Kapitel 19

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Die Nacht verbringe ich allein in meinem Bett. Es ist ruhig. Die Stille und die Dunkelheit der Nacht umgeben mich in meinem Zimmer und hüllen mich vollkommen ein. In Ruhe kann ich nachdenken über das was geschehen ist, aber möchte ich das überhaupt? Will ich all die Dinge wieder aufkommen lassen, die ich versuche zu verdrängen? Nicht heute. Der Tag war anstrengend. Kol sein gebrochener Blick heute nachmittag gab mir den Rest. Es war schlimm ihn so zu sehen.
Nach Stunden in denen ich meine Gedanken einfach schweifen lasse, schlafe ich schließlich ein. Mein Schlaf ist dennoch unruhig. Immer wieder wache ich auf, geplagt von Alpträumen und Horrorszenarien.
Ich stehe auf und gehe in mein Badezimmer. Meine Hände fülle ich mit ein wenig kaltem Wasser und erfrische mein Gesicht.
Das klare und kühle Wasser erfrischt mich. Still hoffe ich darauf jetzt besser schlafen zu können.

Als ich wach werde, taste ich automatisch die Matratze neben mir ab, doch ich erinnere mich, dass ich alleine zu Bett gegangen bin.

Verschlafen und Hundemüde öffne ich die Augen. Die Nacht war einfach schrecklich. Ein unruhiger Schlaf und dann auch noch Alpträume. So etwas liebe ich ja.

Ich stehe auf und ziehe mich an. Vom Nachtisch nehme ich mein Handy und schaue auf die Uhr. Es ist sieben Uhr morgens und ich bin schon wach. Klasse.
Ich begebe mich langsam ins Wohnzimmer, doch niemand ist zu sehen. Aus der Küche her, höre ich etwas rascheln und folge dem Geräusch. Ich sehe Luke, der in einer Zeitschrift blättert und Müsli in sich hinein stopft.

"Morgen", sage ich schließlich und gehe an ihm vorbei zum Kühlschrank. Ich suche einen Blutbeutel heraus und schließe ihn wieder. "Morgen Alex", erwidert er mit vollem Mund. Ich setze mich ihm gegenüber und beobachte ihn wie er frühstückt. Ich öffne den Blutbeutel und trinke daraus. Der süßlich eiserne Geschmack erfüllt meinen Mund mit Freude. Genau das ist es was ich brauche. Auf die Idee hätte ich schon früher kommen sollen.

"Was liest du da?" Meine Neugier siegt. Er schaut auf und ich kann mir ein schmunzeln nicht verkneifen. An seinem Mund läuft Milch hinunter. "Du hast da was" Ich tippe mir mit einem Finger an die Stelle wo ihm die Milch hinunter läuft. Sofort wird er rot und wischt sein Gesicht sauber. "Danke", murmelt er schnell und weicht meinem bohrenden Blick aus. "Das ist ein Klatsch Magazin", fügt er hinzu.
Ich runzle die Stirn. Wie interessant. "Was gibt es denn so neues im Land der Hexen?", sage ich und starre ihn weiter an. Sofort wird er bleich und schaut mich ungläubig an. Nach einigen Minuten in denen wir uns gegenseitig stumm anschauen, fängt er sich wieder. "Die sind alle tot. Da kann es so viel neues gar nicht geben" Lügner.

Ich stehe auf und werfe meinen leeren Blutbeutel in den Mülleimer. Luke steht ebenfalls auf und bringt sein Geschirr in die Spülmaschine.

Ich höre, wie sich oben in den Zimmern jemand aufsteht und umher läuft. Ehe sie alle herunter kommen, verschwinde ich aus dem Haus.

Die Zeit vergeht meiner Meinung nach viel zu langsam, aber das kann auch nur an meiner Unsterblichkeit liegen.
Nach einer Stunde klingelt mein Telefon. "Was willst du Leonie?", nehme ich den Anruf von ihr entgegen. Heute vergeht alles wie in Trance. Ich fühle mich, als ob ich gefangen in dieser Zeit wäre und es keinerlei Hoffnung auf Erlösung gibt. Die Zeit steht still und ich kann rein gar nichts dagegen tun, außer zu warten und zu hoffen, dass sie schneller verfliegt als mein Gehirn realisieren kann.

"Es ist auch schön mit dir zu reden, Alex", antwortet sie mir genauso patzig, wie ich es von ihr erwarte. "Was ist?", seufze ich genervt. Ich will hier weg, nur noch hier raus. Aber selbst das hätte keinerlei Bedeutung, wenn es nicht der Tod wäre, auf den ich Sehnsüchtig seit Jahren warte. Natürlich hat die Unsterblichkeit ihre reizvollen Vorzüge, aber nach solch einer langen Zeit, wird es langweilig und abtrünnig. Immer wieder erlebst du die selben Sachen und tust das selbe. Von Tag zu Tag. Von Woche zu Woche. Monat zu Monat und Jahr zu Jahr. Das kann doch keiner langfristig aushalten.

