Kapitel 1 - You're somebody else

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„Swan, du schaffst das", murmelte Emma sich selbst motivierend zu. Sie betrachtete sich im gesprungenen halbhohen Spiegel, fuhr mit ihren zitternden Fingern durch ihre goldblonden Haare und zog ihre Locken nach vorne, um sie über ihre Schultern fallen zu lassen. Emma griff nach ihrer roten Lederjacke, zog sie über ihr schwarzes Top und schlüpfte in ihre ebenfalls schwarzen Converse. Ihre weichen Locken bildeten einen starken Kontrast zu dem groben Leder, aber ohne diese Jacke würde sie nicht einen Fuß aus diesem Apartment setzen. Diese Jacke brachte ihr Glück, war ihr einzig treuer Begleiter. „Emma? Du kommst zu spät, wenn du nicht jetzt etwas isst!", ertönte die liebliche Stimme von Mary Margret die unten auf sie wartete. Emma atmete ein letztes Mal tief ein und aus, warf einen allerletzten Blick in den Spiegel, griff dann nach ihrem Rucksack und stieg die Stufen ihres Zimmers hinab, welche eher einer Leiter als einer Treppe glichen. Das Apartment in dem Emma seit zwei Wochen lebte war klein und für Emmas Geschmack zu offen, da nichts, außer dem Badezimmer und ihrem Zimmer, eine Wand besaß. Sie musste den Nolans eines lassen, dieses Apartment hatte Stil, aber bot absolut keine Privatsphäre. „Bin schon da!", sagte Emma verlegen und blieb unschlüssig vor dem Tisch mit gedeckten Tellern stehen. Noch nie zuvor hatte sie so viel Liebe und Fürsorge erlebt wie bei den Nolans, dazu gehörte auch ein liebevoll hergerichtetes Frühstück. „Setz dich", ermunterte Mary Margret ihre Adoptivtochter mit strahlenden Augen, „und lang zu. Heute ist dein erster Schultag an der Storybrooke High, dafür musst du gestärkt sein!" Emma betrachtete fasziniert die Pancakes, das Obst, den Kaffee und die ganzen Kleinigkeiten, die sie für den Tag stärken sollten. Sie war auch so viel Essen nicht gewohnt. Egal in welchem Heim sie gelebt hatte, sie bekam immer am wenigsten zu essen. Meistens gehörte sie zu den Jüngsten, oder eben den Schwächsten, zu einer dieser Gruppen wurde sie immer gezählt. Ältere und stärkere Kinder stahlen ihr Essen, oder verlangten von ihr es freiwillig abzugeben, sodass Emma so gut wie jeden Abend mit knurrendem Magen zu Bett ging. Hier, bei den Nolans, musste sie nicht einmal hungrig zu Bett gehen und wenn Emma ehrlich zu sich selbst war, machte ihr das Angst. Es war die Angst vor Konsequenzen. Angst davor, aus diesem Traum aufzuwachen, sich zu sehr an die Nolans und ihre Fürsorge zu gewöhnen, sie an sich heran zu lassen.

„Emma? Alles in Ordnung? Bist du aufgeregt?", fragte David, der gerade in die Küche gekommen war und sein Hemd zuknöpfte, besorgt. Er legte ihr eine Hand auf die Schulter, drückte aufmunternd zu und schenkte ihr dampfenden und wohlriechenden Kaffee in einen Becher. David drückte seiner Adoptivtochter den Becher in die Hand, hauchte einen federleichten Kuss auf ihren Kopf und setzte sich ihr gegenüber. Mary Margret betrachtete Emma besorgt, besorgt darüber sie mit ihrer Fürsorge zu erdrücken, oder sie vor eine zu große Herausforderung zu stellen. Natürlich hätte Emma noch länger warten können, um in das Schuljahr einzusteigen, aber Mary Margret hielt es für das Beste sie möglichst früh einzugewöhnen – damit sie nicht zu viel Stoff verpasste. Und bisher lief die Schule erst seit vier Wochen. „Ich bin aufgeregt, ja", flüsterte Emma in die Stille hinein und nahm einen Schluck von ihrem Kaffee, „Aber mir geht es gut. Ich schaffe das." Wieder sprach sie mit sich selbst, aber nun pflichteten ihr auch David und Mary Margret bei, ermunterten sie. „Dir wird es dort gefallen, da bin ich mir ganz sicher. Kathryn, eine Freundin von mir, unterrichtet dort und sie schwärmt immer von ihren Schülern und Kollegen! Wenn du Probleme hast dann kannst du...", erklärte Mary Margret, doch wurde sie von ihrem Ehemann David unterbrochen indem er dezent seinen Kopf schüttelte. „Du wirst das ganz wunderbar meistern, Emma. Ich bin schon gespannt was du heute Abend erzählen wirst!", beendete David die Rede seiner Frau und ging nicht auf mögliche Problematiken ein.

Er kannte die Kids von heute. Er wusste wie grausam sie sein konnten und er wünschte sich das nicht für seine Tochter. David arbeitete als Sheriff auf der Wache von Storybrooke, es mochte nicht viel zu tun geben, aber er leitete auch ein Programm zur Prävention von Mobbing. Dieses rief er ins Leben nachdem vor einigen Jahren ein Kind aus Mary Margrets Grundschulklasse gemobbt wurde. Ein Kind von gerade einmal 8 Jahren. Wie würde es also nun Emma mit ihren 18 Jahren auf der Storybrooke High ergehen? David versuchte sich nicht alle möglichen Szenarien auszumalen und biss von seinem von Sirup triefenden Pancake ab: „Es schmeckt köstlich, Snow." Snow. Emma schaffte es nie sich ein Lächeln zu verkneifen, wenn David seine Ehefrau liebevoll Snow nannte. Irgendwie passte dieser Name zu ihr. Mary Margrets Haut war weiß wie Schnee und ihr Haar schwarz wie Ebenholz, sie erinnerte sie sehr an Schneewittchen aus ihrem alten Märchenbuch. „Dann wäre David Prinz Charming", dachte Emma grinsend. „Es schmeckt wirklich lecker, Mary Margret", pflichtete Emma bei und genoss das Gefühl der Wärme, welche ihren Magen erreichte. „Ich habe dir auch etwas für die Schule eingepackt", gab Mary Margret mit glühend roten Wangen zu. „Aber du kannst dir natürlich auch was in der Cafeteria kaufen, wenn du möchtest", sagte David und hielt ihr 10 Dollar entgegen. „Ich...", fing Emma an, spürte jedoch wie der Kloß in ihrem Hals wuchs und ihr die Sprache verschlug. Anstatt etwas sagen zu wollen stand sie also auf und umarmte ihre Adoptiveltern. Diese schlangen freudig und doch etwas überfordert ihre Arme um Emma, die bisher nicht ein einziges Mal ihre Zuneigung ihnen gegenüber ausgedrückt hatte. Snow kämpfte mit den Tränen und auch David spürte den Stolz in seiner Brust anschwellen. Emma beendete langsam die Umarmung und nahm schüchtern den Geldschein entgegen, sowie das Essen für die Schule. Das Essen in der Tüte roch köstlich und Emma konnte sich nicht vorstellen, dass es in der Cafeteria der Schule besseres Essen als das von Mary Margret gab. „Danke...", hauchte Emma, da sie ihrer Stimme noch immer nicht vertraute. „Gerne, Liebes!", Mary Margret hielt ihr einen Thermobecher entgegen und lächelte sie aus dem tiefsten ihres Herzens an.

Evil never looked so good (Swanqueen)Where stories live. Discover now