[25] Ein Hinterhalt

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NACH EINER WEILE des schweigenden Marsches erreichte die Tiergruppe eine Lichtung umrandet von hohen Bäumen. Auch die Vögel schienen aus Respekt zu schweigen, denn außer den Füßen der Primaten und dem leisen Wimmern aller Anwesenden war nichts zu hören. In der Mitte der freien Fläche konnten die Freunde einen etwa drei Meter hohen Hügel sehen, der Rishis Beschreibung entsprach.

»Wir sind da«, sagte Rishi schließlich und gab seiner Gruppe ein fast unsichtbares Signal.

Die Affen zogen daraufhin wortlos in den angrenzenden Dschungel und kamen kurze Zeit später mit ganz viel Material, wie Blättern, kleinen Hölzern und Moos zurück, welches, dem Anschein nach, zum Bestattungsritual gehörte.

»Ihr könnt Hanuman dort auf der linken Seite des Hügels ablegen. Meine Freunde wissen, was zu tun ist«, erklärte Rishi und Narami und Tarun legten den Körper ihres Freundes behutsam auf die entsprechende Stelle.

Dann sprach jeder von ihnen noch ein paar Worte des Gedenkens und Dankes, bevor die Languren Hanuman mit Erde und anderen Materialien bedeckten.

»Durch den starken Regen der letzten Tage ist das Erdreich durchnässt und die Pflanzen sowie Hanuman selbst werden schnell eins werden mit der Natur. Er hat jetzt seinen Frieden«, sagte Rishi abschließend.

Danach verneigten sie sich alle ein letztes Mal stumm vor dem Hügel, machten kehrt und trauerten still für sich weiter, während sie den Weg, den sie gekommen waren, zurückgingen.

Narami war die Erste, die wieder Worte fand, nachdem ihre letzte Träne von ihrer rosafarbenen Nase getropft war.

»Woher sollen wir wissen, wo wir lang müssen?«, fragte sie und schaute sich ratsuchend in der Menge um. »Hanuman wollte uns in den Norden geleiten. Rishi, wisst ihr, wo in etwa dieses Land ist, indem Hanumans Verwandten leben? Dort, wo es hohe Berge und weiße Katzen geben soll«, wandte sie sich an Rishi.

Dieser nickte stumm und kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Folgt diesem Weg und versucht, möglichst nicht von ihm abzuweichen«, antwortete er schließlich und zeigte mit seinem dünnen Finger auf den Weg, der vor ihnen lag. »Er führt geradewegs in den Norden und zum Gebirge. Mehr kann ich euch auch nicht sagen«, fuhr Rishi weiter aus. »Aber ich weiß ein paar Sachen darüber, warum euch Hanuman dorthin führen wollte.«

Tarun und seine Freunde wurden hellhörig.

»Erzähl uns alles, was du weißt. Hanuman sprach nicht viel darüber und wenn, dann oft in Rätseln«, bat Tarun seinen neuen Freund, ihm und seinen Reisekameraden zu helfen.

»Das haben wir Languren so an uns«, schmunzelte Rishi. »Ich will mir aber Mühe geben, euch alles verständlich mitzuteilen.«

Rishi winkte Tarun und die anderen zu sich, abseits der restlichen Gruppe. Dann nickte er wieder und murmelte etwas vor sich hin. Schließlich begann er zu erzählen.

»Wenn ihr jemanden trefft, fragt nach Karma«, sagte Rishi und dämpfte seine Stimme zu einem geheimnisvollen Tonfall.

»Karma? Was für ein Tier ist dieser Karma und inwieweit kann er uns helfen?«, fragte Tarun ungeduldig nach, nachdem Rishi eine Weile nicht mehr weitersprach.

»Er? Ich weiß nicht, ob es ein Er, eine Sie oder etwas anderes ist«, überlegte Rishi und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

»Was meinst du damit?«, wollte Ajala ungeduldig wissen und legte den Kopf schief, während sie auf eine Antwort wartete.

»Ich meine damit, dass niemand hier Karma je gesehen hat und auch keiner weiß, wer oder was er ist«, begann Rishi schulterzuckend zu erklären. »Karma könnte eine Raupe sein oder ein Elefant. Es könnte ein Männchen oder ein Weibchen sein. Hanuman wusste es selbst nicht.«

Tarun und der Fluch der NagasWhere stories live. Discover now