Kapitel 22

148 4 5
                                    

Jonahs PoV:
 
Die ersten beiden Stunden nach dem Wochenende waren immer meine Lieblingsstunden. Denn Montagmorgen hatte ich in der ersten Stunde Chemie bei meinen Elftklässlern, Taylor natürlich mit eingeschlossen, und seit einigen Wochen den  Englischkurs einer Kollegin, die sich den Oberschenkel gebrochen hatte und momentan auf Reha war. Wie es der Zufall so wollte, war Taylor auch in diesem Kurs, sodass ich den kompletten Rest des Wochenendes darauf hinfieberte ihn endlich wieder zu sehen, auch wenn es natürlich schwierig werden würde, sich ganz normal zu verhalten. Hätte mir jemand am Freitagmittag gesagt, wie sich das Ganze mit Taylor entwickeln würde, hätte ich ihn ausgelacht, doch sobald Taylor an diesem Abend unter mir lag, hatte ich mich nicht mehr beherrschen können. Leider hatte dies zufolge gehabt, dass ich nun, sobald ich die Augen schloss und an Taylor dachte, sofort an sein Stöhnen denken, an all die Dinge die wir getan hatten. Und so ging es mir, obwohl ich Taylor nicht die ganze Zeit sah. Wie sollte das erst werden, wenn ich vor Taylors Klasse stand, ihn für die Dauer von zwei Stunden permanent vor Augen hatte? Trotzdem bahnte ich mir an diesem morgen um zehn vor Acht ein wenig zu motiviert einen Weg durch die Mengen an Schülern, von denen der Großteil noch sehr verschlafen und sehr unmotiviert aussah. Ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen, bei ihrem Anblick, konnte ich mich doch noch zu gut daran erinnern, dass es mir während meiner Schulzeit nicht anders ergangen war. Beim Chemiesaal angekommen versuchte ich unauffällig nach Taylor Ausschau zu halten, allerdings konnte ich zwar Brienna und Erik erkennen, nicht jedoch Taylor. Er war wohl noch nicht hier. Da die meisten meiner Schüler mich noch nicht bemerkt hatten, machte ich mit einem lauten "Guten Morgen!" auf mich aufmerksam , sodass sich die Menge teilte und mich zur Tür ließen. Ich schloss auf, lief direkt zum Pult, stellte dort meine Tasche ab, holte meine Materialien und wartete, dass die restlichen Schüler eintrudelten.
 
Als es endlich acht Uhr schlug, war Taylors Platz noch immer leer. Ich schaute nochmal auf den Gang, der inzwischen menschenleer war und schloss die Tür, da von Taylor weit und breit nichts zu sehen war. "Weiß jemand etwas von Taylor?", fragte ich ihn Richtung von Brienna und Erik doch die Beiden zuckten nur mit den Schultern. Ein ungutes Gefühl machte sich in meinem Magen breit. Was wenn ihm etwas passiert war? Was wenn die Konfrontation mit seine Mutter schlecht verlaufen war? Doch ich riss mich so gut es ging zusammen, darum konnte ich mir im Moment keine Gedanken machen. Stattdessen begrüßte die Klasse und begann mit dem Unterricht.
 
Etwa zehn Minuten später war ein zaghaftes Klopfen an der Türe zu hören. Der Chemiesaal hatte, wie alle naturwissenschaftlichen Räume der Schule, eine Türe, die sich, wenn man keinen Schlüssel hatte, ausschließlich von innen öffnen ließ, sodass ein unbemerktes Zuspätkommen nicht möglich war. Ich hielt also mitten im Satz inne und öffnete unter der Aufsicht von 22 Augenpaaren die Türe. Davor stand Taylor, völlig außer Atem mit einem dünnen Schweißfilm auf der Stirn. "Entschuldigung... ich, ich habe, ich habe verschlafen und... und den... den Bus verpasst" , brachte er abgehackt und keuchend hervor. Ich nickte, konnte jedoch nicht so ganz glauben, was ich da hörte. Taylor hatte verschlafen. Das hörte sich so unrealistisch und unglaublich an, nach allem, was er mir bisher von sich erzählt hatte, aber er schien tatsächlich irgendwie verändert.  Er schien lebendiger, wacher und fröhlicher.
 
