Kapitel 28 - Paranoia

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Für einige Tage mussten sich Regina, wie auch Emma, damit begnügen, einander nur im Unterricht zu sehen. Snows Wut über Emmas Verhalten brachte ihr eine Woche Hausarrest ein und Reginas schlechtes Gewissen nagte an ihr. Immerhin nahm sie Emma mit zu sich, anstatt sie zu Graham gehen zu lassen. Dort wäre sie vermutlich nicht so lange geblieben. „Und weißt du was sie dann gesagt hat?", fragte Snow und riss Regina aus ihren Gedanken. „Nein, was denn?", erwiderte Regina und nippte an ihrem Kaffee. „Ich solle mich nicht so anstellen, Kinder sind nun mal so. Wie kann meine Tante so etwas zu mir sagen?", motzte Snow und stellte ihr Teeglas ab. „Hm", murrte Regina abwesend und driftete wieder von der Unterhaltung ab. Sie vernahm Snows aufgeregte Stimme, ihre Schimpftiraden und nickte und antwortete, wenn sie glaubte es wäre in dem Moment angebracht. „Willst du August eigentlich nicht mal auf einen Kaffee einladen?", hörte sie Snow plötzlich sagen und schüttelte augenblicklich mit dem Kopf. „Nein? Wie kommst du darauf?", antwortete Regina gelassen und überkreuzte die Beine. „Na ich glaube er mag dich", sagte Snow achselzuckend und musterte ihre beste Freundin intensiv, „und du mochtest ihn damals doch auch, gib es wenigstens zu." „Das ist Ewigkeiten her, Mary Margret", konterte Regina und dachte an die damalige Zeit zurück. Sie war gerade ein Jahr mit Robin zusammen, da offenbarte ihr August, ein langjähriger Freund, seine Gefühle. Regina dachte ungern daran zurück, denn es war der Tag, an dem sie einen guten Freund verlor. „Nein, du irrst dich. Wir waren nur immer sehr gute Freunde, es tat weh ihn abdriften zu sehen", erklärte Regina, die wirklich niemals Gefühle für August gehegt hatte. „Ach Regina, gib ihm doch eine Chance. Er sieht verdammt gut aus. Er kennt dich sehr gut, ist charmant, zuvorkommend, höflich. Was willst du mehr? Er hat alles, was Robin nicht hat!", versuchte es Mary Margret erneut, doch Regina schüttelte wieder den Kopf. „Ich möchte ihn nicht daten, Snow", sagte Regina, deren Ton deutlich kühler geworden war. „Man könnte ja fast meinen, du hast schon wen Neues", feixte Snow und Regina riss ruckartig ihren Kopf nach oben. „So ein Quatsch. Ich bin einfach noch nicht bereit, okay? Können wir jetzt über was anderes reden?", flehte Regina und nahm sich ein Stück vom Apfelkuchen, der bisher unberührt auf dem Tisch stand. Snow blies die Luft aus ihrer Nase und schüttelte über Reginas Sturheit den Kopf: „Ich versteh dich nicht. Du hast die Chance einen großartigen Mann zu daten und alles was du mir sagst ist, du bist noch nicht bereit. Wann ist man schon für die Liebe bereit?" Regina massierte sich genervt die Schläfen und antwortete: „Es gibt keinen perfekten Zeitpunkt Snow, aber die perfekte Person – und das ist mit Sicherheit nicht August. Er trägt immer noch seine alte, zerfledderte Lederjacke. Fährt auf seinem Motorrad herum als wäre er noch 18 Jahre und bringt sogar noch die gleichen Sprüche wie damals. Nein danke." Snow blickte ihre beste Freundin sauer an, behielt sich einen bissigen Kommentar allerdings für sich und wechselte anstatt dessen das Thema, ganz zu Reginas Freude: „Da du nicht über August sprechen möchtest, können wir da kurz über meine Tochter sprechen, die noch immer ihre Strafe absitzt?" Regina verkniff sich ein Grinsen und antwortete: „Wenn du gerne über ihren Hausarrest reden möchtest, nur zu." Nun lachte auch Snow und erwiderte: „Nicht direkt. Allerdings lernt sie für deine Klausur und verzweifelt ein wenig. Eigentlich habe ich ihr verboten zum Lesezirkel zu gehen, allerdings könntest du dort vielleicht mit ihr den Stoff durchgehen?" Regina kniff argwöhnisch die Augen zusammen, da Snow sonst immer sehr darauf bedacht war, den Beiden keine Zeit allein zu geben, warum auch immer. Emma hatte ihr von ihren Bedenken und Gefühlen berichtet, was auch Regina veranlasste Snows Verhalten näher zu betrachten. „Emma sollte eigentlich in der Lage sein, den Stoff selbst zu erarbeiten", antwortete sie deshalb relativ nüchtern und Snow wirkte ein wenig überrascht. „Na das wollte ich damit nicht sagen, aber...", stammelte Snow und Regina winkte um sie zum Schweigen zu bringen. „Sie hat immer gut mitgearbeitet, ihre abgegebenen Hausaufgaben waren jedes Mal tadellos. Snow, sie schafft das auch ohne meine Hilfe", sagte Regina und trank wieder etwas von ihrem Kaffee, der mittlerweile nicht mehr wirklich heiß war. „Emma ist schlau, natürlich schafft sie das. Allerdings dachte ich...", setzte Snow erneut an und überlegte, wie sie Regina erklären sollte, dass sie mit Emma gerade überfordert war, „ich...weiß nicht wie ich mit ihr umgehen soll." Dieses Geständnis ließ Reginas Kopf herumfahren und sie starrte Snow ungläubig an: „Bitte was?" „Du hast mich schon verstanden", nuschelte diese und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, „mir wird das alles gerade zu viel. Ich will nicht, dass Emma denkt ich behandle sie unfair, Regina. Aber ich habe mir wirklich Sorgen gemacht und möchte einfach nicht, dass ihr etwas geschieht. Erst heute haben wir wieder gestritten und Emma ist richtig laut geworden. Diese Angst ist riesengroß, vor allem seitdem ich schwanger bin... und dann hat sie mir von Neal erzählt und seinem Verhalten und..." Regina rückte mit ihrem Stuhl näher an Mary Margret heran und tätschelte ihren Rücken: „Snow, du bist eine wundervolle Mutter und Emma weiß bestimmt auch, dass du dir einfach Sorgen machst. Allerdings muss sie auch ihre eigenen Erfahrungen sammeln und sie ist in einem Alter, wo man gerne...Dinge ausprobiert und Grenzen überschreitet. Das ist ganz normal." Regina spannte sich unbewusst an und hoffte, Snow würde ihre Worte nicht hinterfragen, etwas hineininterpretieren, aber warum sollte sie? Regina unterrichtete seit einigen Jahren die höheren Jahrgänge und sie sprach nicht diese Worte, weil sie Emma mochte und sie mehr als nur eine Schülerin für sie war, sondern weil sie diese Erfahrungen über die Jahre gesammelt hatte. „Sag mir, Snow. In der Grundschule probieren die Kinder doch auch ihre Grenzen aus, oder etwa nicht?", Snow nickte und Regina fuhr fort, „Siehst du. Es sind andere Grenzen, aber trotzdem überschreiten sie diese. Sie müssen lernen, austesten. Bei Emma mag es vielleicht auch extremer sein, da sie noch nicht so lange bei euch ist. Im Normalfall erfährt man in einer Familie was Grenzen sind, aber das hat sie nie erleben dürfen, oder? Was weißt du über ihre Vergangenheit und wie viel Liebe sie erfahren durfte?" Nun sprach die reine Neugierde aus Regina, da Emma bisher nicht viel erzählte was ihre Vergangenheit betraf, aber ihre Worte erreichten Snow und sie erkannte, Emma manchmal zu streng zu behandeln. „Du hast Recht", sagte sie also, „sie kennt kein stabiles Familienleben. Ich mein, ich hatte bis vor kurzem auch noch kein Kind, aber ich bin in einer intakten Familie großgeworden und sollte ihr dieses Gefühl vermitteln und nicht eines, in dem sie glaubt immer etwas falsch zu machen. David sagt, ich soll ihr Zeit geben, nicht so streng sein, aber es fällt mir manchmal einfach schwer ruhig zu bleiben." „Einfach durchatmen, runterkommen und dann reagieren, das wird schon. In wie vielen Familien hat sie gelebt?", hakte Regina nach und sah wie sich Snow langsam entspannte. „Emma sagt immer nach vier Heimen und drei Familien habe sie aufgehört zu zählen. Allerdings kennen wir ja die Wahrheit, da wir ihre Papiere bekamen", Snows Blick wurde traurig und in Reginas Hals bildete sich schlagartig ein Knoten. War es richtig Snow auszufragen, wenn sie doch auch Emma fragen konnte? Selbst wenn diese noch Zeit brauchte? „Kannst du glauben, dass sie in sechs Familien und acht Heimen war?", erzählte Snow geknickt, „Wie kann man so ein tolles Kind hin- und herschieben?" „Oh", entfuhr es Regina und sie spürte auf einmal so viele Emotionen, dass es sie regelrecht übermannte. Wut, Trauer, Hass und Scham. Scham darüber Snow auszufragen. Nie hätte sie geglaubt, sich mit solch einem Gefühl auseinandersetzen zu müssen, doch hier war es. Unaufhaltsam und wie ein großes Monster nahm es Regina für sich ein und sie spürte plötzlich den Drang wegzulaufen, von hier zu verschwinden. „Entschuldige mich kurz", nuschelte Regina, sprang von ihrem Stuhl auf und marschierte schnellen Schrittes Richtung Toilette.

Evil never looked so good (Swanqueen)Where stories live. Discover now