Kapitel 40

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Die Entscheidungen die wir treffen machen uns zu der Person die wir sind. Jede neue Entscheidung wird uns formen und prägen. Manche sind schwer. Manche sind leicht.
Einige bereuen wir und über andere sind wir glücklich das wir uns so entschieden haben.
Alles in allem, ist es das Leben. Das Leben besteht aus Entscheidungen.
In all meinen Jahren auf dieser Erde, gibt es nicht viele Entscheidungen die ich anzweifle.
Mord.
Die Wut in meinem Herzen.
Die erste Liebe.
Familie.
Leben.
Freunde.
Verrat.
Hass.
Neid.


Ich zweifle mittlerweile an jeder dieser Sachen. Es wird ein Krieg kommen. Ich spüre es in jeder Faser meines Körpers. Freunde werden zu Feinden. Die Familie wendet sich ab und am Ende sterben unschuldige. So ist es doch jedes Mal.
Wen kann man also wirklich vertrauen?
Nur sich selbst.
Das sagt man zumindest. Doch ehrlich gesagt würde ich nicht einmal mir selbst trauen. Ich bin ein grauenvoller Mensch. Und hinterhältig kann ich auch sein.


Ich stehe auf dem Times Square und sehe mich um. Überall hetzen die Menschen durch die Gegend. Über die großen Bildschirme an den Gebäuden flimmern Werbungen von Calvin Klein, Hugo Boss, Armani und Coca-Cola.
Leicht kneife ich die Augen zusammen. Diese Stadt ist wirklich super gewachsen. Die Börse bringt viel Geld ein. Der Tourismus boomt auch. Jeder möchte in die Stadt die niemals schläft.
Hätten sie doch nur eine Ahnung davon wie Recht sie damit haben. Diese Stadt schläft wirklich nicht.

Langsam begebe ich mich in den Central Park, in dem Wissen das ich schon seit meiner Ankunft in diesem Bundesstaat verfolgt werde.
Aber ehrlich gesagt, stört mich diese relativ wenig. Ich würde sogar eher dazu tendieren, dass es mir zu Gute kommt.
Mit einigen schnellen Bewegungen habe ich ihn an der Kehle gegen einen Baum gedrückt. Niemand sieht uns. Wir stehen mitten in einem kleinen Wäldchen.
Er röchelt nach Luft. Verzweifelt umklammern seine Hände mein Handgelenk und versuchen meinen Griff um seinen Hals zu lösen. Doch meine Finger rühren sich nicht mal einen Millimeter.
Kalt sehe ich ihn an. "Also kleiner Vampir, hat man dir nicht beigebracht, dass man Frauen nicht nachstellt?", frage ich ihn nüchtern, während sein Gesicht blau anläuft. Eine Tatsache die ich leicht unterhaltsam finde.
"B-bitte", presst er hervor. Gerade so dass man ihn verstehen kann.
Na schön
. Ich habe etwas erbarmen, schließlich möchte ich noch etwas von ihm.
Ich löse meinen Griff ein wenig, sodass er besser Atmen kann. Er nutzt dies auch sofort für die eben erwähnte Tätigkeit aus.
"Also Kleiner, welcher Hosenscheißer hat jetzt das Sagen in dieser Stadt?", hake ich mit mehr Nachdruck nach.
Seine braunen Augen sehen mich interessiert an. "Wer bist du?" Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Ist das sein Ernst?
Ich presse die Zähne zusammen.
Lernen die Vampire heut zu tage nichts mehr über ihre verdammte Geschichte in der kleinen Vampirschule?
So etwas sollten sie wissen, mein Temperament könnte sonst ihr Verhängnis sein.
Wer bin ich?

Ein abfälliges Schnauben entfährt mir.
"Ich bin Alexandria Petrova. Ich bin ein Urvampir. Ich bin die, die diese Stadt aufgebaut hat. Ich bin die, die jeden hier töten wird, wenn sie nicht das bekommt was sie will. Ich bin die, die alles niederbrennen wird, wenn ihr nicht gefällt was passieren wird. Ich bin die, die über dein und jedes andere Leben hier entscheiden wird. Ich bin die, der ihr folgen solltet. Ich bin die, die diesen Krieg gewinnen wird. Ich bin die Begründerin eurer Blutlinie", sage ich knurrend.
Etwas theatralisch, nicht?
Seine Augen weiten sich ein Stück. "D-die Alexandria Petrova?", hakt er nach.
Herrje, hat der Tomaten auf den Ohren?
"Ich frage nicht noch einmal", brumme ich ungeduldig.
Was stimmt denn nicht mit dem? Bin ich etwa an den einzig beschränkten Vampir dieser Stadt gelangt?

