[12] Der Fluch der Nagas

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EIN PAAR TAGE waren vergangen, seit das Fest zur Verlobung des Prinzen mit der geheimnisvollen weißen Tigerin seinen Abschluss fand. Ein kühler Wind rauschte in dieser Nacht durch die Baumwipfel und die Konzerte der Grillen erfüllte die klare Luft. Deveshs Unruhe, die er seit dem Gespräch mit seinem Sohn über die schwarze Kobra spürte, ließ ihn kaum schlafen. Heimlich schlich er davon.

»Wo willst du denn mitten in der Nacht hin, Liebster?«, fragte ihn seine Königin und gähnte ausgiebig.

»Ich habe draußen etwas gehört und möchte nach dem Rechten sehen«, log der König und deutete mit einem Kopfnicken in Richtung Dschungel.

Doch Veda war misstrauisch. »Lüg mich nicht an. Das funktioniert nach all den Jahren nicht mehr, Majestät.« Die alte Tigerin kam näher und blickte ihren Mann eindringlich in die Augen. »Devesh, ich habe dich die letzten Tage beobachtet. Du grübelst oft stundenlang vor dich hin, schreckst bei jedem Rascheln auf und schläfst unruhig. Sag mir, was los ist.«

Doch Devesh schüttelte den Kopf. »Ich erkläre es dir morgen, Veda«, vertröstete der König seine Gemahlin und ging weiter seines Weges.

Veda blieb zurück und warf einen besorgten Blick zu ihrem Sohn, der friedlich mit seiner Verlobten unter der Akazie schlief. »Wenn er doch nur endlich über alles mit mir reden würde, was ihn bedrückt«, murmelte die Königin und kehrte zu ihrem Schlafplatz zurück.

Devesh musste nicht weit laufen, bis ihn ein Rascheln im Dickicht zum Anhalten zwang. Padma, die alte Kobra bäumte sich vor ihm auf und zischelte den Monarchen geheimnisvoll an.

»Esss issst mir eine Ehre, Eure Majessstät hier in meinem Revier begrüßßßen zu dürfen. Womit kann ich dienen, Hoheit?«, hieß Padma den König willkommen und schwang dabei von einer Seite zur anderen.

»Ich grüße dich, Padma.« Devesh nickte ihr respektvoll zu. »Ich will nicht lange drum herum reden. Es geht um die Prophezeiung, die deine Vorväter einst über mich und meine Familie ausgesprochen haben«, kam er sofort auf den Punkt.

»Sssso, sssso. Die Prophezzzeiung, die Ihr ssseit Generatsssionen zzzu verleugnen versssucht. Interesssant. Ssssehr interesssant«, kicherte Padma in sich hinein. »Der Familie junge Triebe, verdammt durch ewige Liebe. Ssschön und fahl wie der Mond, bringt Verhängnisss und Tod. Eine Flucht ohne Wiederkehr, der König bleibet hehr«, zitierte Padma die uralte Prophezeiung der schwarzen Kobras.

Devesh nickte zustimmend mit dem Kopf, um der Schlange zu signalisieren, dass sie die nahezu in Vergessenheit geratenen Zeilen korrekt wiedergab.

»Sag, Schlange. Was hat es mit diesem Unsinn auf sich? Was bedeuten diese Worte eurer gespaltenen Zungen?«, fragte der König.

»Dasss wissst Ihr bereitssss, Eure Hoheit. Ssssonst wärt ihr nicht hier. Habe ich recht?« Wieder gackerte Padma leise vor sich hin.

»Die weiße Tigerin«, beantwortete Devesh schließlich selbst seine Frage.

»Hihihihi. Ssssie issst alssso da. Die Weißßße. Früher, alsss ich annahm. Aber dasss tut der Ssssache keinen Abbruch«, zischte Padma glückselig vor sich hin.

König Devesh wurde langsam ungehaltener. »Welcher Sache? Sag mir endlich, wovon du sprichst! Was hat es mit der Prophezeiung auf sich und was hat Narami damit zu tun?«

»Narami? Die Ssssanfte. Sssschöner Name für diesssesss unaussssssprechliche Übel«, murmelte Padma, anstatt zu antworten.

»Padma, höre jetzt auf mit dieser Geheimnistuerei! Ich befehle dir, zu sagen, was du mit Übel meinst. Sofort!«, schrie Devesh die arrogante Schlange an.

Tarun und der Fluch der NagasWhere stories live. Discover now