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Der erste Schritt ist manchmal schwer, manchmal leicht und manchmal fühlt es sich nicht nach dem ersten Schritt an

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Der erste Schritt ist manchmal schwer, manchmal leicht und manchmal fühlt es sich nicht nach dem ersten Schritt an. Aber dieser erste Schritt hier, lastete auf meinen Schultern, wie ein Sack voller Steine. Wenn ich gekonnt hätte, wäre ich auf der Stelle in die entgegengesetzte Richtung gerannt.

Aber meine Betreuerin, meine Ansprechpartnerin, schubste mich ein letztes Mal Richtung Tür und drückte zeitgleich auf die rostige Klingel. Drinnen verstummte augenblicklich alles. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Dann kam eine leichte Unruhe auf. Schritte kamen auf die Tür zu, entfernten sich wieder, Stimmen sprachen leise durcheinander.

Meine verzweifelten Augen blickten zu der kleinen Frau zu meiner rechten. Für einen kurzen Moment fühlte ich mich, wie der verängstigte Jung, der ich eigentlich war.
Die Haustür öffnete sich mit einem schleifenden Geräusch. Ein Lichtstrahl fiel zu meinen Füßen. Ich sah die abgetretene Türschwelle, als ich aufblickte sah ich die Spinnwebe, die quer durch eine Ecke der Tür verlief und dann erst das graue Gesicht einer Frau.

"Mrs. Walsh! Was für eine Freude Sie wiederzusehen!" Die Frauen schüttelten sich die Hände. "Das hier ist er also. Noah Mills." Mehr hatte die Frau nicht übrig für mich.
"Es freut mich, dich endlich kennenzulernen Noah." Jetzt wurde auch mir die Hand gereicht. "Mein Name ist Mary."
Ich nickte nur.

"Wollen wir reingehen? Die Kinder sind schon ganz gespannt, wer da zu uns kommt."
Sie strich sich über eine unsichtbare Schürze und wies mit ihrer Wurstfinger ins Innere des Farmhauses. Ein muffiger Geruch schlug mir entgegen. Ein roter Läufer lag schräg über den Dielen im Flur.

Auf einer Kommode auf der ein angelaufener Spiegel lehnte, stand eine Art Adventskranz. Ich musste auflachen. Er war ranzig und verlor bereits alle Nadel, sie hätten besser gar keinen aufgestellt. Ich kannte Familien wie diese. Sie versuchten einen guten ersten Eindruck zu machen, versagen aber bei jedem noch so kleinen Versuch.

Mrs. Walsh überholte uns mit kleinen, eiligen Schritten und führte uns in das Wohnzimmer. Meine Augen glitten über die anwesenden Personen. In einem Ohrensessel lungerte ein älterer Mann - wahrscheinlich Mr. Walsh. Er sah schlecht aus. Gelbliche Haut, schiefe Zähne und eine ausdruckslose Mine. Sein ausgebeulter Pullover war in früheren Tagen einmal grün gewesen.

Am Fenster saß der kleine Schatten. Ein Mädchen mit langen, blonden Zöpfen. Sie lächelte mich mit schief gelegten Kopf an.
Am Kamin lehnte ein großer Junge. Der älter Bruder. Sein Pullover spannt sich über seiner Brust. Ein Fuß lag über dem anderen. Sein Kopf war leicht gesengt, glatte Haare verbargen seine Augen vor meinem Blick, aber nicht seine Lippen. Sie waren nicht spröde, sie waren glatt.

Ich bemerkte, dass ich meinen Mund geöffnet hatte und biss mir auf die Unterlippe. Der älter hob den Kopf, ein Mundwinkel zuckte. Seine Taille war schmal, die Schultern breit. Die Farmarbeit hatte Muskeln hinterlassen. Seine verschränkten Arme glitten plötzlich an seinem Körper herunter. Erschrocken blickte ich meinem Gegenüber, von dem mich knapp vier Meter und eine Couch trennten, wieder in die Augen.

Ein Junge in meinem Alter machte ein pfeifendes Geräusch. Er stand neben seiner Mutter und hatte mich die ganze Zeit über beobachtet. So wie jeder hier im Raum. Wir tauschten einen schnellen Blick, dann schaute ich auf meine Schuhe.

"Das ist er also", zerschnitt die harsche Stimme von Mr. Walsh die Stille.
"Ja Sir. Das ist Noah Mills. Ein guter Junge."
Eine gute Arbeitskraft, fügte ich in Gedanken hinzu. Im Heim hatte ich schon oft von Familien wie dieser gehört. Sie suchen sich starke Jungen, die weit draußen auf abgelegenen Farmen für sie arbeiten sollen.

Die Luft schien mit jedem Atemzug dünner zu werden. Ich wollte nicht ihr Arbeiter werden. Mein Blick fiel wieder auf die breiten Schultern am Kamin. Sie waren angespannt. Genau wie meine.
"Noah das sind Fiona, Patrick und Jake. Sie werden dich hier wie einen Bruder aufnehmen. Und das ist mein Mann Eddy."

Eddy und Mary. Beinahe musste ich lachen, aber dann erinnerte ich mich daran in meiner Rolle zu bleiben.
"Hallo." Beinahe hätte ich gestottert, seine Präsenz machte mich nervös. Ich wollte ihn die ganze Zeit über ansehen, aber gleichzeitig auch wieder nicht.

"Gut also ... Ich glaube, ich werde mich dann verabschieden. Seine Unterlagen haben Sie ja und wenn irgendetwas ist, bei Tag oder Nacht, rufen sie mich an." Sie wandte sich ein letztes Mal an mich. "Mach's gut Junge. Und mach mir keine Schande."
"Ist gar nicht mehr möglich. Guten Heimweg."

Fiona kicherte an ihrem Platz am Fenster. Ich warf ihr einen nicht ganz so unfreundlichen Blick zu. Ihre großen Augen tasten mich ab, so wie ich ihn eben noch abgetastet habe. Jake.

"Du siehst müde aus, Noah. Soll ich dir dein Zimmer zeigen?", fragte Mrs. Walsh nachdem die Haustür wieder ins Schloss gefallen war.

"Ich kann das machen Mutter." Jake richtete sich auf und kam auf mich zu. Seine Statur war imposant.
"Aber du wolltest doch nicht -" "Ich bestehe darauf."

Grinsend reichte er mir seine Hand. "Jake Walsh." "Noah Mills." Seine Hand war rau, groß, warm. Ich drückte extra fest zu, um stärke zu beweisen. Er verzog nicht mal die Mine. "Folg mir", haute er beinah. Seine Stimme war so leise, dass ich sie fast nicht hörte. Sie war ein paar Oktaven tiefer als mein und wesentlich angenehmer zu hören.

"Ist es denn okay, wenn ich gleich ins Bett ... also?"
"Junge du hast eine lange, anstrengende Fahr hinter dir. Ruh dich aus. Morgen werden wir uns kennenlernen." Mrs. Walsh drückte kurz meine Schulter. Da setze sich ihr ältester Sohn schon in Bewegung.

***

Und das ist also der 2. Dezember.

Draußen riecht es nach Schnee, mal gucken was daraus wird. Nächstes Kapi wird ein treat. ;) ;)

Frage an euch: Habt ihr schon mal sowas wie ein Weihnachtswunder erlebt? (Muss nichts spektakuläres sein, die kleinen Dinge zählen)

Letzes Jahr kurz vor der Bescherung hat einer meiner derzeitigen YouTube-Helden ein Bild von mir auf Instagram geliket. Da war ich schon over the moon xD

Bis morgen 

eure Lisa xoxo

The Irish Boys {boyxboy} ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt