Out of my league

740 39 20
                                    

Mit einem Klick öffnete sich mein Spind. Immer noch halb schlafend langte ich nach meinem Schulzeug für die erste Stunde. Die komplette Nacht über lag ich wach in meinem Bett und konnte nicht schlafen. Immer wieder hatte ich mich hin und her gerollt, mir ein Glas Wasser geholt oder den Klängen von sanften Klavierstücken gelauscht. Nichts hatte geholfen, ich konnte einfach nicht einschlafen. Es hatte nicht mal einen bestimmten Grund, es war einfach so. Na gut, das war vielleicht ein bisschen gelogen. Es gab da schon so etwas wie einen Grund, weswegen ich nicht schlafen konnte. Um genau zu sein, war es ein Jemand und dieser Jemand trug den Namen Lance McClain. 

Lance McClain war mit Abstand der beliebteste Schüler der ganzen High School. Er war Kapitän des Footballteams, hatte die besten Noten in seinem Jahrgang und war bildhübsch. Oft bewunderte ich seine makellose gebräunte Haut, das angedeutete Sixpack oder seine muskulösen Arme. Seine braunen Haare lagen nach dem Sport wild durcheinander, aber selbst, wenn er sie perfekt gestylt hatte, machten sie immer den Anschein unglaublich ungestüm und weich zu sein. Auch seine kleinen Sommersprossen, die über seinen kompletten Körper verteilt waren, machten ihn so besonders. Genauso wie sein Lachen. Wenn Lance McClain lachte, unbeschwert und frei lachte, dann konnte man nicht anders, als zumindest mit zu grinsen. Doch am aller schönsten fand ich seine Augen. Die Augen, die so blau wie der Ozean waren und im Sonnenlicht so geheimnisvoll funkelten. Das Blau schien unendlich tief und bei jedem erneuten Blick, einen anderen Farbton anzunehmen. Jedes Mal, wenn ich mich in diesem Blau verlor, hatte ich das Gefühl, dass es mich immer weiter hineinzieht, wie ein Strudel auf dem offenen Meer. Ich verlor die Kontrolle und alles um mich herum verschwamm. In solchen gab es nur noch Lance und mich. Mich und mein hoffnungslos verknalltes Herz. 

Ich schüttelte einmal mit dem Kopf um meine Gedanken loszuwerden, denn genau da lag das Problem. Hatte ich einmal damit angefangen, über Lance zu schwärmen, konnte ich nicht mehr aufhören. Und wenn man schon vom Teufel sprach, in diesem Moment begann das Tuscheln hinter mir, so wie das Quietschen sämtlicher weiblicher Lebewesen in dieser Schule. Anders gesagt: So eben marschierte Lance McClain hinter mir den Gang entlang. Ich wagte einen Blick über meine Schulter hinweg und sein Anblick verschlug mir wie immer die Sprache. So wie er da langlief, war ich mir sicher, dass er förmlich strahlte. Sein klares helles Lachen hallte durch die Gänge und er unterhielt sich angeregt mit seinen besten Freunden Hunk und Pidge -ich meine mich zu erinnern, dass ihr richtiger Name Katie Holt war- während die Augen aller auf ihnen lagen. Dieser Fakt schien den Dreien aber nicht aufzufallen oder sie ignorierten es gekonnt. Manchmal, wenn ich wieder nicht schlafen konnte, fragte ich mich, ob man die drei wohl mit den Heathers aus dem Musical und dem gleichnamigen Film vergleichen konnte. Natürlich sind die Drei nicht so hochnäsig und gemein, aber sie haben fast den gleichen Stand an unserer Schule, wie diese Mädchen. 

Ein Seufzen entwich meinen Lippen, dass jedoch zwischen all den anderen Geräuschen unterging. Ja, er war wirklich nicht erreichbar für mich. Unerreichbar, Unantastbar und einfach out of my league. Außerhalb meiner Liga, ja, das war die beste Beschreibung dafür. Im Gegensatz zu ihm war ich nämlich ein Nichts, ein Niemand. Ich trug fast nur schwarze -manchmal waren es auch rote- Klamotten, meine Noten waren durchschnittlich und wenn ich meine Figur hätte beschreiben sollen, hätte ich wohl einfach mit ‚Lauch' geantwortet. Der sinkende Geräuschpegel machte mich darauf aufmerksam, dass die Stunde gleich beginnen würde und ich mich dringend beeilen musste, um noch rechtzeitig zu kommen. Schnell entnahm ich also meine Schulbücher und verschloss meinen Spind, bevor ich zur nächsten Unterrichtsstunde sprintete.

...

Mehr als geschafft ließ ich mich auf den Hocker neben dem großen Piano in unserem Musikzimmer fallen. Der Schultag war anstrengend gewesen und sowohl die Lehrer, als auch meine Mitschüler hatten mich fast in den Wahnsinn getrieben. Umso erleichterter war ich, nun einige Zeit meine Ruhe zu haben. Mein großer Bruder Shiro ist Musiklehrer an unserer Schule und hat mir irgendwann mal den Schlüssel zu diesem Zimmer gegeben, da bei uns in die Wohnung kein Klavier gepasst hat und ich deshalb nur hier spielen kann. Eigentlich ist das natürlich nicht erlaubt, aber ich passe immer extra gut darauf auf, nichts kaputt zu machen und sogar der Schulleiter hat mittlerweile Kenntnis davon genommen, drückt jedoch netterweise ein Auge zu. 

Klance OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt