44.

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"Die Wahrheit? Was soll das bedeuten? Lüg mich nicht an", stieß ich hervor. Brennende Tränen bauten sich in mir auf, übermannten mich und Jake, der vor mir stand, sah, wie klein und schwach ich war.

"Noah, bitte, lass mich erklären. Das ist -"
"Nicht näher kommen!"

Jake verstand, sein Gesicht verlor jegliche Farbe und seine steifen Beine ließen eine große Lücke zwischen entstehen.
Dieser widerliche süße Geruch brachte mich fast zum Würgen. Meine Hand lag immer noch fest um meinen Hals geschlungen.
"Können wir uns bitte setzt?", fragte Jake und richtete seinen Pullover. Der Knutschfleck verschwand für meine Augen, aber ich wusste, dass er da war.

Ich presste mich gegen den Türrahmen, als ich an der breiten Brust vorbeimusste, die plötzlich so fremd aussah.
"Noah, du musst mich verstehen. Das wird dir wehtun." Seine Worte reichten aus, um mich zusammenzucken zu lassen, aber zu allem Überfluss griff seine Hand nach mir.
"Jake - die Wahrheit. Jetzt!"

Jake war derjenige, der sich setzen musste. Er drückte sich auf die Augen, als er zu Reden begann.
"Ich wusste, dass es irgendwann dazu kommen würde. Du bist ja nicht dumm! Deswegen wollte ich nicht, dass du dir Hoffnungen machst, sondern das Ganze als zeitlich begrenzt siehst."

"Du warst derjenige, der mir sein Hotel gesagt hat, du hast nicht locker gelassen. Du wolltest mich wieder ins Bett kriegen! Hättest du locker gelassen, wäre ich über unsere Begegnung hinweggekommen!"
"Aber verstehst du denn nicht, Noah?! Das konnte ich nicht! Du bist anders. Ich hätte nicht einfach so vom Café weggehen können - das konnte ich nicht."
Jake faltete die Hände und lehnte seine Stirn dagegen.

"Anders als wer?", zerschnitt meine Stimme die Luft zwischen uns. Ich verschränkte die Arme und beäugte den großen Jungen auf meinem Sofa. Ich hasste ihn! Wieso tat er mir das immer wieder an? Und wieso war ich so dumm und lief zurück in seine Arme, wenn ich mir doch eigentlich denken konnte, wie die Sache enden würde?
"Anders, als die Person, die dir das da verpasst hat."
Ich wusste ja nicht mal, um welches Geschlecht es sich handelte.

"Ich meine, warum mache ich überhaupt einen Aufstand? Du betrügst mich ja nicht mal ... Wir sind nicht zusammen."
"Ich betrüge dich nicht! Das ist meine Arbeit!", schrie er mir ins Gesicht.
Ich legte mir die Hand vor den Mund, um mein aufkeimendes Lachen zu unterdrücken.
"Du wirst bezahlt, um dir Knutschflecken am Hals machen zulassen? Bitte, hör auf mit dem Scheiß Jake."

"Ich bin ein Escort."
Seine Stimme war nicht mehr als ein Hauch.
"Was?"
"Ich -"
"Du lässt dich von widerlichen, alten Männern für Sex bezahlen?"

Die Hand von meinem Mund war an meine Schläfe gewandert. Ich wandte mich ab.
"Sag sowas bitte nicht. Du hast Vorurteile!"
"Natürlich", sagte ich mehr zu mir selbst, als zu ihm, "Der komische Typ in dem Restaurant. Das war einer deiner ... Kunden ... Der Griff an deine Schulter - wie konnte ich so blind sein?"
Ich drehte mich wieder um, hoffte in diesem schönen Gesicht auf Widerspruch zu treffen.
Nein, Noah. So ist es nicht.
Aber seine Augen sagten: Ja, Noah. So ist es.

"Ich hasse dich."
"Nein, sag das nicht."
"Was soll ich sonst sagen?"

"Ich werde nicht für Sex bezahlt. Nicht ausschließlich. Verstehe bitte, hauptsächlich bin ich eine Begleitung, ein Freund für den Abend."
"Nur Männer?"
Er nickte. Ich setzte mich auf den Boden.

"Aber heute warst du nicht nur Freund für einen Abend?", fragte ich weiter.
"Nein."
"Und warum hast du Sex mit ihnen? Warum machst du sowas überhaupt? Jake! Das ist widerlich! Und dann kommst du mit zu mir und -"

"Was soll ich deiner Meinung nach machen? Ich habe nichts gelernt, ich bin auf der tollen Farm meiner Eltern verrottet! Als ich gegangen bin, hatte ich nichts außer deinem Geld, ich musste irgendwo bleiben. Und dann war da dieser Junge in der Bar, der mir seine Agentur empfohlen hat. Sie zahlen echt gut."
"Sie zahlen echt gut", äffte ich nach. "Jake ... deine ... deine Eltern! Was sagt Mary dazu?"
"Ich habe ein paar Stammkunden, auf die ich nicht verzichten kann und das wissen sie", überging er die Frage nach seiner Mutter.

"Und das nutzen sie aus."
"Ja."
"Heute war einer der Stammkunden -"
"Ja."

Ich presste die Lippen zusammen, starrte auf meine gekreuzten Schuhe und wusste nicht, was ich machen sollte. Ich war taub. Mein Kopf konnte nicht begreifen, was das bedeutete.
So saßen wir da. Jake auf meinem alten Sofa mit den Weinflecken, ich vor ihm auf dem Boden, meine ganze Welt hinterfragend. Der Escort und der Burger-Buden-Junge.
Alles brannte vor meinen Augen ab. Es gab nicht nur mich in seinem Leben, es gab mich und seine Kunden.

Ich musste mir plötzlich die Frage stellen, die ich die ganze Zeit verdrängt hatte: Wollte ich überhaupt, dass es nur mich in Jakes Leben gab?
Hatte das überhaupt eine Zukunft? Wie? Wie sollten wir je eine Zukunft haben? Es gab kein Jake und Noah - jedenfalls nicht über die unbestimmte  zeitliche Begrenzung hinaus.

"Ich brauche Zeit."
Meine Füße fanden ihren Halt wieder und ich erhob mich mit zitternden Kien. Jakes rote Augen schauten mich an.
"Geh jetzt bitte."
Und das tat er. Er ging. Und ich blieb an Ort und Stelle stehen, hörte nur auf seine leiser werdenden Schritte und wie sich die Tür hinter ihm schloss. Dann war ich alleine und es wurde still um mich.


***
Wer hat damit gerechnet? Niemand? Gut haha
Das Update am Donnerstag wird ausfallen, da ich morgen den nächsten Weisheitszahn gezogen bekommen. Bitte wünscht mir Glück aahh

K. Habt ihr schon Lauvs neues Ablum gehört? It's gooooodddd ;)

Bis die Tage
Lisa♥


The Irish Boys {boyxboy} ✔Where stories live. Discover now