"Ich wüsste gerne wo du bist, Alex...", ehe sie weiter sprechen kann unterbreche ich sie. "Es geht dich überhaupt nichts an, wo ich mich befinde, Leonie Reid. Ich bin tausend Jahre alt und brauche keinen Babysitter", weise ich sie zurecht. "Es ist auch immer wieder schön dich zu sprechen", sagt sie schnippisch. Köter.
"Halt die Klappe und sag mir endlich was du willst", brumme ich. "Möchtest du mir jetzt bitte sagen wo du steckst? Oder soll ich einen Ortungszauber anwenden?"
Ich fange an zu lachen. "Oh, da hört sich doch mal einer unsere kleine Möchtegern Hexe an", meine Stimme trieft nur so vor Sarkasmus.

"Du weißt das ich gar keine Hexe sein möchte und du bist diejenige die meine Fähigkeiten braucht, also sei nett zu mir und sag mir wo du bist, oder ich zünde dich an"

Ich breche aus vor lachen. "Genau. Versuch das mal. Also, ich kann auch eine andere Hexe dazu bringen mir zu helfen, ich brauche nicht spezifisch dich dazu! Und außerdem überschätzt du dich und deine kleinen Zaubertricks gewaltig"

"Alex!", schrie sie ins Telefon. "Ist ja gut!", unterbreche ich sie und gebe ihr schließlich bekannt, wo ich mich befinde.

Keine zehn Minuten später steht sie vor mir an einem alten Brunnen im Wald. Sie wirkt angespannt und nervös.
Gelassen und unbeeindruckt setze ich mich auf den Rand des Brunnens. "Also...?", versuche ich sie zum reden zu bringen.

"Du willst also, dass ich ein Opferritual durchführe, bei dem sehr viele Personen sterben werden und der Weißeichenpfahl zerstört wird. Soweit verstehe ich das ja noch. Ich verstehe auch, warum ich die einzige bin die du nach Hilfe fragen kannst,...", fängt sie an. "Stop", unterbreche ich sie. "Wie ich schon mehrmals wiederholt habe, DU bist nicht die einzige die ich fragen kann. Oder die ich dazu bringen kann. Ich meine, wer kann denn schon widerstehen einen Urvampir zu töten? Also mach mal halblang"
Sie winkt meine Einwende einfach ab. "Wie dem auch sei, ich würde dir auch niemals erlauben Luke da mit rein zu ziehen, aber eine Sache verstehe ich nicht... Wieso zum Teufel dürfen die Anderen nichts davon erfahren? Sie würden uns doch helfen das Ding zu zerstören"
Ich schaue sie lange an und warte darauf das sie selbst auf die Erkenntnis kommt, das ich ihr den Grund eben schon erzählt habe.
"MOMENT", kommt es auch schon aus ihrem Mund. "Du stirbst!"
Lange herrscht Stille zwischen uns und sie starrt mich einfach nur ungläubig an. Sie versteht nicht weshalb ich sterben muss, das kann ich sogar nachvollziehen obwohl es sehr plausibel ist.

"Was ist mit Kol?", fragt sie schließlich vorsichtig nach. Ich wusste das sie es fragen würde. Ein schmerzhafter Stich durchzieht mein Herz. Angestrengt versuche ich mich zusammen zu reißen. Doch das gelingt mir nicht gänzlich. Mit gebrochener Stimme beginne ich zu reden. "Er...er wird es schon verkraften Leonie. Natürlich wird es für ihn am Anfang sehr schwer werden, aber ich weiß und da bin ich mir sehr sicher, du bist schließlich der Beweis, das er jemanden neues finden wird. Er wird jemanden finden der mich ersetzt und den er lieben kann, der ihn liebt ohne ihn ständig zu verletzen. Genauso wie er in dich verschossen war. Obwohl es bei dir glaube ich eher um Brüder Rivalität gehandelt hat, aber dennoch kann er es überwinden. Mit deiner Hilfe, mit der Hilfe von Niklaus, Elijah und Rebekah"

Das ist die Antwort die ich mir schon seit Wochen zusammenbastle. Die Antwort, die am einfachsten über meine Lippen kommen. Ich kann schlecht zugeben, das es mir wehtun wird und es mir das Herz zerreißt, wenn Kol jemanden neues finden würde, den er lieben kann. Das würde es nur schwerer machen und das kann ich im Augenblick nicht gebrauchen.

Ausnahmsweise nickt sie. Ich bin froh das sie es einfach auf sich beruhen lässt. Sogar wirklich dankbar.
"Du weißt das wir eine Petrova Doppelgängerin brauchen die immer noch menschlich ist? Einen reinrassigen Werwolf und einen Vampir", erkläre ich ihr. "Ja. Wo bekommen wir denn bitte einen Menschlichen Petrova Doppelgänger her?"
Ich grinse sie kalt an. "Oh, eine alte Freundin von mir wird uns dabei mit Sicherheit gerne behilflich sein..." Ich freue mich schon auf Katherinas Gesicht, wenn sie mich sieht.



Alexandria Petrova - The OriginalWhere stories live. Discover now