Kapitel 55

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Nell's Sicht:

. . .
Mario's Sicht:

Es war still, vollkommen still. Viel zu still. War ich tot? Nein, mein Kopf schmerzte, ich lebte also. Ich öffnete langsam die Augen. An mir selbst schien alles okay zu sein, außer dass ich am Kopf eine kleine Platzwunde hatte. Dann drehte ich vorsichtig den Kopf zu Nell. Und erschrak. Wir waren wohl seitlich in die Bäume gekracht. Die Autotür war eingedrückt und ein paar Äste ragten durch das zersprungene Fenster. Nell hing leblos im Sitzgurt und hatte ihren Kopf an die Lehne gelehnt. Ich wurde langsam panisch.Okay, ganz ruhig.flüsterte ich mir selbst ein. Ich warf einen Blick in den Rückspiegel. Geschockt starrte ich auf das Bild, das sich mir bot. Ein großer Ast hatte sich durch die Seitenscheibe auf der Fahrerseite gebohrt. Der Fahrer lag mit dem Kopf darauf und war blutüberströmt. Außerdem wurde mir jetzt schon fast schlecht, als ich sah, dass das Blut auch über den Ast lief. Und an der rauen Baumrinde klebten kleine Hautfetzen. Der Ast hatte dem Mann die Halsschlagader aufgekratzt. Er war tot. Gewaltsam riss ich meinen Blick davon los. Hektisch und mit zitternden Fingern machte ich meinen Sitzgurt los. Ich rutschte ein kleines Stück zu Nell. Erst jetzt sah ich, dass aus ihrem Mundwinkel Blut hervortrat. Ein Zeichen für innere Verletzungen."Nein! Nein, nein, nein, nein, nein!" sagte ich ängstlich. Vorsichtig machte ich auch ihren Gurt los. Und wieder breitete sich das blanke Entsetzen in mir aus. Ihre linke Seite war ziemlich übel zugerichtet. Das DFB-T-Shirt war zerfetzt und ihre Haut war blutverschmiert. Ich wollte gar nicht weiter hinsehen und schaute in ihr Gesicht. Doch auch ihre linke Gesichtshälfte sah nicht besser aus. Auch sie hatte eine Platzwunde an der Schläfe, nur größer und das Blut lief über ihre Wange. Ich strich ihr die Haare aus dem Gesicht. "Nell? Hörst du mich?" sagte ich mit zitternder Stimme. "NELL!" schrie ich jetzt, doch sie reagierte nicht. Sie durfte nicht tot sein! Mit zitternden Fingern suchte ich den Puls an ihrem Hals. Nichts. Weiter links. Nichts. Weiter oben. Nichts. Weiter unten. Nichts. Doch dann - Bumm. Da war ein schwacher Puls. Ich verweilte kurz an dieser Stelle und wenig später wieder ein schwaches Bumm. Mit tauben Fingern fischte ich mein Handy aus der Hosentasche. "Fuck!" entfuhr es mir, als ich sah dass es hier kein Netz gab. Ich drehte mich um und wollte die Tür öffnen, sie klemmte. So fest ich konnte, trat ich mit dem Fuß dagegen. Es knackte kurz, dann konnte ich sie aufschieben. So vorsichtig wie ich konnte zog ich Nell von der Rückbank und nahm sie im Brautstyle auf meine Arme. Ihr Körper war vollkommen schlaff. Ich blickte den kleinen Hügel hinauf. Der Motorradfahrer war weg. Heftig atmend kämpfte ich mich den Berg nach oben, bis auf die Straße. Weit und breit war niemand zu sehen. Ich ließ mich vorsichtig auf der Straße nieder und nahm Nell's Kopf in meinen Schoß. Dann griff ich erneut nach meinem Handy. Ein Balken. Wen rief ich jetzt an? Ohne weiter zu überlegen, suchte ich Manu in meinen Kontakten. Dann begann ich den Anruf. Es tutete. "Verdammt Manu, bitte geh ran!" rief ich ins Telefon. Es tutete noch einmal. Dann meldete sich Manu. "Mario? Wieso seid ihr denn noch nicht zu-..." "Manu, hör mir zu! Wir... der Fahrer... Nell ist..." stammelte ich. "Okay, ganz ruhig, was ist passiert?" "Wir hatten einen Unfall. Der Fahrer ist... er ist tot und Nell..." "Wo seid ihr?" unterbrach er mich. "Auf dem Weg zurück ins Camp an einer scharfen Kurve am Berg." erklärte ich. "Ich bin sofort da." verkündete er und legte dann auf. Ich warf mein Handy achtlos auf die Straße und zog Nell vorsichtig näher zu mir. Ich fühlte nochmal ihren Puls und hatte das Gefühl er wäre sogar noch schwächer als vorher. "Nell, du musst durchhalten, hörst du?" sagte ich mehr zu mir selbst. Ich fühlte mich so klein in dem Moment. Mit meiner Verlobten in den Armen, die kein Lebenszeichen von sich gab, während meine Tränen auf ihre blutige Wange tropften. Ich blendete alles um mich herum aus. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis ein Auto von Weitem heranpreschte. Wenige Minuten später hielt der Wagen nur ein kleines Stück von uns entfernt. Als ich den Kopf hob, stieg Manu auf der Fahrerseite aus und knallte die Tür zu. Sofort kam er auf uns zu. "Was ist passiert?" fragte er und ließ sich dann vor Nell und mir auf die Knie fallen. Ich deutete den Hügel hinunter, wo der demolierte Kleinbus ruhte. "D-der Fahrer ist tot." murmelte ich. "Ich habe schon die Polizei gerufen. Wir fahren jetzt sofort ins Krankenhaus." sagte er unruhig und fühlte genau wie ich erst mal ihren Puls. Als er wohl dasselbe feststellte wie ich, lief ihm auch eine Träne über die Wange. Er wischte sie energisch weg und nahm Nell dann ebenso wie ich vorhin auf die Arme. Zügig ging er zum Auto. Ich machte die hintere Tür auf. Er setzte sie vorsichtig ab. "Steig ein." befahl er und setzte sich selbst wieder hinters Steuer. Möglichst schnell fuhr er zum Camp. Dort wurden wir von den Anderen erwartet, die Manu offenbar schon vorher informiert hatte. Diesmal hob ich Nell aus dem Auto. Schock breitete sich aus. "Ruft einen Krankenwagen oder einen Helikopter!" rief ich verzweifelt und endlich bewegte sich jemand. Meine Beine drohten nachzugeben. Manu telefonierte hysterisch, also nahm mir Mats Nell aus den Armen. Ich taumelte an ihm vorbei. Wusste garnicht, wohin ich wollte. Irgendwann musste ich abbremsen, weil Miro mir den Weg versperrte. Ich fühlte mich wie eine erbärmliche Memme, als er mich in seine Arme zog und ich stumm an seiner Schulter heulte. "Mario, du musst auch ins Krankenhaus." holte er mich aus meiner Trance. Ich löste mich von ihm und schniefte einmal. "Ich bin okay." beteuerte ich. Gerade als Miro etwas erwidern wollte, hörte man Hubschrauber-Geräusche. Unter dem betroffenen Schweigen hörte sich der Lärm noch lauter an. Der Heli landete mitten auf dem Platz. Als sie eine Trage aufbauten, kam Mats und legte Nell darauf ab. Sie sah schrecklich aus. Und nicht nur meins, sondern auch Manu's und Mats' Shirt waren voller Blut von ihr. Weil Manu als ihr Bruder Vorrang hatte, konnte ich nicht mitfliegen. "Ich muss da hin!" verkündete ich und stolperte auf den Wagen zu. Ich riss die Fahrertür auf, doch Mats knallte sie von der Seite wieder zu. Er packte mich an den Schultern. "In dem Zustand kannst du nicht fahren! Du klatschst dir jetzt erst mal einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf und dann fahr ich dich." Ich nickte bedröppelt und Kevin und Miro schoben mich zum Bungalow. Ich klatschte mir dann wirklich erst einmal kaltes Wasser in mein Gesicht. Weil ich den Anblick von Nell's getrocknetem Blut auf meinem Shirt nicht ertragen konnte, zog ich es mir über den Kopf und warf es in den Wäschekorb. Ich holte mir ein frisches und ging wieder nach draußen. Bevor ich dann zu Mats in den Wagen stieg, klopften mir die Anderen nochmal aufmunternd auf die Schulter. Ich schluckte und zog dann die Tür zu. Mats startete den Motor und fuhr dann auch los. "Willst du nicht vielleicht mal Marco anrufen?" meinte er irgendwann. Stimmt, er hätte mich bestimmt sofort als erstes angerufen. Glücklicherweise hatte ich mein Handy vorhin nicht einfach auf der Straße liegen lassen und wählte jetzt also Marco's Nummer. Es tutete nur einmal, dann ging er ran. "Eeyy Mario, rufst du auch mal wieder an! Was gibt's?" begrüßte er mich