Taylor hatte sich inzwischen auf seinem Platz in der letzten Reihe niedergelassen und unterhielt sich in angeregtem Flüsterton mit Brienna. Das erfüllte mich mit einer gewissen Unsicherheit. Glaubte er etwa, dass ich ihm jetzt wegen unserer neu gewonnenen Beziehung mehr durchgehen lassen würde? Ich baute mich also vor Taylor auf, der mich ein bisschen zu spät bemerkte, sodass Brienna ihn anstupste und auf mich aufmerksam machte. Er wurde rot, was mich mit Genugtuung füllte. "Taylor, wenn du schon zu spät kommst, kannst du mir dann wenigstens deine Aufmerksamkeit schenken?", fragte ich und versuchte nicht allzu amüsiert zu klingen. Taylor blickte nach unten auf den Tisch, scheinbar unterwürfig, ich jedoch vermutete, dass er einfach sein Grinsen verstecken wollten. "Ja Mr. Benett" , murmelte er leise. Kopfschüttelnd machte ich mich wieder auf den Weg nach vorne und fuhr mit dem Unterricht fort.
 
10 Minuten vor Ende der Stunde gab ich der Klasse Aufgaben, die sie in Einzelarbeit lösen sollten. Ich hatte Taylor die Stunde über mehrmals ermahnen müssen, etwas, das sehr untypisch für ihn war. Jetzt wollte ich mich ein wenig für sein Verhalten revanchieren. Ich machte mich also auf den Weg durch die Reihen, schaute manchen Schülern  über die Schultern um zu überprüfen, ob sie auch wirklich arbeiteten. Dann endlich, endlich war ich bei Taylor angekommen, der sich sichtlich verspannte, sobald ich nur hinter ihm stand. Auch bei ihm beugte ich mich über seine Schulter, meine Hand legte sich jedoch in seinen Nacken und fuhr blitzschnell unter seinen dünnen Pulli. Der Junge vor mir zog scharf die Luft ein und hatte vermutlich eine Gänsehaut. Das Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen.
 
Am Ende der Stunde, als sich bereits das Chaos breitmachte, übertönte ich die Klasse nochmal: "Leute, das Klassenzimmer müsste offen sein, geht schon mal vor. Ich muss nochmal was holen. Taylor du bleibst da und putzt Tafel!" Seine Mitschüler lachten, Tafel wischen gehörte zu den weniger beliebten Aktionen, die man Schülern aufdrücken konnten. Mit einem übertriebenen Aufstöhnen schleppte sich Taylor nach vorne, was alle um ihn herum zum Lachen brachte. Der alte Taylor schien zurückzukehren. Das war der Taylor, der vor 6 Monaten durch die Tür des Chemiesaales gestolpert war und in den ich mich... Ich unterbrach meine Gedanken. Nein. Das durfte ich nicht denken. Noch nicht.
 
Inzwischen waren alle Schüler, außer Taylor, gegangen. Ich machte die Tür zu und musste unwillkürlich an unseren ersten Kuss denken, was das Blut automatisch in Richtung meiner Lenden fließen ließ. Ganz ungünstig. Trotzdem drehte ich mich in Richtung von Taylor, der die Tafel wohl schon länger nicht mehr putzte, sondern mich anstarrte. Ohne ein Wort zu sagen ging ich auf meinen Schüler zu, der einige Schritte nach hinten machte, sodass er bald an das Pult stieß. Der amüsierte, herausfordernde Ausdruck war verschwunden, stattdessen konnte ich in seinen eisblauen Augen pure Lust erahnen. Ihm ging es also ähnlich wie mir. Wenige Sekunden später stand ich so dicht vor ihm, dass kein Blatt zwischen uns gepasst hätte. Wir schauten uns in die Augen, so lange, bis Taylor grinsend den Blickkontakt abbrach. Dann waren seine Arme plötzlich um meinen Nacken geschlungen und meine Lippen auf seinen. Es war ein harter Kuss, der mir mehr sagte als tausend Worte. Der mir eine ziemlich genaue Vorstellung von dem gab, was ich gerade mit ihm anstellen wollte. Meine Zunge war inzwischen in seiner Mundhöhle, wie lieferten uns einen hitzigen Kampf um die Dominanz. So viel Zungenfertigkeit hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Dann plötzlich löste sich Taylor von mir, grinste mich böse an und flüsterte mir mit einer rauen Stimme ins Ohr: "Ich glaube, Sie müssen jetzt wieder in den Unterricht, Mr. Benett." Mit diesen Worten quetschte er sich an mir vorbei und ließ mich mit einem halbsteifen Penis stehen. Ich konnte es nicht fassen. Was zur Hölle dachte sich Taylor dabei! Das würde er hart zurück bekommen. Wortwörtlich.
 
