68. Das Flüstergewölbe

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Bevor sie die Kathedrale erkunden konnte, musste sie sich umziehen. Sie tropfte das gesamte Taxi voll und der Fahrer sah nicht gerade amüsiert aus. Einige Minuten stieg sie aus, gab ihm das Geld und huschte ins Hotel hinein. Sie betete, dass ihr Herr nicht mehr da war, sondern irgendwohin verschwunden sei.
Ihre Gebete wurden sogar erhört, denn es befand sich absolut niemand in ihrer Suite. Erleichtert hängte sie ihre Kleidung an die Heizung im Badezimmer und duschte erstmals ausgiebig. Das warme Wasser prasselte über ihre Haut und sie konnte nur noch daran denken, dass sie kurz davor war, die Spuren ihrer Mutter zu finden.
Aus dem Nichts roch sie Blut. Sofort wurden ihre Augen rot und ihre Vampirzähne kamen zum Vorschein. Perplex stand Lizzy in der Dusche und war komplett aufgewühlt. Es roch nicht nach dem Blut ihres Senseis, sondern es war ein komplett neuer Geruch. Durch den Dampf im Badezimmer waren die Glasscheiben angeschlagen und sie sah nur den Umriss einer Gestalt.
"Wer ist da?", fragte sie. Ihr gerade in so einer vulnerablen Situation aufzulauern, war unterste Schublade und dann noch Blut als weitere Schwäche auszunutzen. Plötzlich wurde die Glastür zur Dusche geöffnet und Ethan kam herein. Lizzy lief knallrot an, verdeckte ihren Körper und drehte sich um, damit er nicht zu viel sah.
"Was zur Hölle machst du hier?! Verschwinde!", forderte die Umino auf, jedoch hatte Ethan ganz andere Pläne. Er stellte sich ganz dicht an sie heran und legte seine Arme um ihren Bauch. "Du riechst so herrlich", murmelte er. Als Lizzy an sich heruntersah, bemerkte sie, dass seine Arme frische Wunden hatten aus denen Blut austrat. Sie sah weg und versuchte sich unter Kontrolle zu behalten. "Ethan... bitte... Alles riecht nach Blut", murrte sie. Der junge Mann kicherte nur und murmelte "Ich weiss. Dein Meister hat mir gesagt, dass ich meinen Spass mit dir haben darf und dich ärgern kann. Willst du... es nicht probieren?" Lizzy schüttelte nur den Kopf und starrte einfach nur die Wand an.
Sie hörte ihn leise lachen. Plötzlich streichelte er ihren Bauch sehr weit nach südlich und Lizzy begann Panik zu schieben "L-Lass das!" Leise schnurrte er ihr ins Ohr "Wusstes du, dass das Verlangen nach Blut und das Verlangen nach sexueller Befriedigung die gleiche Stelle im Gehirn betrifft? Für Level-Es ist es noch eine ganz andere Sache, da diese nicht satt werden von dieser Befriedigung, weswegen sie häufig ihre Opfer auch noch vergewaltigen, um die maximale Genugtuung zu kriegen. Von deiner Reaktion gehe ich davon aus, dass du noch nie so eine Ekstase erlebt hast, oder?"
Seine Hand blieb kurz davorstehen. Lizzys Atmung war flach und sie merkte, wie recht er mit seinem Wissen hatte. Sie hatte das Verlangen nach beiden, jedoch durch ihren trockenen Hals gelüstete es ihr mehr nach Blut, weswegen sie sich umdreht und sich an seine Brust presste. Mit lustvollen Augen sah sie ihn an "Lass mich einfach bitte dein Blut trinken." Auf Ethans Gesicht breitete sich ein Lächeln aus
"Dann beiss mich." Er zog seinen Pullover aus und Lizzy stürzte sich auf ihn. Sie rutschten zu Boden und das Wasser prasselte über die beiden. Das Mädchen leckte einige Male über seinen Hals bis sie endlich zubiss. Sie spürte, wie sein Herz pochte, wie das Blut durch seine Adern floss und sie konnte seine Gefühle herausschmecken. Es war pure Lust und Zufriedenheit. Nach einigen Minuten zog er sie weg von sich und betrachtete die Bredouille, die sich ihm bot. Ein nacktes Mädchen mit blutverschmiertem Mund, welches ihn immer noch gierig ansah. Nur zu gern wünschte er sich jemanden, der genauso von ihm abhängig wäre. Dieses Gefühl der Macht erfüllte ihn und er verstand, warum ihr Herr so manipulativ mit ihr umging.
