Kapitel 40

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PoV Taylor:

Abiball. Ich konnte es kaum glauben. Wir hatten es geschafft. Wir hatten es tatsächlich alle geschafft. Anfang Juni hatten wir die unsere Abiturzeugnisse bekommen und damit war es dann offiziell vorbei. Ich hatte einen Abischnitt von 1,2, wesentlich besser als ich es je für möglich gehalten hatte. Ich schaute noch ein letztes Mal prüfend in den Spiegel. Meine Haare, die mir inzwischen weit über die Ohren reichten, waren lockig und unbändig wie eh und je, meine Augen waren von Eyeliner umrahmt, den ich inzwischen recht häufig benutzte. Der Anzug saß perfekt, sodass ich mir nochmal einen aufmunternden Blick zuwarf, um mich dann zu meiner Schwester und meinen Eltern zu begeben. Unten angekommen musterten wir uns alle für einige Augenblicke gegenseitig. Mein Vater trug ebenfalls einen Anzug, der ihn noch breitschultriger wirken ließ als sonst, meine Mutter einen dunkelroten Jumpsuit, der ihre zarte Figur umrahmte und Amira trag ein rotes Kleid, das ihr bis zu den Knien ging. Sie grinste mich freudig an und ich erwiderte ihren Blick. Nachdem meine Mutter bestimmt zehnmal betonte, wie gut ich in dem Anzug aussah, konnten wir endlich los. Der Abiball fand in der Schule statt, deswegen dauerte die Fahrt nur knappe zehn Minuten. Viele andere Schüler und auch Lehrer waren bereits da, sodass ich mich gottseidank nicht unwohl fühlte. Nachdem ich ein wenig auf dem Pausenhof herumgeschaut hatte, sah ich Brienna, Erik und Jaimie, der sich auch endlich mal wieder blicken ließ. Grinsend kam ich auf sie zu und begrüßte sie alle. Eigentlich alle auf dem Pausenhof waren bereits in Tiefe Gespräche verwickelt, als uns einige Schüler, die alles organisiert hatten, daran erinnerten, dass es bald losgehen würde, sodass sich ein Großteil der Anwesenden nach drinnen begab.

Ich blieb allerdings draußen, wollte den Abend noch ein wenig genießen. Obwohl es bereits Juni war, kletterten die Temperaturen nicht über zwanzig Grad, weswegen es jetzt bereits kühl war. Die Sonne stand tief und ich genoss ihre Strahlen auf meinem Gesicht, als ich plötzlich hinter mir eine nur allzu bekannte Stimme hörte. „Taylor." Obwohl es nur ein einziges Wort war, versteifte sich mein Körper sofort. Wir hatten schon seit Ewigkeiten nicht mehr miteinander geredet. Was zur Hölle wollte Jonah bitte von mir? Ich drehte mich um. „Mr. Benett", antwortete ich und versuchte meinen Tonfall möglichst kühl zu halten. Jonahs Miene verzog sich etwas, als ich ihn so förmlich ansprach, doch er bleib ruhig. „Taylor, können wir vielleicht kurz reden? Allein?", fragte er und ich schaute ihn unsicher an. Was hatte er vor? Ich sah mich auf dem Pausenhof um, nur um festzustellen, dass kaum noch jemand da war und die wenigen, die sich noch draußen aufhielten, definitiv nicht auf mich und Jonah achteten. „Bitte. Es dauert nicht lange. Bitte Taylor." Das war etwas so Bittendes in seiner Stimme, ein fast flehender Unterton, der mich schließlich dazu brachte zu Nicken und ihm zu folgen. Jonah führte mich in einen etwas abgelegeneren Teil des Hofes, der von einigen Bäumen geschützt war, sodass man uns nicht sehen konnte. Ich setzte mich auf eine Bank und sah Jonah erwartungsvoll an. Er sah gut aus, keine Frage. Sein Anzug saß perfekt, stand ihm echt gut und eine Strähne seiner dunkelbraunen Haare fiel ihm immer wieder ins Gesicht. Erwartungsvoll sah ich Jonah an, aber als er für einige Minuten still blieb, wurde ich langsam ungeduldig. „Also, was willst du Jonah? Ich habe nicht den ganzen Abend Zeit für dich. Was willst du?", fragte ich und brachte ihn dazu, mich anzusehen. Er sah mich überlegend an, als würde er sich seine Worte zurechtlegen, dann begann er zu reden.

