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Lucy:

Zwei Tage nach dem Gespräch lag die Ausgabe der neuen Zeitung, in der der Artikel veröffentlicht ist, vor mir. Mich wundert es, dass der König den Beitrag durchgewunken hat. Meine Mutter ist ausgerastet, als sie die Zeitung gelesen hat und hat mich über Jason und mich ausgefragt. Daraufhin hab ich sie beruhigt und ihr versichert, dass bisher nichts geschehen ist, was von Interesse wäre.

Ich sitze jetzt am Esstisch und betrachte den Brief vor mir. Er ist schwarz mit dem silbernen Königssiegel versehen. So edel und gleichzeitig so nervenaufreibend. Meine Finger streichen über das raue Papier und mein Körper erschaudert. Alles fühlt sich so unwirklich an. Ich bin mir unsicher, ob ich ihn öffnen soll, aber meine Mutter würde mich köpfen und ihn vermutlich selbst öffnen.

Deshalb nehme ich ihn in die Hand. Meine Finger sind schwitzig und es fühlt sich an als würde ich mich an dem Schreiben verbrennen. Ich wende ihn immer und immer wieder und letztendlich öffne ich den Umschlag und ziehe zwei Zettel hervor. Der eine schwarz mit silberner Schrift. Der andere aus normalen Papier, auf dem mit Tinte geschrieben worden ist. Zuallererst lese ich das schwarze Schriftstück:

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit diesem Schreiben lade ich Sie herzlich zu meinem Maskenball, der im Schloss stattfindet, ein. Seien Sie kreativ und scheuen Sie keine Mühen. Die Kosten und Arbeit werden sich am Ende des Abends auszahlen. Finden Sie sich diesen Samstag um 18 Uhr in meinem Schloss ein.

Ich freue mich auf Ihr Kommen,

König Henry

Verwirrt lege ich das Stück Papier weg und stütze meinen Kopf auf den Arm. Was meint er mit 'Die Kosten und Arbeit werden sich am Ende des Abends auszahlen'. Gibt es etwa eine Überraschung oder Belohnung für die bestgekleidete Frau? Pah, dass ich nicht loslache. Ich schüttel meinen Kopf über diesen Gedanken. Nun wende ich meine Aufmerksamkeit dem einfachen Papiere zu:

Liebste Lucy,

wie du siehst, veranstaltet mein Vater einen Maskenball. Ich kann vermuten, wie du darüber denkst, aber ich würde mich sehr freuen, wenn ich dich auf dem Ball treffen würde. Zudem will ich dich sehen, da ich dich seit unserem letzten Treffen vermisse. Du sollst dich nicht dazu gezwungen fühlen, aber ich wäre sehr glücklich dich endlich wiederzusehen. Man sieht sich, hoffentlich.

In Liebe,

Jason

Ein Lächeln ziert meine Lippen und mein Herz schlägt schneller. Verdammt war er süß. Weiterhin saß ich mit einem Grinsen am Tisch und starrte aus dem Fenster. Jedoch unterbrach mich ein Gedanke: Kleid. Mein glücklicher Ausdruck verschwand und wurde durch einen besorgten ersetzt. Der Ball war übermorgen. Wer soll mir innerhalb von zwei Tagen ein Kleid schneidern? Ich muss wohl oder übel Sarah belästigen.

Mit einem Jutebeutel und Schuhen an den Füßen verließ ich gestresst mein Haus. Auf schnellstem Weg ging ich in Richtung des Ateliers. Dort angekommen atmete ich auf. Zufrieden betrat ich das Gebäude und sofort umgab mich der süßliche Geruch. Sarah kam aus dem hinteren Bereichs des Hauses und begrüßte mich mit einer Umarmung. "Wie kann ich dir helfen, Süße?"

"Wie du bestimmt weißt, findet am Samstag ein Ball im Palast statt?" Um meine Vermutung zu bestätigten, nickte sie. "Das Problem ist, dass ich die Einladung erst heute erhalten habe und noch ein Kleid benötige. Ich weiß, dass ich dich damit überfalle, aber-" Bevor ich ausreden kann unterbricht Sarah mich:"Keine Sorge, ich nähe dir ein Kleid. Hast du schon ein paar Ideen?"

"Nicht wirklich, aber ich weiß, dass ich aus der Masse hervorstechen will. Jedoch soll es nicht zu übertrieben sein und in einer gedeckteren Farbe, aber das ist kein Muss." Sie lachte auf und nickte. "Komm mit nach hinten. Wir besprechen dann weiteres und legen uns Stoffe und das was wir benötigen zu recht." Ich nickte und wir verschwanden nach hinten, wo wir alles was das Kleid betraf, besprachen.

Nachdem wir alles geklärt hatten, verließ ich den Laden. Die kühle Abendluft schlug mir entgegen. Gerade könnte ich Luftsprünge machen. Das Kleid wird vermutlich mein teuerstes, aber auch das schönste. Das Wichtigste aber ist, dass es all meinen Wünschen entspricht. Ich hoffe nur, dass Sarah sich nicht überschätzt hat und die Robe fertig bekommt. Aber so wie ich sie kenne, wird sie sich gleich an die Nähmaschine setzen und beginnen.

Freudestrahlend schritt ich durch die Straßen, als ich einen Schrei ausmachte. Schnell, wie ein Gepard, rannte ich los in Richtung der Rufe. Was ich da erblickte, ließ mich nicht nur den Atem anhalten, sondern auch mein Herz aussetzen. Die Wachen zerrten einen kleinen Jungen die Straßen hinab. Er wehrte sich dagegen, aber sie waren zu stark. Ich war hin und hergerissen. Sollte ich einschreiten oder nicht?

Aber als ich erkannte, wer sich in den Fängen der Garde befand, konnte ich nicht anders als einzuschreiten. Meine Beine beschleunigten und ich lief auf die Soldaten zu. Als ich nur noch wenige Meter entfernt war, verlangsamte ich und pirschte mich an sie heran. Ich musste den Überraschungsmoment nutzen. Der Kleine durfte nicht ins Verlies wandern und ich werde alles nötige tun, um ihn davor zu bewahren.

Die KriegerinWhere stories live. Discover now