Kapitel 1

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Nik steht vor mir. Keine Ahnung was er diesmal von mir will, aber es ist wahrscheinlich nichts Gutes wenn er mich in die Pampa ruft. Ich verschränke die Arme vor der Brust und erwidere seinen Blick undurchdringlich, aber dennoch skeptisch. "Also Nik? Wieso zum Teufel hast du mich ans Ende der Welt gerufen? Und dann auch noch in die matschige Pampa?" Ich bin leicht genervt, das merkt man schon.

"Ich freue mich auch dich zu sehen Alex. Und um zu deiner Frage zu kommen, ich möchte das du mir hilfst dieses Dorf aufzubauen. Es größer und prachtvoller zu machen. Es zu unserem Zuhause aufzubauen. Für Kol, Elijah, Rebekah und dich. Für unsere Familie. Ein Königreich für uns", erzählt er. "Du willst also dass ich dir dabei helfe dieses kleine Kuhdorf zu einer Großstadt aufzubauen? Ein Königreich für dich" Mir war klar, dass er mal wieder irgendetwas vorhatte, doch als seine beste Freundin sollte ich hinter ihm stehen und ihm helfen. So wurde ich vor langer Zeit erzogen.

Dennoch will ich hier nicht so viel Zeit verbringen. Ich hab noch andere Sachen zu tun, als Baumeister zu spielen. Ein leises seufzen entfährt mir.
Natürlich würde ich ihm mal wieder helfen und ihm aus der Patsche holen müssen. Früher oder später ist er nämlich schnell wieder in einer Situation, in der er Hilfe brauchen wird. "Lass uns das doch dort in der Schenke besprechen. Hier draußen ist es sehr kalt und windig. Und ich habe keine Lust das Emma mein Kleid wieder putzen muss. Das arme Ding hat schon genug zu tun", sage ich und schiebe gespielt meine untere Lippe nach vorne. Natürlich habe ich kein Mitleid mit Emma. Schließlich ist sie mein Dienstmädchen. Sie muss das tun.
Er lächelt, schaut kurz zu Boden und nimmt meinen Arm und ich hacke mich bei ihm unter.

Als wir die Schenke betreten, wirft fast jeder der kleinen Menschen uns verwunderte Blicke zu. Um solch eine Uhrzeit ist eine Dame schließlich nicht mehr auf der Straße. Aber seit wann halte ich mich bitte an Regeln?
Viele von ihnen tragen Arbeitskleidung und waren von oben bis unten mit Matsch und Ruß bedeckt. Widerlich. Sie stinken bis hier.
Nik führt mich anmutig wie er doch ist, zu einem Tisch in einer leicht abgelegenen Ecke und wir nehmen Platz. Vorsichtig, und um meine Frisur nicht zu ruinieren, nehme ich meinen Hut ab und lege ihn neben mich auf die Bank. Langsam und unauffällig fühle ich mit meinen Fingerspitzen über meine linke Hand. Ich habe schon immer Angst gehabt, dass mir jemand meinen Tageslicht Ring stehlen könnte. Natürlich ist das unmöglich aber dennoch ist die Angst da. Ich brauche ihn nur, damit ich nicht in der Sonne Qualme. Normale Vampire würden in Flammen aufgehen, wir jedoch nicht. Wenigstens eine sehr gute Nebenwirkung des dunklen Zaubers.
Niklaus lehnt sich zurück gegen die Bank und grinst verschmitzt.
Ich stütze meinen Kopf elegant auf meinen Handflächen ab und schaue ihn erwartungsvoll an.
"Erzähle es mir. Ich möchte gerne wissen was du vorhast", grinse ich.
Er hebt die Hand und ruft damit die junge blonde Kellnerin zu sich. Sie ist jung, vielleicht grade einmal sechzehn oder siebzehn Jahre alt. Ich mustere sie neugierig. Ihr Körper ist sehr abgemagert. Sie trägt eine weiße Schürze die mit Flecken übersät und für ihren dürren Körper viel zu groß ist.

