Chapter 117

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Letzte Nacht haben wir alle kaum ein Auge zubekommen, sind aber irgendwann doch eingeschlafen, zumindest leicht. Somit wache ich jetzt durch die Sonne, die mir ins Gesicht scheint mit meiner kleinen Schwester im Arm auf. Vorsichtig stehe ich auf und will gerade mein Zimmer verlassen, als ich hinter mir höre, wie noch jemand aufsteht und zehn Minuten später sitze ich mit Lion auf der Couch im Flur. Ja, ich ziehe ihn immer damit auf, dass er 7 Minuten jünger ist als ich und ich somit die Älteste von uns allen bin, aber wenn ich traurig bin oder so, ist er definitiv der Grössere. Ich liege in seinem Arm, während er mir beruhigend über den Rücken streichelt.
"Du hättest die beiden gestern hören sollen" murmle ich.
"Du hast alles etwas schöngeredet, oder? Wegen Kaia."
"Nicht nur Kaia, Joel und Nici genauso. Die beiden würden es nie zugeben, aber sie sind noch nicht stark genug. Und wir auch nicht. Wir brauchen beide zusammen."
"Ich weiss" flüstert er mir zu "Erzähl mir die wahre Geschichte."
"Da war irgendwas mit einer Frau-"
"Was?! Papa würde das nie tun!"
"Nein, er hat Mama nicht betrogen. Genau weiss ich es auch nicht, aber Mum ist sauer auf ihn. Sie hat ihre Sachen gepackt, ist ins Auto gestiegen und weggefahren."
"Sie kommt wieder, sie hat hier ihre Familie und ihr Leben. Sie würde uns doch nie einfach so im Stich lassen."
"Das weiss ich und sie hat es auch gesagt, aber was, wenn sie sich doch scheiden lassen?"
"Werden sie nicht, Papa wird um sie kämpfen, er liebt sie."
"Ich weiss" murmle ich.
"Morgen" kommt dann Joel aus meinem Zimmer und setzt sich neben mich "Schon ne Idee, wie wir Mum und Dad helfen können?"
"Ne, null" meint Lion ein wenig niedergeschlagen "Vielleicht bekommen sie es auch mal alleine hin."
"Mama und Papa?"
"Stimmt auch wieder."
"Glaubt ihr, dass sie jetzt auch so Probleme hätten, wenn wir sie nicht so beanspruchen würden?" seufzt Joel.
"Keine Ahnung."
"Morgen" kommt dann Kaia aus meinem Zimmer und klettert auf Joels Schoss.
Kurz darauf folgt auch Nick und wir sitzen eine Weile einfach schweigend auf dem Sofa.
"Es ist schon kurz vor zehn, warum ist Papa eigentlich noch nicht wach?" platzt es aus mir raus, als ich einen Blick auf die Uhr geworfen hab.
Wir schauen uns alle einmal an und stehen dann auf, um alle zusammen hoch zu gehen. Nur ist das Bett unserer Eltern komplett unberührt.
"Er ist im Studio" seufzt Kaia dann und so gehen wir rüber, wo unser Dad auf einem Stuhl sitzt und sein Kopf auf der Tastatur des PC liegt.
Ich gehe dann vor und versuche ihn vorsichtig zu wecken. Er zuckt leicht zusammen und sieht sich dann erstmal total verwirrt um.
"Papa? Alles okay?"
"Ja, klar... äh... Mama musste doch schon früher los... äh... ich... äh" stottert er sich irgendwas zusammen.
"Spar dir das alles, ich hab euch gestern Abend gehört und was auch immer du unten kaputt gemacht hast, hat auch die anderen geweckt."
"Papa, wir wollen euch helfen."
"Mama und ich sind erwachsen, wir haben zwei Jahrzehnte miteinander verbracht, wir werden uns schon wieder zusammenraffen."
"Du sagst das so, als wäre es das Banalste auf der Welt! Ist Mama für dich selbstverständlich?!"
"Natürlich nicht, eure Mum ist mit euch zusammen alles für mich, sie ist meine grosse Liebe, also nein! Eure Mutter ist nicht im Ansatz banal oder selbstverständlich für mich!"
"Dann sag das nicht so. Lass dir helfen. Wir wollen euch einfach helfen, weil ihr euch liebt und wir euch lieben."
"Ihr wart immer für uns da, wenn wir Probleme hatten, jetzt habt ihr Probleme und du verkriechst dich hier und lässt dir nicht auch mal von uns helfen?"
"Leute, ich verkriech mich nicht hier oben. Das kann ich gar nicht machen, weil ich euer Vater bin und somit hier der einzige Erwachsene, der gerade die Verantwortung für euch hat."
Kaia läuft zu Papa, der immer noch wie ein nasser Sack neben mir auf seinem Stuhl hockt, und klettert auf seinen Schoss.
"Du hast gesagt, du wirst immer um Mama und uns kämpfen."
"Ich weiss und das meinte ich auch so, Süsse."
"Dann lass dir jetzt helfen!"
Jaaa Kaia hat glaub noch nicht so ganz gecheckt, dass ihr ernster Gesichtsausdruck statt einschüchternd eher niedlich wirkt. Natürlich fällt es auch Papa nicht gerade leicht und so beginnt er nun auch ein wenig zu schmunzeln. Leicht kneife ich ihn in den Nacken, damit er nicht noch anfängt zu grinsen. Das wäre grade wirklich nicht hilfreich.
"Okay, dann lass ich mir von euch helfen."
"Super, dann rufen wir Mum an, damit sie wieder nach Hause kommt" grinst Lion euphorisch.
"Nicht so voreilig, Mama braucht trotzdem erstmal ein bisschen Abstand" beruhigt Papa ihn erstmal.
"Ist doch eigentlich super" kommt es dann von Joel.
"Wo zum Geier ist es super, dass Mama weg ist?" unterbricht Nick ihn dann.
"Das ist nicht super, aber so können wir wenigstens was richtiges machen."
"Und was wäre das?"
"Was romantisches!" werfe ich ein ein.
Das war natürlich der Startschuss zu einer ziemlich hitzigen Diskussion.
"Okay! Stopp Leute!" unterbricht Papa uns dann "Es ist meine Ehe und ich denk mir was aus, versprochen. Nur gibt's da auch noch ein zwei andere Sachen, die hier nicht vernachlässigt werden dürfen. Ihr habt ab nächster Woche wieder Schule und habt bestimmt noch nicht alles, dann gibt's noch Haushalt zu erledigen, Lexi muss auch langsam mal raus und ich muss auch noch ein bisschen was arbeiten."
"Wir helfen!"
"Das ist nicht eure Aufgabe, ihr solltet noch die letzte Woche Ferien geniessen."
"Tun wir doch!" protestiert Kaia sofort.
"Süsse, das ist Mamas und meine Sache."
"Aber du bewegst dich doch nicht!" unterbricht Nick dann unseren Vater.
"Das geht uns wohl was an! Ihr seid doch unsere Eltern und wir bekommen das alles mit, auch wenn ihr euch bemüht, dass wir nichts mitbekommen."

Auf ganzem Weg Where stories live. Discover now