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Mittlerweile war schon eine Woche vergangen, seitdem ich Harry von Alexandras und meiner Vergangenheit erzählt hatte und von dem Tag an, sah ich ihn auch nicht mehr wieder. Erst dachte ich echt, dass ich es mir nun ganz mit ihm versaut hatte und er nichts mehr mit mir zutun haben wollte. Aber dann erfuhr ich zufällig von Jayden, dass er bei seinem Dad in Holmes Chapel war. Ich war nicht sauer auf ihn, dass er mir nichts davon erzählt hatte und einfach so verschwunden war. Ich war sauer auf mich, weil ich unbedingt wollte, dass er es mir erzählt hätte. Jedoch war es einfach nur dumm, weil wir keine Freunde waren und es mich eh nichts anging, wo er sich gerade befand und was er tat. Ich fand es nur schade, weil ich es echt mochte mit Harry Zeit zu verbringen und ich sonst niemanden hatte, der mich dazu brachte das Haus zu verlassen. Wow, ich merkte erst jetzt wie bemitleidenswert mein Leben doch war.

"Jazmyn? Kannst du mir bitte den Ketchup reichen?", fragte Alexandra mich übertrieben freundlich beim Mittagessen, was auch nur daran lag, dass Jayden und meine Mum mit am Tisch saßen.

Nach unserer kleinen Auseinandersetzung hatten wir kein Wort mehr miteinander gewechselt. Ich ignorierte sie und sie ignorierte mich, abgesehen von den teuflischen Blicken, die sie mir zuwarf, wenn keiner es mitbekam. Aber damit konnte ich leben, so lange sie mich nur mit ihren Augen zu töten versuchte.

"Natürlich doch", antwortete ich in genau demselben freundlichen Ton und reichte ihr die Flasche. Es kostete mich sehr viel Überwindung, ihr nicht den kompletten Inhalt auf ihr weißes Shirt zu spritzen.

"Ihr könnt doch mal was zu dritt unternehmen", schlug Mum plötzlich vor und sah uns alle nacheinander lächelnd an. "Shoppen oder Kino? Da freuen sich die Mädels bestimmt."

Mein Kopf drehte sich langsam in ihre Richtung und ich dachte ich hätte mich verhört. Hattet ihr schon einmal das Bedürfnis, eure Mom mit einem Nugget abzuwerfen? Ich schon.

"Äh...", war das einzige, das Jayden in dieser Situation rausbringen konnte. Es war nicht zu übersehen, dass er die Idee auch nicht toll fand.

"Kommt schon, das wird bestimmt lustig", ermutigte Mum uns weiter.

Ich versuchte ihr mit meinem Blick einen Hilfeschrei zu senden, den sie aber entweder nicht verstand oder einfach ignorierte. Und bevor es noch unangenehmer werden konnte, klingelte es zu unserer Erleichterung an der Tür.

"Dir ist klar, dass wir das nie machen werden?", fragte Jayden mich, nachdem Mum den Raum verlassen hatte um zu schauen, wer uns besuchte.

"Da kannst du dir sicher sein."

"Gut." Er lehnte sich zufrieden zurück und wandte sich wieder an Alexandra.

Mein Bruder vermittelte mir in letzter Zeit echt das Gefühl, als wenn er es mega scheiße fand, dass wir Geschwister waren. Eigentlich verstanden wir uns ja immer mega gut, aber ich war mir sicher, dass das Monster neben ihm ihre Finger im Spiel hatte.

"Hey."

Mein Kopf schnellte augenblicklich in die Richtung, aus der die Stimme kam und ohne es zu bemerken, fing ich an zu grinsen, denn Harry stand dort. Er ging auf Jayden zu und begrüßte ihn mit ihrem typischen Handschlag, während er Alexandra nur zunickte. Kurz huschte sein Blick auch zu mir und ich bekam ein Lächeln von ihm geschenkt.

"Bro, was machst du denn hier?", wollte Jayden wissen und schien verwirrt zu sein.

Harrys Stirn legte sich in Falten. "Heute ist das Turnier."

"Welches Turnier?"

"Noah und Mason haben doch heute ihr wichtiges Fußballturnier", erinnerte Harry ihn daran und mittlerweile klang er ziemlich sauer.

Jayden streckte den Zeigefinger in die Luft, da es ihm anscheinend wieder eingefallen war. "Ah! Stimmt ja."