„Wie geht es dir?", fragte er und seine Stimme klang beinahe zaghaft und vorsichtig. Ich runzelte die Stirn. Hatte er mich ernsthaft sprechen wollen, um mich zu fragen, wie es mir ging? „Ähm... mir geht es gut. Sehr gut? Wieso frags... Wieso fragen Sie?" Ich entschied mich beinahe spontan um ihn zu siezen. Wir mussten unseren Abstand wahren, Jonah und ich. Wir durften uns nicht nahekommen. Er seufzte tief und fuhr sich mit der linken Hand durch die Haare, was seine Frisur endgültig zerstörte. „Gut. Das ist gut. Und herzlichen Glückwunsch zu deinem Abi. Ich habe gesehen, dass du unter den Besten bist! Ich wusste immer, dass du es schaffst." Nachdem er das sagte, entstand eine peinliche Stille, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Was erwartete er von mir? Was war seine Intention, mich hier treffen zu wollen und mit mir zu reden? Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus, stand wieder auf und stellte mich vor Jonah. „Was willst du?" Mir waren unsere Spielchen zu blöd. Er wollte mich doch gar nicht wirklich nach meinem Abi fragen und auch nicht wirklich wissen, wie es mir ging. Das waren alles nur dumme Floskeln, um dem, was er eigentlich sagen wollte, aus dem Weg zu gehen. Er seufzte und fixierte einen Punkt hinter mir, um mich nicht direkt anschauen zu müssen. „Keine Ahnung. Ich weiß doch selbst nicht, was ich will. Mit dir reden, schätze ich. Nach unserer Trennung letztes Jahr... mich würde eben einfach interessieren, wie es dir damit gegangen ist. Ich konnte dich nie fragen und dir meine Gründe nie wirklich erklären." Ich schnaubte amüsiert. „Du hast mir deine Gründe schon klar gemacht, keine Sorge. Und dass du mich damals einfach hast stehen lassen, hat die Message auch rübergebracht. Ich habe dich verstanden. Du wolltest kein Risiko eingehen und hast für unsere Beziehung keine Zukunft gesehen, weil ich dir zu unreif war. Keine Sorge, es ist bei mir schon angekommen." Während meinem kleinen Monolog war ich ihm nähergekommen und stand nun relativ nah vor ihm, um ihm ins Gesicht sehen zu können, seine Reaktion zu sehen. Ich war noch immer kleiner als Jonah und obwohl ich in den letzten Monaten nochmal ein bisschen gewachsen war, ging ich ihm nur bis zur Nase. Trotzig sah ich ihn Jonahs Augen, beinahe um ihn herauszufordern, dann nickte er ergeben. „Ja. Vielleicht hast du recht. Vielleicht waren das meine Gründe. Dann war das hier ein Fehler", er schaute kurz auf den Boden und dann wieder in meine Augen, „Weißt du was? Vergiss am besten einfach, dass ich mit dir geredet habe." Obwohl wir das Gespräch damit eigentlich ja beendet hatten, blieben wir genauso stehen und bewegten uns nicht. Keiner sagte einen Ton, aber anders als vorhin war es keine unangenehme Stille, im Gegenteil. Ich sah Jonah einfach nur an und prägte mir seine Gesichtszüge ein, konnte dabei aber sehen, wie sein Blick sich langsam auf meine Lippen senkte.

Because of you....Where stories live. Discover now