"Du bist hier nicht die Einzige die ein Bedürfnis hat, meine Kleine", schnurrte er und drehte den Spiess um. Sie lag auf dem Rücken und sah ihn errötet an. Er hatte nun vollen Ausblick auf ihren Körper und natürlich war er sich nicht zu schade runterzugucken. Lizzy bemerkte das natürlich und bedeckte sich wieder mit ihren Händen.
"Nanana, so einen Körper muss man doch nicht verstecken" Langsam küsste er ihren Hals hinunter und berührte ganz sanft ihre Brüste. Lizzy konnte nicht anders als leicht aufzustöhnen. Aus dem Nichts biss Ethan dann doch noch zu. Es dauerte nur Sekunden bis er realisierte, was für ein Feuerwerk in ihm ausbreitete. Noch nie hatte er so köstliches Blut getrunken, nicht mal das von seiner eigenen Herrin kam an dieses hier heran, was eigentlich unmöglich sein musste. Für einen Level-D Vampir gab es nichts sättigenderes als das Blut seines Schöpfers. Warum also war das hier so anders? Er konnte nicht genug davon bekommen, bis er merkte, dass die Kleine unter ihm ohnmächtig geworden ist. Er liess von ihr ab und betrachtete sie noch einmal.
Victoria kam ins Bad herein "Na sieh mal einer an, hatte mein Kleiner etwa ein wenig Spass?" Sie hat ein breites Grinsen im Gesicht als sie ihren Liebling Halbnackt über der nackten Lizzy sah. "Ihr Blut ist aussergewöhnlich", murmelte er und strich der Umino eine Haarsträhne vom Gesicht.
"Sie ist auch jemand ungewöhnliches. Anders als du ist sie kein normaler Level-E. Tragischerweise hat sie ein unglaublich trauriges Schicksal. Alles, was ihr bis jetzt wiederfahren ist, beruht auf einer Vorhersage, die Aradia selbst prophezeit hatte vor vielen vielen Jahren. Ich nehme an, deswegen sucht Rido nach ihr, den die Prophezeiung ist noch nicht vollständig. Dieses Mädchen könnte die mächtigste Waffe der Welt sein und der, der sie kontrollieren kann, wird der mächtigste Vampir auf der gesamten Welt. Rido hat dieses Mädchen nicht nur zufällig zu einem von uns gemacht und zu einem seiner Sklaven. Er verfolgt einen perfiden Plan, den er schon seit Jahrzehnten schmiedet", erklärte sie ihm.
Abwesend nickte er, stand auf und hob Lizzy hoch. Klitschnass wickelte er sie in ein Handtuch und legte sie in ihr Bett. "Komm Rido wartet auf uns am Flughafen. Das Mädchen wird bald zu sich kommen und ihr Sensei ebenfalls. Dadurch dass er kein Vampir ist und Rido am Ende seiner Kräfte, weil er kein Blut trinken kann, musste er spontan seinen Körper wieder wechseln. Wir sollen ihn weiter begleiten", erklärte Victoria ihrem Liebling.
"My Lady, wieso folgen sie ihm so zahm? Er kann nichts gutes bedeuten, wenn er grosses plant", meinte Ethan und zog sich an. "Es ist besser auf der Seite des Gewinners zu stehen, als auf der Seite der Verlierer", murmelte die Reinblüterin. Daraufhin verschwanden beide aus dem Hotelzimmer.
Am nächsten Tag wurde Lizzy aus ihrem Schlaf gerissen. Ein aufgewühlter Akito stand vor ihr "Lizzy? Lizzy! Du bist wach! Gott sei Dank, ich dachte du wärst tot! Bitte sag mir, wo zur Hölle wir sind und wie wir hier gelandet sind?!" Prüfend sah Lizzy ihren Sensei an. Sie war sich nicht sicher, ob das ein hinterhältiger Plan von ihrem Herrn war und er sich als Akito ausgab oder ob es wirklich ihr Sensei war.
"Sensei? Bist dus wirklich?", fragte sie zögerlich nach. "Ja natürlich, wer den sonst?! Ich versuch schon die gesamte Zeit mein Handy zu finden, um irgendjemand erreichen zu können, aber ich finds nicht und wenn ich aus dem Fenster schaue, sieht das ganz und gar nicht nach Japan aus!", beschwerte er sich. In Lizzy machte sich eine Erleichterung breit. Es war ihr dämlicher Sensei. Sofort sprang sie ihm in die Arme und fing an zu weinen.