überschwänglich. "Ma-Marco... E-es geht u-u-um Nell." stammelte ich leise. "Hä sag mal Bro, weinst du?" wollte er verwirrt wissen. "Ich..." begann ich, da riss mir Mats das Handy aus der Hand. "Hallo Marco, hier ist Mats... ...Ja kann ich dir sagen, was mit ihm los ist... ...Er und Nell hatten einen Autounfall... ...Im Krankenhaus und da fahren wir jetzt auch hin... ...Du willst was?!" Dann legte er auf. "Marco nimmt den nächsten Flug." berichtete Mats. Ich sah ihn erstaunt an. Dann nickte ich nur, weil ich irgendwie meine Stimme verloren hatte. Als wir am Hospital ankamen, stürmte ich direkt zum Eingang. Mats kam mir kaum hinterher. Im Krankenhaus sprachen sie teilweise deutsch. So drängelte ich mich an der Anmeldung vor und überfiel die Schwester dort. "Können Sie mir sagen, wo Elena Neuer ist? Sie wurde mit dem Hubschrauber eingeliefert." "Name?" wollte sie seelenruhig wissen. "Mario Götze." Jetzt erst hob sie den Kopf und sah mich misstrauisch an. "Können Sie mir nun sagen, wo sie ist?" drängte ich weiter. "Sind Sie verwandt?" fragte sie. "Er ist ihr Verlobter und jetzt lassen Sie uns doch nicht so lange warten!" beschwerte sich Mats lautstark. "Ist ja schon gut. Dort den Gang runter und links." gab sie nach und deutete in die besagte Richtung. Sofort strebte ich den Gang an und Mats folgte mir. Nachdem wir links abgebogen waren, entdeckte ich Manu auf einem Stuhl sitzen, den Kopf in die Hände gestützt. "Wo ist sie?" machte ich auf mich aufmerksam. Manu schreckte hoch. "Sie wird operiert." meinte er nur und nahm dann wieder seine niedergeschlagene Haltung an. "Und das Baby?" fragte ich weiter. "VERDAMMT ICH WEIß ES NICHT!" schrie er mich an, entschuldigte sich aber direkt wieder. Mats setzte sich irgendwann neben Manu und ich gegenüber. Ich sah immer wieder auf meine Uhr, was eigentlich eine schlechte Idee war, denn es war die, die Nell mir zum Geburtstag geschenkt hatte, wo wir beide auf dem Ziffernblatt waren. Seit über zwei Stunden saßen wir jetzt dort. Dann endlich kam ein Arzt heraus. Manu und ich sprangen auf. Er konnte auch einigermaßen Deutsch und meinte an Manu gewandt "Ihre Schwester hat die OP gut überstanden und es gab keine großen Komplikationen." Lag es an der typischen Miene eines Arztes oder stimmte irgendetwas nicht. "Ist sie außer Lebensgefahr?" hakte ich nach. "Sie hat schwere innere sowie äußere Verletzungen und somit viel Blut verloren." berichtete er. "Und das heißt?" fragte Manu weiter. Musste man diesem Typen denn alles aus der Nase ziehen?! "Nun ja, sie ist kurz nach der OP ins Koma gefallen. Vermutlich wegen des Phötus." "Wie bitte? Was ist mit dem Kind?!" rief ich aus. "Sind Sie der Vater?" wollte er wissen. Energisch nickte ich. Er legte seine Hand auf meine Schulter. "Es tut mir leid. Die Verletzungen sind zu groß. Wir mussten ihr Kind entfernen."Wir mussten ihr Kind entfernen. Wir mussten ihr Kind entfernen.Mats und Manu würdigten mich mit einer Mischung aus Angst, Trauer, so vielen weiteren Emotionen und einem Nicht-Ausrasten-Blick. Ich schluckte den Kloß hinunter, der sich in meinem Hals festgesetzt hatte. "K-kann ich zu ihr?" fragte ich leise. Er nickte. "Sie liegt auf der Intensivstation." meinte er und zeigte in die entsprechende Richtung.

...Wir mussten Ihr Kind entfernen ...

HEY, NA ALLES FIT IM SCHRITT? :'D NEIN SCHERZ, ALSO: ICH HOFFE MEINE HÜBSCHEN, ICH ENTTÄUSCHE EUCH NICHT ZU SEHR DAMIT UND IHR BLEIBT MIR TREU! UND SELBST WENN NICHT, ICH SCHREIBE TROTZDEM WEITER. NUR SO KLEINER TIPP AM RANDE: ICH BIN KEIN FAN VON SAD ENDS (IST DAS DAS GEGENTEIL VON HAPPY END? EGAL AUF JEDEN FALL MEINE ICH DAS XD) ;D ALSO BIS ZUM NÄCHSTEN MAL. ACHSO UND: YEEEY WIR SIND IM ACHTELFINALE XD

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt