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Liam:

Fuck! Ich hab's versaut, obwohl ich nicht mal der bin, der gelogen hat. Trotzdessen verliere ich sie. An den Thronfolger. Mein Notizblock lag schwer in meinen Händen und nur wenn ich an die Antworten dachte, überkam mich die Wut. War Lucy so schnell über mich hinweggekommen oder hatte sie nie die gleichen Gefühle, wie ich für sie? Es spielt sowieso keine Rolle, denn so wie es scheint, hat sie sich bereits entschieden. Und das obwohl sie die Krone hasste.

Gleich nach dem Interview fuhr ich ins Büro, um den Artikel sofort zu schreiben, damit dieser schnellstmöglich gedruckt werden konnte. Meinem Chef hatte ich die Antworten bereits vorgelegt und er schien zufrieden, da uns die Antworten viel Interpretationsmöglichkeiten ließen. Jetzt saß ich hier, vor meinem Computer, und überlegte mir eine Geschichte, die glaubwürdig erschien.

Natürlich war es nicht die feine englische Art, aber man musste den Lesern etwas liefern und das tat ich indem ich ihnen etwas gab, was sie interessierte. Ich konnte nur hoffen, dass der König sie durchwinken würde, aber wenn er von Lucy wirklich so dachte, wie Jason es berichtet hatte, dann würde er sich über den Bericht sogar freuen. Meine Gedanken waren trotzdessen bei Lucy, da ich sie eigentlich in nichts hineinziehen will, aber ich darf nicht mehr an sie denken, ich muss an mich und meine Zukunft denken.

Ohne weiter zu überlegen, begann ich mit der Arbeit und meine Finger flogen über die Tastatur. Ab und an musste ich den Kopf schütteln, weil ich mir unglaublich verlogen vorkam. Andererseits fühlte es sich gut an, da ich meine angestaute Wut ablassen konnte. Die Zeit schien zu verfliegen. Viele verließen das Büro und ich tippte munter weiter. Ich wollte diesen Artikel fertig schreiben. Ich wollte, dass er bald gelesen wird. Am besten vom ganzen Reich.

Einige Zeit später war ich endlich fertig. Ich hatte ihn bereits Korrektur gelesen und war stolz auf mein Werk.

"Wie die meisten vermutlich wissen, fand vor nicht allzulanger Zeit ein Ball statt, an dem auch der König und sein Sohn, der Thronfolger, teilnahmen. Prinz Jason tanzte mit einer Schönheit, namens Lucy Tembal. Die Beiden schienen sich prächtig zu verstehen und kurz darauf trafen sie sich privat im Palast. Um mehr Informationen über das Treffen preiszugeben, stimmten sie einem Interview zu. Prinz Jason lud sie ein, da er sie besser kennenlernen wollte. An diesem Nachmittag haben sie viele Unterhaltungen über die Zukunft, der jungen Dame, und Politik, geführt und zugleich ein imposantes Mahl genossen. Zudem berichtete der Königs Sohn, dass sein Vater von Lucy begeistert sei und sich über das Treffen gefreut habe. Nebenher zählte Jason die Qualitäten, die eine Frau mitbringen muss, um einen Platz in seinem Leben zu erhalten, auf. Hierbei handelte es sich mehr um Charaktereigenschaften, wie Gutmütigkeit, Stärke und mehr. Des Weiteren muss seine Zukünftige ihn ergänzen, Spaß haben können, aber auch politische Aufgaben erfüllen können und auch ihre Meinung vertreten. Daraufhin meinte er, dass Lucy genau diese Eigenschaften mitbringt. Die Frage, ob weitere Treffen geplant sind, bejahten beide voll Freude. Betrachtet man all das, scheint der junge Thronfolger Gefallen an Lucy gefunden zu haben und auf mehr aus zu sein. Vielleicht geht es in dem nächsten Bericht ja bereits, um die Verlobung, der Beiden. Wir sind gespannt und werden weiterhin über das Geschehen berichten."

