Jessica (1)

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„Die Zeit, von der ich dachte, ich würde sie meinen Kindern schenken, war in Wirklichkeit die schönste Zeit, die mir geschenkt wurde."
~ Peter Bacher




D E X T E R

Lächelnd beobachte ich Lexie, wie sie lachend über die Wiese rennt. Ich habe mich lange davor gedrückt, mit ihr nach draußen zu gehen, seit wir hier in Connecticut leben, aber ich kann sie auch nicht im Haus festhalten. Und wenn ich sie so anschaue, wie sie mit ihrer neuen Freundin Fangen spielt, weiß ich, dass es richtig war, das Risiko einzugehen. Obwohl wir die Einzigen auf dem Spielplatz sind, schaue ich mich immer wieder um. Die Angst, dass Charles irgendwie aus dem Gefängnis ausbricht und uns findet und sonst was antut, ist allgegenwärtig. Lexies lautes und befreites Lachen reißt mich aus meinen Beobachtungen und ich muss erneut lächeln, als ich sie so glücklich sehe. Sie sieht Ruthie von Tag zu Tag ähnlicher und ich bin unendlich dankbar, dass sie kaum Ähnlichkeiten mit Charles hat. Manchmal frage ich mich, ob ich sie auch hätte großziehen können, wenn sie zunehemnd wie er ausgesehen hätte. Hätte ich es ertragen, tagtäglich in das Gesicht meines Entführers und Vergewaltigers zu schauen, der meine Freundin umgebracht hat? Ich versuche diese Gedanken loszuwerden und schüttle kurz den Kopf. Dabei fällt mein Blick auf zwei Jugendliche, die am Spielplatz vorbeilaufen. Der Junge ist dunkelhäutig und etwa einen Kopf größer als das blonde Mädchen neben ihm. Augenblicklich muss ich an Derek denken, meinen besten Freund. Was wohl aus ihm geworden ist? Ob er mittlerweile weiß, was mir passiert ist und wieso ich von einem auf den anderen Tag verschwunden bin? Ich weiß, dass ich mich eigentlich bei ihm melden sollte. Er hat es verdient, die ganze Geschichte von mir zu hören, aber ich kann es nicht. Aus irgendeinem Grund kann ich mich seit Jahren nicht bei ihm melden. Obwohl ich längst nicht mehr in Charles' Keller festgehalten werde, kann ich mich nicht überwinden, Kontakt aufzunehmen. Ich weiß, dass er beim FBI arbeitet, denn ich habe ihn schon ein paar Mal im Fernsehen gesehen. Zwar trägt er fast immer eine Sonnenbrille, aber er ist mein bester Freund, den erkennt man immer. Ich seufze leise und beobachte, wie die beiden Jugendlichen um eine Ecke biegen und so aus meinem Blickfeld verschwinden. Meine Erinnerungen verblassen wieder und spätestens als Lexie grinsend vor mir erscheint, konzentriere ich mich nur noch auf sie. Sie strahlt, ihre Wangen sind gerötet und da sie in der letzten Stunde fast die ganze Zeit gerannt ist, ist sie total kaputt. Sie keucht vor Anstrengung.

Keuchend und hustend beobachtete ich, wie Charles sich wieder anzog und mich nackt an den Holzbalken hängen ließ. Meine Augen brannten von den vielen Tränen, die ich stumm vergossen hatte und ich sah, dass auch Lexies Augen rot und verweint waren. "Es ist okay, mein Schatz. Mir gehts gut", versicherte ich ihr, woraufhin Charles sein typisches Lachen ausstieß. "Pass auf, was du sagst Vögelchen. Die Dinge können sich schneller ändern, als du denkst." Mit diesen Worten zog er ein großes Messer hervor und ich schluckte schwer. Dann verhärtete sich meine Miene. "Messer waren doch nie dein Ding, Charles. Du hast lieber mit deinen Händen geabreitet und auf Werkzeuge verzichtet." "Glaub mir, wenn ich dich zu Tode vögeln könnte, würde ich es tun. Aber ich bin älter geworden, meine Ausdauer ist nicht mehr die Beste. Außerdem muss ich sagen, dass es mir die Messer mittlerweile wirklich angetan haben. Sie sorgen immer für Blut und du weißt ja, dass ich Blut liebe." Ich schwieg bloß, aus Angst vor dem, was als Nächstes passieren würde. Zu meiner Überraschung steuerte Charles nicht auf mich zu, sondern auf den Käfig, in dem Lexie sich befand. Sie rutschte in die hinterste Ecke, aber das brachte ihr nichts. Mit wenigen Schritten war Charles bei ihr, packte ihre Hand und zog das Messer über ihren Handrücken. Lexie schrie laut auf vor Schmerz und ich kniff die Augen zusammen, weil mir ihr Schmerz selbst weh tat. "Hör auf!", schrie ich und Charles hielt inne, das Messer knapp über Lexies Arm, um erneut zu schneiden, "Nimm mich. Schneide mich, wenn dich das glücklich macht, aber lass Lexie in Ruhe!" Charles erhob sich und verließ Lexies Käfig, um zu mir zu kommen. Ich erschauderte, als er die stumpfe Seite des kühlen Metalls an meinem Bauch ansetzte. "So selbstlos und das für ein Kind, dessen Mutter du nicht bist." "Du hast keine Ahnung von Mutterliebe, Charles." "Aber ich habe Ahnung hiervon." Mit diesen Worten drehte der die Klinge um und zog eine Linie über meinen kompletten Bauch. Ich schrie vor Schmerz auf bis meine Stimme versagte, fühlte mich wie betäubt, während mein Körper mit den Schmerzsignalen, die durch ihn hindurchgejagt wurden, überfordert war. Warmes Blut trat aus der Wunde und ich spürte, wie es über meine nackten Beine lief und von meinen Füßen tropfte. "Mum!", rief Lexie mit gebrochener Stimme und sofort wurde mein Körper von neuem Adrenalin durchströmt. "Ganz ruhig mein Schatz, es ist alles okay." "Gar nichts ist okay! Siehst du, welche Schmerzen sie erleiden muss, Lexie? Und das ist deine Schuld. Es sollten deine Schmerzen sein, stattdessen sind es ihre." Meiner Tochter liefen die Tränen in Strömen über die Wangen und allein dieser Anblick zusammen mit ihren unterdrückten Schluchzern brach mir das Herz. "Er lügt, Lexie. Du bist nicht Schuld, lass dir das nicht einreden! Er lügt!" Meine Beteuerungen wurden unterbrochen, als Charles mit dem Messer ein weiteres Mal an meiner Hüfte ansetzte und mein Bein hinunterschnitt. Ich kreischte vor Schmerz, wand mich und wimmerte, während mein Verstand auszusetzen schien und ich durch die Hölle ging. Sobald das Messer meinen Körper verlassen hatte, sackte ich erschöpft in den Fesseln zusammen. Durch beide Schnitte verlor ich viel Blut und ich spürte, wie ich immer weiter auf die Bewusstlosigkeit zusteuerte. Nur halb bekam ich mit, wie Charles zu Lexies Käfig ging, ihn aufschloss und sie herauszehrte. Ihre herzzereißenden Schreie ließen zwar meinen Adrenalinpegel erneut steigen, aber ich war bereits zu schwach. Ohnmächtig musste ich mitansehen, wie er meiner Tochter die Klamotten vom Leib riss, während ich verblutend am Boden lag und spürte, wie das Leben meinen Körper verließ.

Profile Me (Criminal Minds FF)Unde poveștirile trăiesc. Descoperă acum