"Lass ihn los, Petrova", höre ich hinter mir jemanden rufen. Nicht nur seine Schritte nehme ich wahr, sondern auch die vieler anderer.
Ohne einen Muskel zu bewegen lausche ich den Herzschlägen die mich umgeben. Müssten ungefähr um die Zwanzig sein. Nur. Kein besonders gutes Willkommen. Hätten mehr sein müssen, dann würde ich mich geehrt fühlen. So fühle ich mich irgendwie etwas beleidigt.

"Petrova ich sag's nur einmal. Lass ihn verdammt nochmal los"
"Oder was?", knurre ich und drehe mich zu dem Mann um, der mich dumm von der Seite anlabert. Jedoch lasse ich meine Hand um die Kehle des Schnuckels.
Er mustert mich. "Hi Jaron", sage ich tonlos und grinse gefühlskalt.
Ich mochte seine Selbstgefällige Art noch nie.

"Was willst du denn jetzt machen?", hake ich neugierig nach und ich kann förmlich sehen, wie unschlüssig die anderen kleinen Handlanger werden. Ja, was werden sie wohl tun? Interessante Frage.
"Hast dich wohl noch nie mit einem Urvampir angelegt. Und deine kleinen Babys auch nicht. Willst du ihnen das Gemetzel etwa demonstrieren, oder einfach nur zeigen, dass du mehr Eier in der Hose hast, als beim letzten Mal wo ich nachgesehen habe?" Unschuldig aber mit einem selbstgefälligen Grinsen sehe ich ihn an. "Hör auf zu reden Alex. Lass ihn gehen, er hat dir nichts getan. Ich habe ihn geschickt", unterbricht mich Jaron.
"Das ist ja mal was ganz neues", finde ich nüchtern. "Wäre ich ja nie draufgekommen"
Abrupt lasse ich von dem blonden Kerl ab und widme meine volle Aufmerksamkeit Jaron. Auch wenn das jetzt von außen betrachtet eine komische Situation darstellt, da ich nur gefühlt 1,65 Meter groß bin und er mich mindestens um dreißig Zentimeter überragt und zu mir hinabblickt.
Aber genau das macht es wieder so witzig, wenn man dann von einer Frau auseinandergenommen wird, weil ich einfach stärker bin. Aber wieso ist das diesen Männern nicht bewusst? Sie wissen das ich ein Urvampir bin. Sie wissen wozu ich in der Lage sein kann, na ja, sollten sie zumindest oder können es sich vorstellen, aber dennoch wollen und müssen sie ihre Überlegenheit demonstrieren. Sind glaube ich Hormone oder liegt das in ihrer Natur das sie sich so dumm anstellen?

"Also gehört dir New York jetzt?", rate ich und sehe dabei in die Gesichter der Vampire, die er vermutlich in den letzten hundert Jahren verwandelt hat, während ich weg war.
"Problem damit?" Seine tiefe Stimme klingt wirklich nicht erfreut. Und da hat er Recht. Er fühlt sich bedroht, weil ich wieder zurück bin. Weil ich ihm seinen Thron streitig machen kann und auch werde.
Mit einem Schmunzeln drehe ich mich wieder zu ihm. "Überhaupt nicht", teile ich ihm mit einer gekonnten Lüge mit.
"Ich habe dich vermisst", sage ich dann ehrlich und ziehe ihn zu mir herunter, bis sich unsere Gesichter nur noch durch wenige Zentimeter trennen.
Ein leichtes Grinsen stiehlt sich auf seine Lippen, bevor er diese auf meine drückt und mich mit seinen starken Händen an sich zieht und sich unsere Zungen heiß und innig begrüßen. 

Das nenne ich eine Willkommensfeier.

Alexandria Petrova - The OriginalWhere stories live. Discover now