„Weil mein Glück eine andere Person verärgern wird", antwortete ich schließlich ehrlich.

„Hat er eine Freundin?", fragte Mom und hielt sich die Hand vor den Mund.

„Mom, nein. Es ist einfach kompliziert, ich kann es dir nicht erklären."

Sie sollte bloß nicht denken, dass ich mich an vergebene Jungs ranmachte. Aber ich konnte ihr auch noch nicht erzählen, dass es der beste Freund von Jayden war.

„Das ist eine tolle Eigenschaft von dir, dass du erst an andere denkst und deine eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund stellst. Aber weißt du, manchmal ist es auch total schlecht und das kann sehr gefährlich werden", versuchte Mom mir zu erklären. „Soll ich dir mal was verraten?"

Abwartend sah ich sie an.

„Manchmal dürfen wir auch egoistisch sein."

„Du hast zwei Optionen: entweder du verärgerst die Person und sie wird nach einiger Zeit wieder drüber hinweg sein oder du steckst zurück und wirst es dein ganzes Leben lang bereuen, kein Risiko eingegangen zu sein", fügte sie noch hinzu.

Anfangs war ich total überfordert mit ihrem Rat und war noch verzweifelter als vorher. Aber als ich dann abends in meinem Bett lag und nicht schlafen konnte, weil ich mir den Kopf über die ganze Sache zerbrach, wurde es mir langsam bewusst.

Würde Jayden bei der Wahl seiner Freundin auf mich Rücksicht nehmen? Würde er eine Person, die er sehr mag, aufhören zu sehen, weil ich etwas dagegen hatte?

Leise lief ich aus meinem Zimmer und sah, dass bei Jayden noch das Licht brannte. Ich klopfte an und betrat dann den Raum, nachdem er mir die Erlaubnis gegeben hatte.

„Was ist los?", fragte er, während seine Augen auf den Fernseher gerichtet waren.

„Alexandra hat mich in der Schule immer fertig gemacht."

Jayden runzeltet die Stirn über meine plötzliche Aussage und schaute mich total irritiert an.

„Ist das dein Ernst?", wollte er wissen.

„Deswegen war ich so fies zu ihr und wollte sie nicht in unserer Familie haben."

Jaydens Augen durchbohrten meine, als würde er versuchen, in ihnen erkennen zu können, ob ich log oder die Wahrheit sagte. Er war misstrauisch, das war nicht zu übersehen.

„Das glaube ich nicht", schüttelte er überzeugt den Kopf. „Alexandra würde sowas niemals machen. Vielleicht hast du das falsch verstanden."

Und das war meine Antwort: Jayden würde niemals Rücksicht auf mich nehmen.

„Ja, du hast wahrscheinlich Recht", lachte ich leise auf. „Tut mir leid, dass ich dich gestört habe. Gute Nacht."

Warum bekam man immer ein Messer in den Rücken gerammt, wenn man einfach nur versuchte, das Richtige zu tun? Aber wahrscheinlich war es dann auch nicht das Richtige. Die ganzen Tränen und Gedanken waren umsonst gewesen. Der Streit mit Harry wäre nicht nötig gewesen. Ich hätte einfach mein Ding durchziehen sollen. An mich denken und mir mein Glück nehmen, so wie Mom es sagte.

Jetzt fühlte ich mich noch beschissener als vorher.

-

Am nächsten Morgen musste ich Sydney erstmal erklären, was genau passiert war. Sie hatte mein Handy mit Nachrichten und Anrufen bombardiert, die ich alle bis zum Morgen ignoriert hatte. Ich brauchte erstmal Zeit für mich um über alles nachzudenken.

Sydney war total außer sich, so wie ich es mir schon gedacht hatte. Sie war natürlich der Meinung, dass Jayden mich nicht interessieren sollte. Und dann hielt sie mir noch eine zehnminütige Ansprache, dass ich den armen Harry wahrscheinlich zu tiefst verletzt hatte und ich mich unbedingt bei ihm entschuldigen sollte. Aber darauf war ich auch schon gekommen, vor allem nach dem kleinen Gespräch mit Jayden. Anscheinend schenkte er meinen Worten eh keinen Glauben, da er mich auch nicht mehr drauf ansprach. Das verletzte mich schon irgendwie.

Gegen zwölf Uhr fuhr Jayden zu Alexandra und da meine Eltern arbeiten waren, war ich alleine Zuhause. Dies nutzte ich direkt als Gelegenheit, um meinen Plan zu verwirklichen. Es war vielleicht nicht der allerbeste, aber mehr war mir auf die Schnelle nicht eingefallen. Nämlich backte ich einen Kuchen für Harry, auf den ich mit Zuckerschrift „Sorry :(" schrieb. Ja, das sollte als Bestechung dienen. Nein, backen war nicht meine Stärke.

Und dann stand ich mal wieder total aufgeregt vor Harrys Haustür. Das wurde so langsam zur Angewohnheit. Aber es gab auch keine Tür, vor der ich lieber Herzrasen bekam.

unexpected love || h.sWhere stories live. Discover now