"Baby", meldete sich plötzlich Alexandra zu Wort und sah Jayden mit einem Hundeblick an, während sie sich näher an ihn schmiegte. "Wir wollten doch ins Kino gehen."

"Das können wir doch auch wann anders machen...", seufzte Jayden.

"Du hast es mir versprochen." Sie schob ihre Unterlippe noch ein Stückchen weiter nach vorne und es sah ernsthaft so aus, als würde sie jeden Moment anfangen zu heulen. "Du weißt doch, wie sehr ich mich schon auf den Film freue."

Man sah Jayden ganz genau an, wie hin und hergerissen er in diesem Moment war und wie er in seinem Kopf einen Kampf führte, was er tun sollte. Doch anscheinend ließ er sein Durchsetzungsvermögen verlieren und es wunderte mich überhaupt nicht, dass Alexandra mal wieder ihren Willen bekam. Also seufzte er und versuchte Harry dann zu verklickern, dass er das Versprechen nicht brechen konnte und es ja noch mehr Spiele geben würde, zu denen sie zusammen gehen könnten.

"Meld dich einfach, wenn du wieder Zeit für deine Freunde hast", schnaubte Harry dann wütend und paar Sekunden später hörte man die Haustür zuknallen.

Er tat mir leid. Man sah ihm ganz genau an, wie enttäuscht er von meinem Bruder war. Und auch wenn er das wahrscheinlich nicht gerne zugeben würde, war er verletzt. Und da ich mir den ganzen Mist auch nicht mehr geben wollte, sah ich meinen Bruder kopfschüttelnd an und verließ dann ohne ein weiteres Wort das Esszimmer.

"Wo ist denn Harry hin?", fragte Mum verwundert, als sie mit einem Briefumschlag aus der Küche kam.

"Frag Jayden", sagte ich nur dazu und wollte in mein Zimmer gehen, doch sie hielt mich auf.

"Er sollte eigentlich die Einladung für den Geburtstag von eurem Dad nächste Woche mitnehmen. Magst du schnell rüber gehen und die in den Briefkasten schmeißen?", bat sie mich.

Ich nickte und nahm ihr den weißen Umschlag ab. Mum war wahrscheinlich die letzte auf diesem Planeten, die Einladungen noch per Hand schrieb. Aber sie fand es so persönlicher. Nachdem ich schnell in meine Sandaletten geschlüpft war, verließ ich auch schon das Haus und lief die Straße hinunter. Wir hatten dieses Jahr echt Glück mit dem Sommer. Die Sonne schien fast jeden Tag und es war immer schön warm, was ich echt liebte.

Als ich an dem Haus der Styles ankam und die Stufen der Veranda hochlaufen wollte, erblickte ich jedoch Harry, der dort saß und seinen Kopf gesenkt hielt. Er wurde aufmerksam auf mich, als ich an ihm vorbeilief um die Einladung einzuwerfen, sagte jedoch nichts und schaute weiter auf den Boden. Ehrlich gesagt hatte ich schon gehofft auf ihn zu treffen, weil er mir so leid tat und er mir auch immer half, wenn es mir schlecht ging. Also zögerte ich nicht lange und setzte mich einfach neben ihn.

"Dein Bruder ist so ein Arsch", lachte Harry unglaubwürdig.

"Ich weiß", murmelte ich und sah geradeaus auf die Straße.

"Wir müssen etwas tun."

Neugierig sah ich zu ihm und nun lag sein Blick auch auf mir. Ich hatte ja auch schon oft darüber nachgedacht, dass das mit Jayden und Alexandra ein Ende nehmen musste. 

Interessiert fragte ich: "Und was?"

Er dachte kurz nach, aber ihm fiel wohl so schnell nichts ein. "Das überlegen wir uns noch. Aber erstmal gehen wir zu dem Turnier."

"Wir?" Ungläubig sah ich zu ihm hoch, da er mittlerweile aufgestanden war.

"Jup, schließlich habe ich ja jetzt keine Begleitung mehr", schmunzelte er. "Also ich meine, natürlich nur wenn du willst."

"Äh... j-ja", stotterte ich dämlich, da ich nicht damit gerechnet hätte, dass er tatsächlich mit mir dahin gehen wollte.

Harry lachte leise und hielt mir seine Hand hin. "Na dann los" 

unexpected love || h.sWhere stories live. Discover now