Kapitel 26

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Ich weiß nichts mehr. Wo ist oben? Wo ist unten? Alles um mich herum ist in eine tiefe Schwärze getaucht. Selbst wenn ich ein Geräusch von mir geben könnte, wüsste ich nicht, ob es überhaupt durch diese tiefe Dunkelheit dringen könnte.
Mein Zeitgefühl ist ebenso verschwunden wie meine Orientierung. Ich kann mich nicht wirklich daran erinnern das sich der Tod wirklich so anfühlt. Es ist kalt um mich herum, das erste mal seit dem ich von Kol ermordet worden war, dass ich wieder Kälte fühlen kann.
Aber ebenso verspüre ich auch Angst. Ich habe keine Lust bis in alle Ewigkeit in der Dunkelheit zu verbringen. Es ist ein komisches Gefühl wirklich tot zu sein. Es schmerzt in meinem Herzen. Ein unerträglicher Stich. Vielleicht kommt es davon das ich den Pfahl ins Herz gestoßen bekommen habe, oder so fühlt sich der Tod für mich heute an.
Damals war es anders gewesen. Heute ist es leer. Alles ist leer und trostlos. Nur meine Angst vor Schmerzen, die ich nie hatte, steigt. Wo werde ich landen? Vermutlich auf der anderen Seite, ohne irgendeine Chance auf Frieden. Mein Herz blutet. Ich fühle gleichzeitig alles und nichts. Meine Gedanken rasen um eine Sache, würde diese unerträgliche Dunkelheit, die im Leben mein Freund war, irgendwann ein Ende nehmen? Denn sie zeigt mir all meine Fehler auf die ich in meinem beinahe unsterblichen Leben begangen habe und das waren schließlich unzählige. Sie jetzt alle noch einmal vor Augen vorgeführt zu bekommen ist schon Folter. Besonders die Fehler die mit meiner Familie, den Mikaelsons und meiner richtigen Familie zu tun haben. Zumindest mit Emilia, meiner kleinen Schwester. Meine Eltern und meine große Schwester Tatia, gingen mit damals schon relativ am Arsch vorbei, so wie ich ihnen. Sie hassten mich, vor allem meine Mutter. Es wäre Ironie, wenn ich sie in der Hölle wiedersehen würde.
Aber meine größten Fehler habe ich bei Kol begangen. Jeder noch so kleine Fehler wird mir vorgeführt. Mein Herz blutet immer mehr. Es ist die pure Folter. Schlimmer als irgendein körperlicher Schmerz und da kenne ich mehr als tausende Folterarten. Horror. Das wird also meine Strafe sein? Zu sehen was ich verloren habe. Elijah. Niklaus. Rebekah. Kol. - Die Liebe meines Lebens.



Irgendwann kann ich meine Augen öffnen. Der Wald um mich herum, in dem ich mich nach wie vor befinde, ist mit einem dumpfen Licht bedeckt. Es wirkt anders auf dieser Seite des Lebens, im Tod, wie als Lebende in der realen Welt der Lebenden. Dort ist alles strahlend Hell und alles wirkt lebendig. Doch nicht hier.
Ich liege immer noch auf dem Boden, in den Armen von Kol. Zumindest tut dies mein Körper. Meine Haut ist grau und dunkle Adern zeichnen sie. Auf meinem Bauch ist eine riesige blutige Pfütze, die den Boden ebenfalls tränkt.
Ich stehe neben meinem Körper und blicke auf ihn und Kol hinab, dessen Tränen auf meinen Wangen landen. "Das kannst du mir doch nicht antun Alex. Bitte bitte...", fleht er mich an. "...du darfst mich nicht verlassen" Es bricht mir das Herz.
"Wieso hast du das getan?", flüstert er an meinem Ohr. Ich knie neben ihm und schaue ihn traurig an. "Damit du leben kannst, Kol", flüstere ich, aber in dem Wissen, das er mich so oder so nicht hören kann.

Ich stelle mich wieder hin und überlasse Kol meinen Körper, in dem Wissen das er den Brief mit meiner Erklärung und allem was ich ihm als Lebende nicht sagen konnte, finden wird.
Im Augenwinkel sehe ich wie Leonie sich schmerzhaft verkrampft. Meine Blutlinie ist stark und die tausenden Vampire auf jemanden zu übertragen dem sie nicht gehören, ist wirklich schmerzhaft. Sie gehören zu mir, das wissen sie instinktiv.

Klaus geht bedrohlich langsam auf Leonie zu. "Was hast du getan?", knurrt er sie wütend an. "Du hast meine beste Freundin getötet! Du hättest das verhindern können! Du hättest es mir sagen müssen..." Ich sehe deutlich wie der Hass und die Wut in ihm brodeln. Irgendwie bin ich stolz darauf das er nur wegen mir so reagiert, auf der anderen Seite tut der kleine Bastard mir schon leid. Ach was rede ich da. Leonie wird mir niemals leid tun.
Obwohl ich Niklaus so gut kenne um zu sagen das er nicht wirklich auf Leonie sauer ist, sondern auf mich. Schließlich bin an allem Schuld und das weiß er ganz genau, doch noch will er es sich nicht eingestehen, das wird noch kommen.

Alexandria Petrova - The OriginalWhere stories live. Discover now