2

292 12 1
                                    

Sicht des Mannes:

Das Mädchen, vermutlich 18 oder 19, stieß gegen meine Brust. Mehr als einen erzornten Blick erntete ich nicht. Sie wendete ihren Blick ab und ich bemerkte was sie beschäftigte. Meine Hand griff instinktiv nach ihrer. Nachdem ich sie hochgezogen hatte, flüsterte ich ein "Lauf" in ihr Ohr woraufhin sie verschwand.

"Sir. Kennen Sie die Dame? Sie hat gestohlen und das bereits mehrfach." Entschuldigend blickte ich ihn an. "Nein, ich kenne sie nicht. Tut mir leid."

"Warum halfen Sie ihr?" "Ich wusste nicht, dass sie auf der Flucht ist und dachte, dass es sich gehört einer Frau aufzuhelfen." Sie nickten und schienen mit meiner Antwort zufrieden.

Ich atmete aus als sie weg waren. Tatsächlich hatte ich nicht gelogen. Ich kannte sie nicht oder besser gesagt ich kannte sie aus Geschichten, aber ich hatte sie nie getroffen...bis jetzt.

Ihre blauen, schon fast türkisen Augen jedoch begleiteten mich bis nach Hause. "Unangenehme Begegnung?",grinste mich mein kleiner Bruder an und blickte auf meinen Anzug.

Auch ich ließ meinen Blick nach unten schweifen. Etwas Dreck war dran, aber sonst alles in Ordnung. Ich zuckte nur die Schultern und zog das Sako aus. "Ich hab nur die Unbekannte getroffen."

Fynn sah mich fragend an. "Na die unbekannte Diebin", half ich ihm auf die Sprünge. Er riss seine Augen auf. "Und wie ist sie so?! Erzähl mir alles!"

Tatsächlich war er irgendwie ein Fan von ihr. Er liebte die Geschichten über sie und wollte selbst irgendwann so werden, was er jedoch nicht nötig hatte, da wir genug Geld hatten.

"Sie sah mich nur zornig an nachdem sie gegen meine Brust gelaufen war. Als ich ihr aufgeholfen hatte, lief sie weiter, um den Soldaten zu entkommen."

Fynn staunte. "Wie sieht sie aus? Bestimmt wunderschön", schwärmte der Junge. "Naja. Mehr als ihre Maske und ihre Augen sah ich nicht. Aber ihre Augen waren tatsächlich schön."

"Interessant." Ich lachte auf und klopfte kurz auf seine Schulter bevor ich nach oben ging, um mich aus den Klamotten zu schälen. Fynn war tatsächlich ein kleiner Rebell.

Er war nicht wirklich für die Monarchie, aber dies durfte niemand, außer mir und meinen Eltern, wissen. Auch wir waren nicht wirklich begeistert davon, aber wir akzeptierten es.

Und eben wegen unserer Abneigung gegen die Monarchie und die Grausamkeit des Königs feierten wir Menschen, die dagegen vorgingen umso mehr. Dies war auch einer der Gründe weswegen wir diese Kriegerin mochten.

Mein Vater war Banker. Meine Mutter bekannte Modedesignerin. Und ich...ich war Schriftsteller. Seit der König an der Macht ist, ließ er jedoch jeden Artikel prüfen, damit nichts schlechtes über ihn geschrieben wird.

Dies schränkte einen natürlich sehr ein, aber ich schrieb auch privat. Ich verfasse zurzeit einen Roman. Komplett altmodisch, aber ich tippte diesen sogar auf einer Schreibmaschine ab.

Die meisten modernen Techniken waren verboten, damit wir keinen Kontakt zur Außenwelt aufnehmen können, aber ein PC mit einem Schreibprogramm, jedoch ohne Internetzugang, war trotzdessen drin.

Zu gerne würde ich meine Meinung über die Monarchie und den König schreiben...Dies würde mich jedoch meinen Kopf kosten. Eines Tages würde ich es jedoch tun und somit einen würdigen Abgang machen.

Oft spekulierte ich über ein Manhattan das völlig unabhängig ist, aber das würde es vermutlich nicht geben. Es sei denn es würde einen rießigen Widerstand geben, selbst den würde jedoch die Königsgarde zerschlagen.

Das Mädchen schleichte in meinem Kopf umher und ich hatte unglaublichen Respekt vor ihr. Viele erzählten sie würde jeden töten, der ihr über den Weg lief. Dieser Ausdruck in ihren Augen wirkte jedoch ganz anders auf mich.

Sie hatte etwas ehrliches an sich. Etwas vertrautes und sie schien so sehr an das Gute in Menschen zu glauben. Man sollte sich jedoch nie täuschen. Einige andere Geschichten erzählten davon, dass sie anderen half oder aber auch, dass sie arm war und ihrer Familie half.

Die letzten zwei Geschichten wirkten auf mich plausibler als die erste. Ich hoffe auf ein Wiedersehen mit ihr. Bevor ich jedoch weiter nachdenken konnte, wurde ich durch meine Mum unterbrochen.

"Na wo sind meine zwei Großen?!" Ich lächelte. Meine Beine trugen mich in unser Erdgeschoss und ich umarmte meine Mutter. Als auch mein Vater da war, aßen wir zu Abend.

"Na was habt ihr tolles erlebt heute?", hakte mein Dad nach. Fynn begann zu grinsen. "Er hat heute die unbekannte Räuberin getroffen." Ohne Punkt und Komma brachte er den Satz zu Ende.

Meine Eltern begannen zu lachen. "Ach Fynn. Ich hab sie schon mehrmals an meinem Atelier vorbei rennen sehen. Verfolgt von Soldaten", sprach meine Mutter.

Der Mund meines Bruders klappte auf. "Wo hast du sie denn getroffen, Liam?", fragte mein Vater nach. Ich erzählte die kurze Geschichte und sie schienen erleichtert, dass die Soldaten mich nicht der Beihilfe beschuldigten.

Natürlich war ich froh darüber nicht im Kerker zu sitzen, aber ab und an wäre es schöner nicht in diesem Manhattan leben zu müssen. Ich wollte ein Leben in Freiheit und ohne die Angst, dass mich ein kleiner Fehler mein Leben kosten könnte. Aber davon konnte man vermutlich nur träumen.

Die KriegerinOnde histórias criam vida. Descubra agora