Ich fieberte dem Ende der zweiten Stunde entgegen, ich musste endlich mit Taylor reden. Vielleicht auch mehr als das. Die Spannung zwischen uns war deutlich spürbar, es wunderte mich ja, dass die anderen Schüler nichts mitbekamen. Dann endlich, endlich erlöste uns die Schulglocke, wobei ich Taylor mit einem intensiven Blick klarmachte, dass er gefälligst da bleiben sollte. Brienna, die, wie in eigentlich jedem Fach, neben ihm saß, flüsterte Taylor etwas ins Ohr, woraufhin er mit einem kurzen Blick auf mich die Schultern zuckte. Er ging wie alle anderen Schüler in Richtung der Tür, in Richtung Pause, blieb dann jedoch in meiner Reichweite stehen. "Oh verdammt Brienna, ich hab vorhin was ihm Chemiesaal liegen lassen! Das muss ich jetzt noch holen. Mr. Benett, könnte ich bitte ihren Schlüssel haben?" , fragte er mit einem bittenden Ausdruck im Gesicht. Gespielt genervt seufzte ich. "Ich muss sowieso dorthin, komm einfach mit, okay?" Taylor nickte und verabschiedete sich von Brienna. Dann sah er mich erwartungsvoll an. "Gehen wir?" "Ja", war meine knappe Antwort, dann drehte ich mich um und lief zurück zum Chemiesaal, immer darauf bedacht mein Grinsen und meine Vorfreude zu Unterdrücken.
 
Die Gänge in diesem Teil der Schule waren so gut wie menschenleer, der Pausenhof befand sich in der genau entgegengesetzten Richtung und hatte bei dem schönen Wetter so gut wie alle Schüler nach draußen gelockt. Im Chemiesaal angekommen fielen Taylor und ich übereinander her wie verhungerte Löwen. Unsere leidenschaftlichen Küsse unterbrachen wir nur kurz, um Luft zu holen, sonst nicht. Bis Taylor sich dann doch kurz von mir löste, nur um mich im nächsten Moment zu umarmen. "Die Pause ist zu kurz", nuschelte er gegen meine Brust, sodass ich Schwierigkeiten hatte, ihn zu verstehen. "Was?", fragte ich mit einem Schmunzeln nach, ich konnte seinem Gedankengang noch nicht so richtig folgen. "Die Pause ist zu kurz, als dass wir es jetzt tun könnten." Er löste sich ein Stück von mir und schaute mich aus großen klaren Augen an. Meine Güte, so wirkte er ja richtig unschuldig. Ich würde ihm ja gerne widersprechen, sagen, dass die Pause locker ausreichen wird, aber er hatte recht. "Okay. Was ist heute Abend?" , fragte ich ihn, doch er schüttelte zerknirscht den Kopf. "Meine Mum will, dass ich zuhause bin. Und ich kann ihr echt nicht absagen." Ich nickte, das verstand ich vollkommen, ich hatte ja bereits am Freitag gesehen, dass er momentan ein paar Probleme mit seiner Mutter hatte.

Because of you....Where stories live. Discover now