkt rangegangen bist, Lizzy! Der Verband hat mir einen Befehl gegeben", fing er an, "Ich soll dich auf einem Auftrag mitnehmen. Damit du dich langsam wieder in dieses Leben eingewöhnst." Lizzy seufzte laut. "Ich weiss, du wolltest dem allem hier so lang wie möglich wegbleiben, aber irgendwann musste es wieder so kommen. Früher als gedacht und du weisst du kannst dich dem Verband nicht verweigern. Du hast Treue geschworen", sagte Akito zu ihr. "Ich weiss doch, ich weiss. Ich wollte meine Freiheit nur ein bisschen länger geniessen", murmelte sie bedrückt. "Es tut mir leid, dass es so kommen musste, aber Befehl ist Befehl. Komm runter in die Stadt. Ich warte beim Stadtbrunnen auf dich", teilte er ihr mit und legte auf.

Wortlos nahm Lizzy ihr Handy runter, liess ihren Arm hängen, langsam rutschte ihr ihr Handy aus der Hand. Sie guckte nach oben an die Decke. "Die friedlichen Tage sind wohl offiziell vorbei was?", murmelte die Schülerin ins Nichts. Sie zog sich einen schwarzen Rock, weisses Shirt und eine grüne leichte Jacke an. Sie holte ihre Pistole hervor und befestigte diese an ihrem Bein. <<Hoffentlich ist das schnell vorbei>> Bevor sie ging, atmete sie noch einmal tief ein und aus und fokussierte sich auf das wesentliche. "Das ist der Beginn von meinem restlichen Leben, find dich damit ab", redete sie sich selbst ein und trat aus dem Zimmer.

Von weitem sah sie schon den Stadtbrunnen und dort auch ihren Sensei, der gerade eine Zigarette raucht. Er sah ebenfalls nicht besonders glücklich aus mit der Situation. "Wie lautet der Auftrag?", fragte die Brünette, als sie bei ihm ankam. Er sah sie an, warf die Zigarette auf den Boden, drückte sie aus und meinte "Ein Level-E ist ausser Kontrolle geraten. Er hat bereits unzählige Frauen und Kinder getötet, ausgesaugt und auch vergewaltigt." Lizzy wurde übel bei dem Gedanken. "Aber warum vergewaltigt er sie auch noch anschliessend?", fragte sie. "Das kann schon mal vorkommen, dass Vampire, die sich nicht gut unter Kontrolle haben, erregt werden, wenn sie einen Menschen aussaugen. Sie verspüren diese Art von Lust dann noch 100x stärker als ein normaler Mensch", erklärte er der Braunhaarigen. Dieser Gedanke widerte sie an. "Komm jetzt, wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Er sollte im Moment in seiner Wohnung sein", erklärte Akito und lief voran.

Die Strassen waren wild belebt. Menschen aus verschiedenen Altersklassen waren unterwegs. Unter ihnen befanden sich auch Vampire, welche still und heimlich ihre wahre Gestalt verschleierten. Die beiden liefen an einer Gruppe lachender Mädchen vorbei. Sie hatten Einkaufstüten und ein Eis in der Hand. In Lizzy kamen Eifersuchtsgefühle hoch. Wie gerne hätte sie doch dieses langweilig und normale Leben gehabt, aber das konnte sie nicht und an das musste sie sich gewöhnen. Ihr Leben war und wird nie normal sein. Es war an der Zeit, dies zu akzeptieren, egal ob sie wollte oder nicht. Akito bemerkte, wie seine Schülerin die Gruppe ansah. Ein schlechtes Gewissen machte sich in ihm breit. Immerhin kam sie in den Vampirjägerverband, weil er es ihren Eltern vorgeschlagen hat. Durch ihn wurde ihr Leben komplizierter, aber auch länger. Er wusste nicht, ob ihr das klar war, dass sie eigentlich schon längst tot wäre, wenn sie nicht in den Verband gekommen wäre. Gleichzeitig verstand er sie auch. Es ist kein schöner Job, verwahrloste und verrückte Vampire zu exekutieren, welche Menschen getötet haben oder sogar noch schlimmeres. "Denkst du darüber nach, wie dein Leben wäre ohne all diesen Kram?", fragte er kühl. Lizzy gab ihm keine Antwort, da diese schon längst klar war. "Du musst es einfach akzeptieren. Du hast kaum noch einen eigenen Willen, Lizzy. Das ist jetzt dein Leben und je schneller du dich daran gewöhnst, desto einfacher wird es für dich weiterzumachen. Denk nicht daran, was hätte sein können, denn es wird nie Realität, da es bereit zu spät ist", erklärte er seiner geliebten Schülerin. Ein leises "Ich weiss" kam von ihr. Akito tat es weh sie so zu sehen. Immerhin hatte er nur die kleine selbstbewusste Lizzy im Kopf, welche Feuer und Flamme war, Neues zu erlernen. Früher war eine sehr schöne Zeit. Er erinnerte sich immer gerne an diese Zeit zurück.

Verlorene SeeleWhere stories live. Discover now