Sie steht schüchtern vor unserem Tisch und mein Blick wandert zwischen ihr und Nik hin und her. Oh nein. Natürlich will er sie als Nachtisch.
Die Männer die hier an der Bar und an den Tischen sitzen, würden das wahrscheinlich nicht mitbekommen, wenn er es wirklichen machen sollte, da sie zu Betrunken sind. Aber ich kenne meinen besten Freund und ich weiß genau, dass schon morgen früh im Tagesprophet stehen wird, dass hier in dem kleinen Kuhdorf ein Mord stattgefunden hat. Und natürlich würde das die Runde wie ein Lauffeuer machen. "Bitte setz dich doch"

Seine Stimme wirkt freundlich, doch wenn das Mädchen wüsste in was für einer Gefahr sie schwebt, würde sie lieber davon rennen. Auch wenn ihr das nicht viel bringt, vor uns kann niemand fliehen und vor allem nicht verstecken.
Sie setzt sich schüchtern neben Nik. Er legte seinen Arm um sie und schaute ihr direkt in die Augen.
"Du bringst mir und meiner Freundin jetzt einen Whiskey und danach setzt du dich zu uns und machst erst dann einen Laut, wenn ich es dir erlaube", sagt er mit fester Stimme. Ich beobachte wie sich seine Pupillen zusammenziehen und wieder weiteten. Er hat sie also grade manipuliert.
Ich beiße mir belustigt auf die Lippe und schüttle leicht den Kopf. Das Mädchen ist verschwunden und holt unsere Getränke. Er muss aber auch wirklich immer seine Macht demonstrieren.
"Ich höre Nik. Sag mir jetzt was du von mir willst", dränge ich ihn leicht.
Natürlich hat er auf diese Frage die ganze Zeit gewartet, denn ich erkenne das Aufgeregte Funkeln in seinen Augen. Um seine Lippen spielt ein verschmitztes Lächeln und er legt sich die passenden Worte zusammen.
"Komm schon Nik, ich werde schließlich auch nicht jünger. Oder vielleicht doch...?", überlege ich laut und schaue ihn die Luft.
Er schmunzelt und fängt dann an mir seinen genialen Plan zu erklären. "Das hier ist der perfekte Ort um uns ein neues zuhause aufzubauen Alex. Eines wo wir nicht von Mikael gejagt werden. Wo wir herrschen und die Regeln aufstellen. Das ist unsere Chance auf ein neues Leben, befreit von Angst. Wir müssten nicht mehr fliehen", erklärt er und ich nicke dabei bedächtig. Ja, er hat Recht. Mir geht es schon lange genug auf die Nerven, immer wieder fliehen zu müssen sobald Mikael auftaucht. Ich will in Ruhe leben und nicht ständig mit der Angst leben müssen, getötet zu werden!
Natürlich ist klar, dass Nik reagieren wird und wir nur geduldet werden, weil wir seine Familie sind. Und es für die Menschen und anderen Vampire eindrucksvoller und angsteinflößender ist, wenn die ganze Familie sich hier versammelt und nicht nur einer. "Du meinst das ernst oder?", bringe ich nach einigen Momenten der Überlegung heraus und er nickt entschlossen.
Die Kellnerin kommt mit unseren Getränken zurück und stellt sie vorsichtig auf den Tisch. Sie setzt sich sofort wieder neben Niklaus und bringt kein Wort heraus. Ich nehme mein Glas und nehme einen kräftigen Schluck von meinem Whiskey. Ich betrachte die beiden, wie sie mir gegenüber auf der Bank sitzen. Der große böse Wolf und das kleine arme Mädchen. Amüsant.
"Du weißt schon, dass du sie nicht einmal hättest manipulieren müssen, oder? Sie hätte auch so alles für dich getan. Und außerdem kann sie sowieso nicht davon laufen", sage ich gelassen und nicht fängt sofort an zu grinsen und mustert die Kleine von der Seite aus.
"Natürlich weiß ich das", sagt er gelassen. Er hat anscheinend gute Laune. Aber selbst die würde ihn nicht Gnädig stimmen das Mädchen zu verschonen.
Ihr Todesurteil ist besiegelt worden, seitdem wir die Schenke betreten haben.
Wir machen uns einfach nicht die Mühe unsere Gesprächsthemen zu verstecken. Warum auch? Was kann bitte ein kleiner schwacher Mensch, gegen einen Vampir ausrichten? Nichts.
"Aber das macht doch nicht so viel Spaß. Ich möchte ja schließlich nicht, das sie Schreit"
