21

62 5 0
                                    

Lucy:

Ich stehe noch lange hier. Betrachte die Umgebung und genieße die mir noch bleibende Zeit. Alles muss jetzt schneller gehen. Mein Plan muss demnächst stehen und der Sturz darf auch nicht mehr lange auf sich warten. Ich dachte ich hätte Zeit, doch ich habe falsch gedacht. Das Gute ist, dass bereits in wenigen Tagen ein geheimes Treffen stattfinden wird und ich somit Verbündete sammeln kann.

Wenn ich diese gefunden habe und auch finanzielle Unterstützung erhalte, können wir endlich mit dem Plan beginnen. Es wird viel Arbeit, aber ich glaube daran. Manhattan gehört nicht König Henry. Es gehört dem gesamtem Volk und keiner hat das Recht über alles alleine zu bestimmen. Der König wird noch um sein Leben flehen und auf Knien robben. Aber das wird ihm nichts mehr nutzen.

Meine Beine fühlen sich wie Blei an, als ich den Raum wieder betrete. Liam ist nicht mehr an unserem einstigen Platz zu sehen. Mein Blick sucht ihn, als ich ihn jedoch freudestrahlend in der Ecke stehen sehe, verschwindet meine Sorge. Neben ihm steht Fynn, welcher sich müde an seinen Bruder lehnt. Er trägt einen Anzug und scheint frisch gebadet. Meine Augen wandern zu dem König, welcher mich kritisch ansieht. Ich nicke ihm zu und er tut es mir gleich.

Letztendlich gehe ich zu Liam und Fynn. Der größere der Brüder lächelt mich an und schließt mich in seine Arme. Das könnte vielleicht das letzte mal sein. "Lucy, ein Wunder ist geschehen. Ich weiß nicht wie, aber Fynn wurde gebracht. Einfach so. Ungefähr eine halbe Stunde später nach deinem Tanz mit dem König, welcher danach sofort mit einem Soldaten, der kurz darauf eilig verschwand, gesprochen hat, war er wieder da. Ich könnte nicht glücklicher sein."

Ich lächle halbherzig und versuche meine Sorgen zu verbergen. Er soll daran glauben, dass es ein Wunder ist und ich nichts damit zu tun hatte. Ich will nicht, dass er denkt, er wäre mir etwas schuldig oder hätte Schuld an meinem zukünftigen Leben. Das einzige was ich will, dass er glücklich ist. "Das freut mich. Es grenzt wirklich an einem Wunder. Feiert noch schön." Als ich mich abwenden und gehen will, hält mich Liam an der Hand fest und zieht mich zu sich.

"Bleib, bitte." Ich nicke und lehne mich an Liam's Schulter. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit und ich will die Nähe zu Liam genießen. In meinen Augen bilden sich Tränen und ein Schniefen kann ich nicht unterdrücken. Er scheint es nicht zu bemerken. Mir würde es zu schwer fallen ihm alles zu erklären. Danach würde ich mit ihm reden, aber nicht jetzt. Jason und sein Vater treten nach vorne. Mit Abscheu betrachte ich den Erwachsenen, der zwar Fynn zurück gebracht hat, aber mir mein Leben noch zur Hölle machen wird.

Jason räuspert sich und setzt ein Lächeln auf. "Sehr geehrte Damen und Herren, wenn ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten darf." Die Gespräche verstummen und alle blicken gespannt nach vorne. Einige Frauen streichen ihre Kleider glatt und überprüfen ihre Schminke in einem kleinen Taschenspiegel. "Nach einer Beratung, mit meinem Vater, steht eine Entscheidung fest. Ich möchte die wunderschönste jetzt nach vorne bitten. Lucy Tembal, bitte komm zu mir."

Ich sehe kurz zu Liam auf, der mich verängstigt mustert. Er umklammert meine Hand und sieht mich bittend an. Mein Kopf bewegt sich nach links und rechts und meine Sicht wird unscharf, als ich meine Hand aus seiner löse. Ich recke mein Kinn in die Höhe und schreite selbstbewusst nach vorne. Kurz mache ich halt, drehe mich nochmals um und betrachte Liam. Ich versuche mir alles einzuprägen, denn oft werde ich nicht mehr die Chance haben ihn zu sehen.

Meine Schritte tragen mich weiter und ich trete neben Jason. Er umfasst meine Hand und drückt sanft meine Hand. "Ich möchte mich kurz halten. Diese Frau neben mir ist unfassbar. In jeglicher Hinsicht und ich freue mich sie hier und jetzt zu fragen-" Jason kniet sich nieder und holt eine Schatulle aus seinem Jackett. Diese öffnet er und ein Ring kommt zum Vorschein. Ein Raunen geht durch die Menschenmenge."-ob sie meine Frau werden will?"

Mit einem strahlenden Grinsen sieht er mich an und seine Augen blitzen. "Ja." Meine Antwort ist ein Flüstern und doch hörbar für ihn. Jason erhebt sich, steckt mir den Ring an und wendet sich wieder den Gästen zu. Diese beginnen einen tosenden Applaus zu geben. "Ich danke Ihnen allen und weiterhin noch viel Spaß." Die Musik setzt ein. Und ich stehe noch immer, wie angewurzelt an Ort und Stelle.

Als ich endlich wieder einen klaren Gedanken fassen kann, entferne ich mich von der königlichen Familie. Liam steht immer noch verdattert an einer Wand gelehnt und sieht mich fassungslos an. Schmerz ziert sein Gesicht und so gern ich ihm den Schmerz nehmen würde, kann ich das nicht. Denn ich verspüre ihn auch. Das Atmen fällt mir schwer und mein Herz fühlt sich an, als würde es in tausend Teile zerspringen.

Ich kann nicht mehr. Ich beginne zu laufen und die Menschen sehen mich erschrocken an. Doch ich muss jetzt hier raus. Tränen strömen über meine Wangen. Langsam geben meine Beine nach und ich falle auf meine Knie. Mein Körper zittert und mein Schluchzen hallt im Eingangsbereich. Ich stütze meine Hände auf meinen Knien ab und mein Blick fällt auf den Ring. Er ist weißgold und in der Mitte thront ein wunderschöner, schwarzer Diamant. Darunter sind noch weitere abgesetze Diamanten in schwarz. Zudem sind verschnörkelte Schmiedarbeiten eingearbeitet. Er ist wunderschön, aber ich kann es nicht genießen. Ich will einfach nur noch nach Hause.

Deshalb raffe ich mich auf, wische mir die Tränen von den Wangen und verlasse den Palast. Mein zukünftiges zu Hause. Statt mit einer Kutsche zu fahren, gehe ich. Die Schuhe ziehe ich aus und ich laufe barfuß weiter bis ich endlich an dem bekanntem Ort ankomme. Ich schmeiße alles in die Ecke und begebe mich auf schnellstem Weg in mein Bett. Der ersehnte Schlaf blieb mir jedoch verwehrt und der Schmerz blieb bestehen.

Die KriegerinWhere stories live. Discover now