Chapter 45

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-SICHT MIRA-
"Heute wieder mit dem Vater" lächelt meine Ärztin, als sie das Behandlungszimmer betritt.
Ich sitze schon auf der Liege und Wincent steht neben mir. Wir geben uns alle einmal die Hand, bevor sie sich dann an mich wendet.
"Also, Sie sind jetzt in der zwölften Ssw. Wie geht es Ihnen denn?"
"Soweit ganz gut. Die Übelkeit hab ich schon sehr lange nicht mehr und auch die Müdigkeit hält sich wirklich in Grenzen."
"Das klingt gut. So eine ruhige Schwangerschaft ist mir ja schon lange nicht mehr unter gekommen. Aber wir haben ja noch ein paar Monate vor uns. Also, den Bauch bitte einmal freimachen und dann schauen wir mal, wie es den beiden geht.
Ich mache meine Hose also auf und ziehe mein Shirt hoch, damit ich kurz darauf das kalte Gel auf meinem Bauch spüre. Wincent greift nach meiner Hand und schaut, wie ich auch, auf den Bildschirm.
"Also, hier hätten wir die beiden. Der erste Fötus ist wie beim letzten Mal auch ein klein wenig grösser, aber auch der zweite sieht komplett gesund aus. Hier sieht man den ersten gesunden Herzschlag... Und hier ist der zweite."
Eine Zeit lang betrachtet sie den Bildschirm noch schweigend und erklärt uns dann noch ein bisschen was.
Am Ende verlassen wir die Praxis glücklich und mit neuem Ultraschall und Termin in knapp zwei Wochen wieder.
Händchenhaltend spazieren wir dann in die Stadt, um in einem kleinen Café etwas zu frühstücken. Das haben wir heute immerhin auch noch nicht getan.

Zuhause angekommen, räume ich unsere Einkäufe ein und setze mich dann an die offenen Mails, die in den letzten Wochen, in denen wir im Urlaub waren, eingetrudelt sind. Das ist nicht gerade wenig. WOW! Ich atme noch einmal kurz durch, bevor ich mich daran mache, alles erstmal zu sortieren und das wichtigste jetzt schon zu beantworten. Irgendwann stellt Wincent sich hinter mich und massiert mich leicht.
"Marco hat gefragt, ob ich Zeit hab. Ich fahr mal schnell rüber, ja?"
"Alles gut. Ich bin hier beschäftigt."
"Ich hab's schon mitbekommen. Du hockst seit bald drei Stunden hier rum. Mach wenigstens mal ne kleine Pause."
Sanft küsst er meinen Hinterkopf runter an meinen Hals, um seine Nase in meiner Halsbeuge zu verstecken.
"Ist viel reingekommen?"
"Ja, ziemlich. Nächste Woche fahren wir ja mal ins Büro. Bis dahin sollte ich es schaffen."
"Ich hab auch ganz schön was im Postfach. Jeden Tag ein bisschen was."
"Klingt nach nem Plan."
Er verlässt dann das Zimmer und ich beantworte nur noch die eine Mail, bevor ich den Laptop ausschalte und nach unten gehe, um etwas zu essen.
Mit meinem Essen setze ich mich dann in die Küche und beobachte Wincent, welcher sich gerade seine Schuhe und Jacke anzieht.
"Ich bin in ein paar Stunden wieder zuhause" lächelt er dann und kommt nochmal zu mir.
"Mach dir keinen Stress."
"Bis dann."
Ich bekomme noch einen kurzen Kuss, bevor er sich dann auf den Weg macht.

Nachdem ich dann einfach eine Weile auf dem Sofa gegammelt habe, entscheide ich mich langsam mal dazu, meinen Schrank auszumisten. Das schiebe ich schon seit mehreren Monaten auf. Jetzt kann ich einige Sachen wegen der Schwangerschaft ja sowieso nicht mehr tragen, aber andere Sachen sind irgendwie einfach nicht mehr so meins. Manche Teile davon hab ich mir vor fünf Jahren gekauft und auch immer gerne getragen, aber im Laufe der Zeit verändert man sich eben.
Nachdem ich dann also damit angefangen habe auszusortieren und somit schon einige Klamotten auf dem Boden liegen, lasse ich mich allerdings von meinem Handy ablenken und liege etwas später auf dem Rücken auf der Bank. Meine Hand streichelt die ganze Zeit leicht über die kleine Beule. Ich liebe die Beule ja schon. Ich meine, da wachsen gerade zwei kleine Kinder heran. Das ist schon ziemlich überwältigend.
Irgendwann mache ich mich dann aber doch langsam mal wieder daran, meine Klamotten zu sortieren. Natürlich nicht ohne zwischendurch doch nochmal das ein oder andere Mal abgelenkt zu werden. Aber am Ende bin ich dann doch echt zufrieden.

So vergehen auch die nächsten zwei Wochen samt Vorsorgetermin ziemlich schnell und schon sitze ich im Zug nach Köln. Meinen Bauch habe ich geschickt unter einem von Wincents Hoodies versteckt. In letzter Zeit trage ich die verdammt häufig. Es ist einfach der einfachste Weg, um die Beule zu verstecken. Meine Sachen passen mir zwar auch noch, aber manche Sachen, die engeren Teile, kann ich in der Öffentlichkeit nicht mehr tragen. Da sieht man ja direkt, dass ich schwanger bin.
Aber irgendwann werden auch seine Hoodies den Bauch nicht mehr verdecken. Mal sehen. In ein paar Wochen oder spätestens wenigen Monaten werden wir es bekanntgeben müssen. Ich hab auch keine Lust, dass das irgendwie anders öffentlich wird.
»wincentweiss hat dich in seiner/ihrer Story erwähnt« ploppt dann eine Nachricht auf, als ich in meinen Gedanken versunken bin.
Ich öffne Instagram und komme direkt auf seine Story. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, aber dann ist das Bild endlich hochgeladen.
Anscheinend ist er gerade in München beim Radiosender angekommen und hat in seiner Tasche einen bestimmten Hoodie gesucht. Auf dem Foto ist allerdings nur sein Gesicht zu sehen und er hat diesen einen Blick aufgesetzt, der gespielte Genervtheit ausdrücken soll.
»@miraweiss hast du zufälligerweise eine Ahnung, wo mein Hoodie ist?«
»Welcher denn? Du hast ungefähr 1.000 Stück? 😇«
»Ich hab bald nichts mehr zum anziehen, wenn du mir ständig meine Klamotten klaust 🙄😂«
»Ich wasche sie«
»Ah ja«
»Du hast genug Klamotten und wirst schon nicht in Unterwäsche zum Interview in 10 Minuten müssen«
»Wenn deine Frau deinen Kalender kennt, ist das verdammt anstrengend«
»Rettet dir aber manchmal auch den Arsch«
»Ziemlich oft sogar 😅❤️«
»Na dann ab jetzt! Und laber keinen Mist😘«
»Ich labere doch keinen Mist!😤«
»😑«
»😂«
»Hauptsache du verplapperst dich bei der Frage zur Familienplanung nicht«
»Werd ich nicht und wer weiss, vielleicht bleibt die Frage auch ausnahmsweise mal weg«
»Glaubst du das wirklich?«
»Nope😂«
»Ok, dann jetzt ab! Ich liebe dich❤️«
»Ich dich auch❤️«
Ich öffne die Seite von Radio Gong und schalte den Livestream ein.
Wie sollte es anders sein, verquatscht mein Mann sich komplett. Teilweise kann ich gar nicht anders, als den Kopf zu schütteln.
"Oh man, und nachher sieht meine Frau das auf Instagram und ich krieg den Arsch voll" lacht er auch einmal.
Wenn der gerade wüsste, dass ich live zuschaue, würde er mit Sicherheit zweimal überlegen, ob er das wirklich machen sollte. Naja, ich wusste, wen ich heirate.

Auf ganzem Weg Where stories live. Discover now