27

47 4 0
                                    

Liam:

Meine Augen haften auf der blonden Schönheit, die gerade den Laden betritt und alle Blicke auf sich. Wissend schmunzelt sie und bewegt sich mit schwingenden Hüften auf meinen Tisch zu. Die honigblonden Locken umspielen ihr zartes Gesicht, das makellos wirkt. Ihre leicht gebräunte, fast goldene Haut wirkt im Kontrast zu den hellen Haaren und macht sie unnatürlich perfekt. Ihre mandelförmigen, grünen Augen strahlen mich an und werden durch lange, dunkle Wimpern umrandet.

Ihr Aussehen gleicht das eines Engels und doch habe ich eine andere Person im Kopf, wenn ich an einen Engel denke. Ihr zierlicher Körper lässt sich mir gegenüber nieder. Die Schultern sind gestrafft und der Rücken gerade und durchgestreckt. Auf dem Tisch legt sie ihre Arme ab und blickt mir starr in die Augen. Das Schmunzeln liegt trotzdessen auf ihren vollen roten Lippen. "Hallo, Liam", ertönt ihre Stimme, die in den Ohren anderer melodisch klingen musste.

"Freut mich dich zu sehen, Liz." Auch auf meine Lippen legt sich nun ein zaghaftes Lächeln. Sie rümpft ihre Stupsnase und nickt. "Ich wollte mit dir über Lucy reden", spricht Liz ungehemmt. Abwartend ruhen meine Augen auf ihrem Gesicht. Lucy's beste Freundin räuspert sich bevor sie weiterspricht. "Ich bitte dich inständig, dass du Lucy keine Hoffnungen machst. Sie ist mit Prinz Jason verlobt und das ist das Beste, was ihr passieren konnte."

Augenverdrehend seufze ich und lache daraufhin belustigt auf. "Ich mache ihr Hoffnungen, ja. Aber dies mache ich nur, weil es Hoffnung gibt. Hoffnung für sie und mich. Bemerkst du denn nicht, dass sie sich in einem Zwiespalt befindet. Solange sie nicht weiß, was oder wen sie wirklich will, gebe ich nicht auf und kämpfe ich um sie und gebe uns noch nicht auf", gebe ich ihr zu Bedenken und hoffe, dass sie versteht, was ich zum Ausdruck bringen will.

"Lucy weiß nur nicht, was das Beste für sie ist, obwohl er sich schon an ihrer Seite befindet. Du bist Gift für sie. Sie würde alles für dich geben. Egal, ob es ihr Leben, ihre Familie oder ein Leben am Königshof ist. Sie setzt alles daran dich glücklich zu machen und deinen Liebsten zu helfen. Alles was sie tut ist bedenklich und sie zerstört sich selbst, wenn sie nicht ihr Hauptaugenmerk auf sich selbst legt. Doch du bestärkst sie nur darin selbstlos zu sein", vertritt sie weiterhin ihre Meinung.

"Du kannst sie in dem was sie macht nicht einschränken. Sie ist ein Freigeist und lebt ihr Leben, wie sie gerade will. Für ihre Selbstlosigkeit solltest du sie bewundern, denn genau das ist es was Lucy ausmacht. Ihre Charakterzüge zeigen, dass sie besonders ist. Und niemand soll ihr das nehmen. Auch nicht du. Eigentlich solltest du sie, als ihre beste Freundin, in ihrem Tun unterstützen, anstatt über sie zu urteilen." Eindringlich blicke ich in ihre Augen. Doch sie erhält ihre Fassade aufrecht.

"Lucy ist besonders, ja. Aber ihre Selbstlosigkeit bringt sie Schritt für Schritt um. Sie wird daran zu Grunde gehen, wenn sie nicht sofort auf ihr eigenes Wohl achtet. Sie sind ihr auf den Fersen und es wird nicht mehr lange dauern", flüstert sie zum Ende hin. "Wer sind sie?", hake ich nach. "Das tut nichts zur Sache. Du musst dich von ihr fern halten. Lucy hat schon so viel für dich gegeben, weil sie Gefühle für dich hat."

"Wovon sprichst du die ganze Zeit? Sie hat nie wirklich etwas für mich gemacht", zische ich zynischer, als vorgesehen. "Du weißt es nicht", haucht Liz ungläubig,"Sie hat deinen dummen Bruder gerettet." Mein Mund öffnet sich einen Spalt breit und die Erinnerungen an den Maskenball tauchen vor meinem Auge auf. Sie war es. Ich hatte nicht verstanden, warum der König meinen Bruder einfach so frei ließ. Doch jetzt trifft mich die Erkenntnis wie ein Schlag.

Lucy hat ihre Freiheit für mich aufgegeben, um meinen Bruder zu retten. Sie hat uns aufgegeben, damit mein Herz vor dem Schmerz eines Verlustes bewahrt wird. "Verdammt", seufze ich und raufe meine Haare. Liz blickt mich selbstgefällig an, als sie merkt, dass ich endlich begriffen habe. Doch sofort ändert sich ihr Blick und ihre Hand winkt jemanden her. Ich höre das Scharren eines Stuhles, der zurückgeschoben wurde und daraufhin die Glocke ertönen.

Als ich meinen Kopf nun wende, sehe ich nur noch braune wallende Locken, die im Wind wehen. Mein Körper reagiert und springt auf. Ich sprinte aus dem Laden, um ihr hinterher zu rennen. Kälte umgibt mich, als ich das Café verlassen habe und doch spornt mich der Gedanke an Lucy an, um gegen die beißende Kälte anzukämpfen. Ich laufe und spüre, wie mein Körper nachgibt unter der Anstrengung. Langsam setze ich meinen Weg fort. Doch ich kann Lucy nirgends entdecken. Geschweige denn weiß ich wo sie sein könnte.

Trotzdessen gehe ich weiter durch die leergefegten Straßen und setze meine Suche fort. Zitternd schlinge ich die Arme um meinen Körper, um mich etwas zu wärmen. Ausgelaugt lasse ich mich auf einer Bank nieder und blicke auf den Central Park, der vor mir liegt. Ich lasse meinen Blick schweifen, als er an einer Gestalt hängen bleibt. Das Adrenalin pumpt durch meine Adern und sofort bin ich wieder wach.

Ich laufe zu ihr. Sie schläft. Meine Hand legt sich auf ihre Wange. Sie fühlt sich völlig unterkühlt an und der Anblick von ihr schmerzt in meinem Herzen. Einer meiner Arm legt sich unter ihre Kniekehlen und der andere schließt sich um ihre Schultern. Meine Augen ruhen auf ihr. Kleine Steine knirschen unter meinen Füßen, als ich beginne in Richtung unseres Hauses zu gehen.

Die KriegerinWhere stories live. Discover now