Kapitel 152

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Nell's Sicht:

"Verdammt, das kann doch nicht sein! Die Tür ... muss ... aufgehen! Naaargh!" regte ich mich auf und ließ dabei meine Wut an der unschuldigen Tür aus, indem ich auf sie einschlug, was Marco dagegen längst aufgegeben hatte. Ich lehnte nun meine Stirn gegen die Tür und klopfte nur noch resignierend und kraftlos mit der Faust dagegen. Marco nahm mein Handgelenk und zog mich von der Tür weg. Meine Haare hingen mir wirr im Gesicht, die Marco nun nach hinten strich. "Spätestens beim Training schickt Löw jemanden los, um uns zu suchen." versuchte er, mich zu beruhigen. "Ich muss aber jetzt zu Mario. Ich will doch nicht schon wieder Streit." jammerte ich. Marco stieß den Atem aus. "Das hättest du dir vielleicht überlegen sollen, bevor du deine ehemalige Affäre geküsst hast." murmelte er. Ich wich etwas zurück und schlug seine Hand weg, die bis eben immernoch mit meinem Haar beschäftig war. "Ich habe Marcel nicht geküsst!" rechtfertigte ich mich. Marco hob die Augenbrauen. "Was dann? Hattest du Schwerkraftsprobleme und die Gravitation hat dich versehentlich in seine Arme geschleudert?" Ich presste die Lippen aufeinander und senkte den Blick. Ich drehte an meinem Verlobungsring, dann begann ich, daran zu zerren. Marco sprang sofort von seiner an der Untersuchungsliege lehnenden Position auf. "Was machst du denn da?!" rief er aus. "Ich kann auch gehen. Zu Marcel gehe ich aber nicht zurück." murrte ich. Marco packte meine Hand und entriss mir den Ring, den ich eben abgenommen hatte. "Jetzt lass den Scheiß! Ich hab's kapiert!" fuhr er mich energisch an und steckte mir den Ring gewaltsam wieder an den Finger. Ich warf den Kopf hoch und funkelte ihn an. "Es tut mir doch leid." lenkte er ein, bevor ich etwas sagen konnte. Ich schnaubte. "Ach verdammt, wie konnte ich mich jemals auf einen Fußballer einlassen?!" motzte ich vor mich hin. Marco entfuhr ein kurzes Lachen. "Das ist nicht lustig! Euch für alles Negative zu entschuldigen lernt ihr doch schon für die Interviews." murrte ich. Marco legte den Kopf in den Nacken und lachte herzlich. "Oh Kleines... Wo lernt ihr Frauen denn dann die Dramaturgie?" meinte er mit einem mitfühlendem Grinsen. "Wer hat denn Mario erzählt, ich wolle unbedingt Kinder, hm?" konterte ich grimmig. Marco sog die Luft ein und kratzte sich am Hinterkopf. "Fast wäre das schon im Streit geendet. Du weißt genau, dass das bei uns nicht so einfach ist." erzählte ich und lief zum Schreibtisch, um am Pc die neuen Akten für die kommenden Spiele durchzugehen, wenn ich schonmal hier war. "Hä, wieso? Bei Mario ist doch wortwörtlich alles fit im Schritt, er ist zeugungsfähig - manchmal ein Bisschen zu sehr - was willst du mehr?" meinte Marco. Ich warf ihm einen Blick zu, der Bände sprach. "Müssen wir jetzt über Mario's Spermienzustand sprechen? Du weißt doch genau, was ich meine. Wir sind uns beide nicht sicher, Marco." versuchte ich, ihm klar zu machen. "Glaubst du wirklich, das könnt ihr jemals werden?" Ich blieb still, richtete meinen Blick auf den Bildschirm. "Nein, genau aus dem Grund habe ich ja solche Angst vor einer Schwangerschaft." nuschelte ich kaum hörbar vor mich hin. Ich spürte Marco's misstrauischen Blick auf mir. Hatte er mich jetzt gehört oder nicht? Er begann, die Regale zu durchstörbern. Er nahm eine Schachtel heraus. Ich schielte aus dem Augenwinkel zu ihm. Erschrocken drehte ich den Kopf ganz. Ich sprang auf und riss ihm die glücklicherweise noch verpackte Nadel aus der Hand. "Fass hier einfach nichts an, ja? Gar nichts." befahl ich ihm und schob die Glastür des Regals zu. "Warum musstest du eigentlich heute Morgen so dringend herkommen?" erkundigte er sich, während ich mich wieder am Schreibtisch niederließ. "Ultraschall-Untersuchung." antwortete ich gedankenverloren. "Wozu?" wollte er wissen. "Ich musste eine Schwangerschaft feststellen." sagte ich. Auf einmal stand er hinter mir, packte meine Schultern und drehte mich auf meinem Drehstuhl zu ihm um. "Bist du schwanger?" Ich sah ihn nur ungläubig an. "Hä warum... Nein, ich... Doch nicht bei mir." widersprach ich verwirrt. "Bei wem dann? Basti? Lukas? Thomas? Du bist die einzige Frau hier!" meinte er. Ich sah ihn einfach nur ratlos an. Er ging vor mir in die Hocke und schob seine Hand unter meinen Pulli. "Na du? Hier ist Onkel Marco." säuselte er und tippte meinen Bauch an. Mal wieder schlug ich seine Hand weg. "Marco, ich bin nicht schwanger! Ich habe doch von Sarah erzählt. Darum ging es." verriet ich ihm. Er sah mich nur an. "Du bist nicht schwanger?" wiederholte er. "Nein, bin ich nicht. Und dazu wird es auch in näherer Zukunft erst gar nicht kommen." sagte ich. Marco runzelte die Stirn. "Wie meinst du das?" fragte er. "Enthaltsamkeit bis zur Hochzeit." erwiderte ich nur. Marco erhob sich. "Ohje, der arme Mario. Kein Wunder, dass er allein bei dem Gedanken schon 'nen Testosteronüberschuss hat." seufzte er. "Ich glaube kaum, dass er sich deswegen so aufgeregt hat, was den Kuss betrifft." murmelte ich. Ohne mich zu beachten, ging er zum Fenster und riss es auf. "Was hast du denn vor?" fragte ich. "Du musst jetzt zu Mario. Testosteron kann man nur mit Testosteron bekämpfen." erklärte er und lehnte sich rückwärts aus dem Fenster, um nach oben sehen zu können. "Und was soll ich tun?" hakte ich nach. "Ihn verführen. Pool, heiße Wäsche, Kerzen..." antwortete er. "Ich will ihn aber nicht verführen. " widersprach ich. Marco wandte sich nun wieder an mich und nahm mich bei den Schultern. "Der nimmt jetzt alles, was er kriegen kann. Glaub mir, er verzeiht dir alles. Aber am besten so schnell wie möglich." forderte er, packte mich an der Taille und schob mich vor das Fenster. "Schau, da oben kannst du dich an der Brüstung hochziehen." sagte er und zeigte auf den Balkon schräg über uns. Er hob mich bereits auf die Fensterbank. "Warte, warte. Marco, wie soll ich ihn denn zum Pool lotsen?" hielt ich ihn auf. "Ich mache das schon, du musst mich einfach rauslassen. Den Pool organisierst du selbst." entgegnete er und schob mich wieder an. "Aber was ist, wenn er nicht auf dich hört?" bohrte ich wieder nach. Er verdrehte genervt die Augen. "Weißt du, wir Männer, wir machen das nicht so kompliziert. Wir schlagen uns einmal auf die Schulter und gut ist." erklärte er und boxte mir demonstrativ gegen die Schulter. Ich schüttelte den Kopf und zog mich nun am Fensterrahmen hoch. Dann fiel mir doch noch etwas ein. "Marco..." "Was denn jetzt noch?" drängte er genervt. "Ich wollte dich schon die ganze Zeit fragen, ob du mein Trauzeuge werden willst." ratterte ich herunter. Er starrte mich einen Moment lang an. "Ist das dein Ernst?" hakte er nach. "Nein, das ist mein Dieter." scherzte ich. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. "Du kriegst jetzt Mario rum und nach dem Training reden wir weiter." drängte er und deutete nach oben. Er half mir ein Wenig, als ich mich also nach oben zog. Erschöpft lag ich schließlich erstmal kurz regungslos auf dem Balkon. Dann riss ich mich zusammen und rappelte mich auf. Vorsichtig linste ich in das Zimmer. Niemand da. Wer wohnte hier überhaupt? Ich schlich Richtung Tür, als ich eine Stimme aus dem Bad hörte. "Oh shit." keuchte ich, als ich die Stimme erkannte. Jogi. Möglichst leise huschte ich zur Tür, vergewisserte mich, dass auf dem Gang niemand war und entschwand Richtung Treppenhaus. Ich begab mich ins Erdgeschoss und öffnete Marco mit etwas Hilfe einer Zange die Tür. Wir sprachen uns kurz ab, dann ging er zu Mario und ich in mein Zimmer, um Klamotten zu holen.

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt