Kapitel 6 X

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„Leah? Was machst du denn noch hier?", fragte mein Bruder und trat neben mich. Verwirrt sah er Damian an. „Alles gut bei dir, Bro?", fragte David ihn schließlich. Ja, wie bereits erwähnt waren die beiden gut miteinander befreundet, weshalb es mich auch wunderte, dass Damian mich nicht erkannt hat, immerhin war er schon so oft bei uns im Haus. Unglaubwürdig schaute Damian zwischen David und mir hin und her. Man konnte sehen, wie ihm langsam bewusst wurde, wer ich war. Aber die Verwirrung war ihm immer noch deutlich ins Gesicht geschrieben. Langsam machte er einen Schritt nach hinten und die Falte auf seiner Stirn löste sich. „Klar, ich wollte mir nur mal das Motorrad deiner Schwester anschauen. Ich wusste ja gar nicht das sie fährt", antwortete Damian etwas verspätet und sah dann tatsächlich zu meinem Motorrad. Er klang so überzeugend, dass ich es ihm beinahe abgekauft hätte. „Dann ist ja gut." David drehte sich zu mir. „Dad wartet zuhause auf uns." „Ja, ich mach mich auf den Weg. Ich muss nur auf Charlie warten, damit ich an meinen Helm komme." „In Ordnung, wir sehen uns zuhause." „Wir sehen uns", sagte er zu Damian und schlug ihm beim vorbeigehen leicht auf die Schulter. Genau in dem Moment kam Charlie mit meinem Helm zu uns. Schnell zog ich ihn mir auf und setzte mich auf das Motorrad. „Danke", bedankte ich mich bei ihr und startete den Motor und rollte langsam aus der Parklücke. Als ich mich noch einmal umdrehte, stand Damian ein paar Schritte entfernt und beobachtete mich

*

Etwa 4 Stunden später lag ich auf meinem Bett und schaute meine Decke an, während ich mich Charlie telefonierte. Anscheinend war Damian heute unser Gesprächsthema Nummer eins, denn bereits nach dem ich den Anruf entgegengenommen hatte, fing sie von ihm an. Ich mochte die Richtung, in die sich Charlies Denkverhalten entwickelte, überhaupt nicht.

„Und er hat dich echt nicht erkannt?", frage Charlie und ich konnte hören wie sich ein Lachen unterdrückte. „Nein, ich glaube nicht. Er sah viel zu verwirrt aus als David kam." „Du weißt, das die Sache für ihn noch nicht gegessen ist, oder? Er lässt so nicht mit sich reden", sagte sie und in ihrer Stimme war die Besorgnis deutlich zu hören. Ja, es war gut möglich, dass er sich das nicht so einfach gefallen ließ, dafür war seine Art zu aufbrausend, aber immer noch kein Grund verängstigt durch die Schule zu gehen. „Ja, vermutlich schon. Aber was soll schon groß passieren? Er wird ja wohl keinen verprügeln, nur, weil der Parkplatz besetzt war." Damian mag vieles sein, aber das traute ich ihm nicht zu. „Mach darüber keine Scherze. Du weißt doch selbst, was man alles über ihn sagt. Er ist in einer Gang, kämpft auf illegalen Kämpfen, er..." „Ja, ja. Ich hab's verstanden", unterbrach ich sie und verdrehte meine Augen.

„Leah?", ertönte die Stimme meines Bruders. „Du? Ich muss auflegen, David hat mich gerufen. Ich denke es gibt essen. Wir schreiben nachher, ja?" „Ja, bis später Süße." Gerade als ich den Anruf beendet hatte, rief er erneut meinen Namen. „Ja. Ich komme." Ich rollte mich aus meinem Bett und ging nach unten, wo ich feststellte das weder Dad oder David da waren, noch das es Essen gab. „David?", rief ich nach ihm und ging aus der Küche. „Ich bin oben." War das sein Ernst? Er hätte einfach in mein Zimmer kommen können, aber nein, er hatte sich für die Variante entschieden, das ganze Haus zusammenzuschreien.

An seiner Tür angekommen, klopfte ich kurz und betrat dann sein Zimmer. „Du weißt, das, wenn man klopft man für gewöhnlich auf ein ‚herein' wartet, oder? Sonst hat das Anklopfen nicht wirklich einen Sinn", sagte er grinsend und klopfte neben sich auf das Bett, damit ich mich zu ihm setzte. Das bedeutet nichts Gutes. Entweder er hat scheiße gebaut oder ich. Da ich wissentlich nichts angestellt hatte, musste ihm etwas auf dem Herzen liegen. Wir sprachen beinahe über alles. Er wusste auch das ein paar Leute aus der Schule mir hin und wieder Sprüche nach riefen, weil ich so zurückgezogen war. Schon öfter wollte er in die Schule gehen, aber ich hatte ihn gebeten es nicht zu tun und die Füße stillzuhalten. Es verletzte mich nicht, ich wusste, wofür ich so war.

Ich setzte mich neben ihn und zog ein Bein auf die Matratze. „Also, war vorhin alles in Ordnung? Mit Damian mein ich." Ich nickte einmal. „Er sah nicht besonders glücklich aus." „Ja. Na ja, er fand es nicht besonders toll, dass ich auf seinem Parkplatz stand." Ich zuckte mit meinen Schultern, als David mich besorgt musterte. „Und das ich meinte, er soll nicht rumheulen, fand er noch weniger lustig." David verdrehte grinsend seine Augen. „Es ist echt schön, das du wieder selbstbewusster bist, aber du solltest es nicht übertreiben. Ich kenne Damian und ich weiß, wie er manchmal sein kann, du solltest es nicht überstrapazieren. Wenn du jemanden die Stirn bieten willst, dann mach' das bei jemanden der weniger angsteinflößend wirken kann." Jeder redete schlecht von ihm, dabei war ich mir sicher, dass die meisten die von ihm sprachen, ihn kein Stück kannten. Allerdings, wenn David schon mit Vorsicht an ihn ran ging, sollte man vielleicht wirklich Abstand halten.

DamianWhere stories live. Discover now