"Oh Gott sei Dank du bist es wirklich! Du weisst gar nicht, was alles passiert ist! Mein Meister hat sich deinen Körper ausgeliehen und mich nach dem Winterball mit sich genommen, als ich versagt habe Shizuka zu töten. Danach musste ich mit ihm hierher nach London fliegen, weil er auf der Suche nach einer gewissen Hexe namens Aradia ist. Du weisst nicht, was für eine Angst ich vor ihm habe Akito! Er hat mir verboten mit irgendjemanden Kontakt aufzunehmen. Keiner von der Akademie weiss, wo ich bin oder ob ich überhaupt noch am Leben bin. Jetzt ist er aber plötzlich verschwunden und du bist wieder zurück", beichtete sie ihm.
Sie war einfach nur froh endlich bei jemandem zu sein, bei dem sie keine Angst haben musste, dass sie gleich verspeist wird. Akito tröstete seine Schülerin "Wie hat er es überhaupt geschafft, dich gefangen zu nehmen? Ich meine, du bist Vampirjäger." "Ganz ehrlich. Ich weiss es nicht. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich auf einem Auftrag war und als ich meine Sache erledigt hatte, wurde ich hinterrücks niedergeschlagen. Ich wurde für längere Zeit gefesselt und mir wurden die Augen bedeckt. Irgendwann war ich einfach weg und bin hier wieder aufgewacht. Ich weiss nicht, wie er das hinkriegen konnte. Das spielt jetzt aber keine Rolle. Wir sollten schleunigst zurück nach Hause und Kaien davon berichten. Er wird sich unglaubliche Sorgen machen", meinte Akito.
Lizzy liess ab von ihm "Vielleicht wäre es besser, wenn wir das Ganze hier vor ihnen geheim halten. Wer weiss, was mein Herr mit uns anstellt, wenn wir zu viel von ihm verraten. Ich weiss, dass er grosses plant und wir beide sind tot, wenn wir irgendwas ausplaudern." Akito schien zu überlegen "Hmm, auch wenn es mir nicht so recht ist, meinen alten Kollegen zu belügen, ist das wohl eine begründete Angst." "Gut, dann werde ich jetzt den Rektor anrufen und ihm eine hoffentlich plausible Antwort geben, wohin ich verschwunden bin", murmelte sie.
Lizzy suchte den Kontakt von Kaien Cross heraus und rief an, in Japan musste es bereits kurz vor Mitternacht sein. Es biepte einige Male und kurz bevor sie auflegen wollte, kam ein weinender Schrei "LIZZY!! Lebst du?! Bist du das?! Warum bist du in London?!" Lizzy musste sich das Handy einige Meter von sich weg halten.
"Es freut mich ebenfalls ihre Stimme zu hören, Herr Rektor. Es tut mir wahnsinnig Leid, dass ich mich nicht eher gemeldet habe, aber es kam einiges dazwischen. Ich wollte ihnen sagen, dass ich wohlauf bin. An diesem Abend flüchtete ich vor SHizuka, die mich schwer verletzt hatte und da hatte mich Akito gefunden und zu einem alten Freund von ihm in den Bergen mitgenommen, welcher mich behandelt hat. Kurz darauf mussten wir uns beeilen, denn ich habe vor einigen Monaten eine Reise nach England gewonnen für zwei Personen, dass wir auf diese Ferien geschoben haben und hatten keine Zeit irgendwem Bescheid zu geben", lügte Lizzy. Von der anderen Leitung kam nur ein Geheule und Geschluchzt.
"Weisst du eigentlich, was für Sorgen wir uns alle gemacht haben?! Aber gut, dass du dich endlich meldest. Ich werde diese Neuigkeit sofort den anderen mitteilen. Dass du pünktlich wieder hier bist!", mahnte er sie und schnäuzte sich die Nase. "Natürlich, Herr Rektor", murmelte sie und legte auf.
"Bevor wir gehen, muss ich noch etwas nachprüfen. Ich hab vielleicht eine Spur zu meiner leiblichen Mutter gefunden. Mein Grossonkel James hat hier in der Nähe als Pastor gearbeitet und sie ist zu ihm und hat nach Hilfe gebetet. Ich muss unbedingt in diese Kathedrale und nachfragen, ob sie sie kennen. Als ich hier war mit meinem Herrn, da kam eine weitere Reinblüterin dazu und hat den Namen Alice erwähnt und das alles hängt auch mit meiner Halskette zusammen. Ich muss wissen, was damals vor fast 19 Jahren passiert ist." Ihr Sensei hatte volles Verständnis für seine Schülerin "Na dann, lass uns sofort losgehen und der Sache nachgehen."