Ein paar Köpfe, die unser Gespräch belauscht haben, drehen sich in unsere Richtung. Ihre Blicke ruhen auf uns und ich verdrehe die Augen und nippe lächelnd an meinem Glas. Natürlich gehe ich nicht darauf ein. Das würde mich nur umso mehr aufregen, weil die Männer hier anscheinend keinen Anstand besitzen. Man belauscht fremde Gespräche nicht!
Ich fasse den Entschluss, dass wenn Nik sich ein Spielzeug aussuchen darf, ich das auch machen kann. Ich leere mein Glas, rücke meinen Hut zurecht, streiche mein Kleid glatt und geselle mich an die Bar, zu ein paar jüngeren Arbeitern. Sie feiern anscheinend ihren Feierabend und sind deswegen schon leicht angetrunken.
Eins der Dinge die bei mir und Nik immer schon sehr schlimm waren, ist die, dass wenn er ein Spielzeug hat, ich auch eins will. Eifersucht eben. Ich flirte ein wenig mit den Jungs. Sie waren nicht sonderlich hübsch aber ich höre wie ihre Herzen das Blut durch ihre Venen pumpt. Also bin ich nicht sonderlich wählerisch. Zumal die Auswahl hier in der Schenke, auch nicht grade die beste ist.
Die Kerle haben keine Ahnung, was einen von ihnen blüht. Ich rieche den Duft ihres Blutes und lausche dem stätigem klopfen der Herzen.
Ich streiche dem einen sanft über den Arm und flirte mit ihnen. Dann wende ich mich den anderen zu und mache es das gleiche. Einige, denen ich grade keine Aufmerksamkeit schenke, versuchen sie dennoch mit kindischer Prahlerei zu bekommen. Ich konnte mir aussuchen wen ich aus deren Gruppe haben will und flüstere einen von ihnen ins Ohr, das er doch mit mir kommen soll.
Er steht auf und reicht mir seinen Arm. Ich hacke mich bei ihm unter und werfe Nik einen kalten herausfordernden Blick zu, bevor wir aus der Schenke spazieren und durch die Nacht wandern. Er führt mich in eine ruhige Ecke des kleinen Dorfes, wo ihn niemand hören wird. Großartig.
"Woher kommen sie Miss?", fragt er höflich. Ich stelle mich vor ihn und lächle ihn an, bevor mir Blut in die Augen schießt und meine Reißzähne zum Vorschein kommen. Erschrocken und voller Panik blickt er auf mich hinab und will schon fliehen, aber ich halte ihn eisern am Arm fest. Ziemlich grob drücke ich ihn gegen die Wand von einem alten Haus und versenke meine Zähne in seiner Hauptschlagader am Hals. Ich trinke sein süßes köstliches Blut und genieße jeden warmen Tropfen der mir die Kehle hinunter läuft.
Als ich von ihm ablasse, klappt er zusammen und fällt leblos auf den Boden.
Sein Herz schlägt nicht mehr und ich lächle zufrieden auf ihn hinab. Sehr lecker.
Ich weiß nicht einmal seinen Namen, aber der ist mir auch relativ egal.
Ich lebe schon zu lange auf dieser Erde, um Schuldgefühle zu haben. Nach ein paar Jahrzehnten habe ich keine mehr gehabt, doch sie kommen immer wieder und treiben mich zu noch schlimmeren Dingen.
Hinter mir steht Nik und beobachtet mich. Ich drehe mich zu ihm und um meine Lippen spielt ein Grinsen. Meine Reißzähne sind mittlerweile wieder verschwunden. Insgeheim vermisse ich sie sogar wenn sie nicht da sind.
Aus meinem Mundwinkel läuft ein kleiner Tropfen Blut, den ich schnell mit meinem Daumen wegwische. Ich mustere sein Gesicht und sehe, wie auch auf seinen Lippen ein kleiner Blut Film ist. Er hatte das Mädchen also getötet.
"Du verscharrst die Leichen. Oder willst du direkt hier einen Mord, bevor du die Stadt überhaupt angefangen hast aufzubauen?", sage ich.
"Wie willst du sie dann eigentlich nennen, Nik?"
"New Orleans", erwidert er trocken und mustert meine Reaktion.
Ich lache. "Und alle sollen vor dir Niederknien? ...Mhh dann lass uns mal anfangen, wird bestimmt ein tolles Specktakel"
"Und deswegen bin ich froh, dass du meine beste Freundin bist. Wir sind tolle Urvampire", bekomme ich als Antwort und bringe mit Nik die Leichen weg.

Alexandria Petrova - The OriginalWhere stories live. Discover now