So wie ich es geschrieben habe, wirken die zwei, wie verliebte, die schon ihre Hochzeit planen. Wenn ich daran denke, wird mir übel und meine Brust schmerzt. Aber die Blicke, die sie mit ihm ausgetauscht hat, zeugten davon, dass sie mehr Gefühle für ihn hatte, wie er auch für sie. Egal, was in Zukunft passieren wird, ich will, dass sie glücklich wird, ob mit mir oder mit Jason, ist mir egal, aber sie soll ihre große Liebe finden.

Die Frage ist nur, ob Jason ihr wirklich alles geben kann, was sie sich wünscht. Klar, er hat Geld und könnte den Armen helfen, wie sie es mit ihrer zweiten Identität tut, aber ob er das auch wirklich tun würde. Vielleicht würde er auch nur leere Versprechungen geben, oder aber er würde ihnen Lucy zu liebe wirklich helfen. An sich schien mir Jason relativ sympathisch und schien das komplette Gegenteil seinen Vaters zu sein, aber um das wirklich sagen zu können, kenne ich ihn zu wenig.

Aber jetzt muss ich den Bericht erstmal zum Chef bringen, damit er ihn absegnen kann und ihn weiterreichen kann. Vielleicht wird er dann bereits übermorgen in der neuen Ausgabe sein. Wir werden sehen. Mein Vorgesetzter wollte gerade sein Büro verlassen, aber schien gespannt auf den Artikel. Somit nahm er nochmals Platz und sah ihn sich in Ruhe an. Immer wieder nickter er, grinste oder schien nachzudenken.

Letztendlich erhob er sich. "Sehr schön, Liam. Ich werde ihn gleich weitergeben und frühstmöglich in Auftrag geben." Auf meinem Gesicht machte sich ein Lächeln breit. Ich bedankte mich kurz und verschwand auch aus dem Büro. Mein Weg führte mich durch die ärmeren Viertel bis ich an meinem Ziel ankam. Das Cafe. Mein Ruheort. Ich trat ein und mich umgaben die Gerüche von frischgebackenem Kuchen und gerösteten Kaffeebohnen.

Ich nahm an einem der Tische Platz und sogleich kam eine Bedienung. Abwartend blickte sie mich an. "Eine Tasse Kaffee und Waffeln mit Erdbeeren, Sahne und Schokosauce, bitte." Ich weiß nicht was mich geritten hat, das zu bestellen, was Lucy damals hier im Cafe gegessen hat, aber ich hatte das Bedürfnis. Vielleicht konnte ich mich ihr dann näher fühlen.

Kurz darauf kam meine Bestellung und ich begann zu essen. Verdammt war das lecker! Das hätte sie ruhig verraten können. Mein Blick wanderte hinaus aus dem Fenster. Kurz war ich erschrocken, doch dann nahm ein enttäuschter Ausdruck auf meinem Gesicht Platz. Ihre Silhouette zeichnete sich am Fenster ab und sie blickte mich traurig an. Daraufhin wand sie sich zum gehen, doch ihre Träne, die ihre Wange herunterlief, konnte ich sehen.

Schnell warf ich Geld auf den Tisch, zog mir meinen Mantel über und stürmte aus dem Cafe. Ich sah ihre wilde Lockenpracht, bevor sie hinter einer Ecke verschwand. Meine Beine trugen mich hinterher bis ich nur noch ein paar Meter hinter ihr war. Sie drehte sich um. Ihre Augen waren gerötet. Das einzige was ich jetzt tun wollte und dann auch tat, war sie in den Arm zu nehmen. Lucy schluchzte und drückte sich an meine Brust.

Meine Hand streichelte ihr durch das Haar, um sie zu beruhigen. Nach einigen Minuten, in denen wir einfach umschlungen dastanden, löste sie sich und ihre wunderschönen, ozeanblauen Augen blickten mich an. "Es tut mir leid." Ein Wispern, das man fast überhört hätte. Doch ich hatte es gehört. Ihre Stimme war heiser und sie hörte sich verletzt an. Wortlos nahm ich ihre Hand und so gingen wir durch die Stadt.

Die KriegerinWhere stories live. Discover now