Ohne weiter nachzudenken, machten sich die beiden auf den Weg zur Saint Paul Kathedrale. Auf dem Weg dorthin mussten sie jedoch feststellen, dass sie ganz komisch angeschaut wurden. "Ist das irgendwie eine Sitte der Engländer? Ist doch mega unhöflich so zu starren", murmelte Akito. Sie waren es beide nicht so gewöhnt. In Japan galt das Anstarren von Fremden als äusserst anstandslos.
"Ich weiss irgendwie auch nicht. Die letzten paar Tage haben sie mich jedenfalls nicht so angestarrt. Vielleicht liegst ja an dir", murmelte sie ihrem Sensei zu. Dieser stiess ihr beleidigt in die Rippe. Gerade als sie in die Kathedrale eintreten wollten, wurden sie von einem Mann im Anzug aufgehalten. Er sah aus als wäre er in seinen späten 40 Jahren, hatte schon ein paar graue Härchen und auch Falten.
"Kann ich ihnen helfen?", fragte Lizzy höflich. "Ich hoffe doch. Ich gehöre zur Firma Warren und wir würden sehr gerne mit ihnen und ihren Eltern zusammenarbeiten und Geschäfte mit der UminoGroup starten", erklärte er. Völlig perplex starrte sie ihn an "Tut mir leid, aber woher wissen sie, wer ich bin?" "Ach haben sie die Zeitung nicht gelesen? Sie sind auf der Titelseite. Nicht nur das, sie sind ebenfalls im Internet viral gegangen", erzählte der Mann.
Geschockt sah sie ihn an "Wie bitte was?!" Er holte sein Handy hervor und zeigte ein Video in dem Lizzy den kleinen Jungen von gestern rettete. Es hatte Millionen von Aufrufen. "Ach das ist meine Schülerin, immer da wenn man sie braucht", schniefte Akito und wischte sich eine Träne weg. "Oh Gott, starren die Leute mich deswegen so an?", fragte Lizzy. In diesem Moment wurde ihr auch bewusst, woher der Rektor wusste, dass sie in England war. "Ich nehme an ja. Immerhin kommt es nicht immer vor, dass die Tochter eines Millionen Konzerns ein Kind rettet. Wenn wir nun wieder zurück zum geschäftlichen Kommen könnten...", Lizzy schnitt ihm das Wort ab.
"Es tut mir wahnsinnig leid, aber meine Eltern haben mich nicht in das Firmenleben eingeweiht, weswegen ich ihnen keine Versprechen machen kann. Melden sie sich am besten bei der Firma selbst. Ich kann ihnen da nicht weiterhelfen." "Dann nehmen sie doch bitte wenigstens meine Visitenkarte", meinte er und drückte es ihr einfach in die Hand, danach verschwand er einfach. "Engländer sind wirklich eine Welt für sich. Komm lass uns reingehen, bevor uns noch andere belästigen", brummte Lizzy und zog ihren Sensei mit sich. Diese publike Aufmerksamkeit konnte sie grade wirklich nicht gebrauchen.
Im Inneren der Kathedrale waren beiden erstaunt. Alles war riesig. Der Boden war gekachelt, an den Decken hingen unzählige Kronleuchter und alles war geschmückt mit Bildern vom Christentum. "Am besten teilen wir uns auf. Dann finden wir schneller Hinweise", flüsterte ihr Sensei ihr zu. Sofort machten sie sich auf in getrennten Wegen. Es war niemand da. Nur ab und an hörte man einige Schritte, die sehr wahrscheinlich von einem Pastor stammten. Lizzy stand genau in der Mitte der Kuppel und entdeckte, dass es weit oben eine Galerie war, die man erkunden konnte.
Sie suchte nach einer Treppe, die dorthin führte und wurde schnell fündig. Sie lief die Treppen nach oben und fand ein Schild, auf dem Flüstergewölbe oder auch the whispering Gallery draufstand. Es war wunderschön und auch der Ausblick nach unten war einfach nur atemberaubend. Auf der gegenüberliegenden Seite der Kuppel sah sie einen Pastor, welcher völlig erschüttert dastand und sie anstarrte. Sie sah, wie sich sein Mund ganz leicht bewegte und obwohl es nur Geflüster war, konnte sie hören, was er sagte "Alice" Lizzys Augen weiteten sich. Dieser Mann wusste etwas.

Verlorene SeeleWhere stories live. Discover now