Kapitel 157

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Mario's Sicht:
Nach einigen Sekunden der Stille sah ich wieder meine Verlobte an. Die erwiderte meinen Blick auch sofort. Der geschockte Gesichtsausdruck, der eben ihre Züge geschmückt hatte, als Marco uns unterbrochen hatte, wich einem mitleidigen Blick. "Mario, es tut mir leid, aber mir ist das wirklich wichtig, ich kann jetzt nicht einfach-..." "Schon gut, ich geh mir dann mal einen runterholen." scherzte ich und machte mich auf ins Bad. Sie griff nach meinem Handgelenk und zog mich zurück. "Komm, sei nicht albern. Vorschlag: Du entspannst dich jetzt und ich massier dich." schlug sie vor. Ich seufzte. "Also schön, die Lust auf Sex ist mir jetzt sowieso vergangen. Auch wenn es...vielleicht nicht so aussieht." stimmte ich zu und kratzte mich am Hinterkopf. Mit dem Kinn deutete sie auf die Couch. Ich ging ihrer Aufforderung nach und legte mich auf das Sofa. Vorher zog ich aber noch mein Oberteil aus. Ich stöhnte erstmal stockend auf, weil es sehr schmerzhaft war, sich jetzt auch noch auf den Bauch zu legen. Nell setzte sich auf meinen unteren Rücken, setzte die Finger auf meiner Wirbelsäule an und fuhr dann mit festem Druck bis zu meinem Hinterkopf. Am Nacken angekommen biss ich die Zähne zusammen und schloss die Augen. Nell hielt Inne. Dann fuhr sie mit der flachen Hand liebevoll über die schmerzende Stelle. "Alles in Ordnung? Du bist schon wieder extrem verspannt." stellte sie fest. "Ich habe mich die ganze Zeit mit unserer Hochzeit beschäftigt, aber gestern musste ich mich erstmal mit Sarah, Manu und Fabi rumschlagen, weil-..." setzte ich an und richtete mich leicht auf, um besser mit ihr sprechen zu können, doch sie drückte mich runter, was mir ein erneutes, schmerzerfülltest Stöhnen entlockte. "Ich weiß wieso. Marco hat mir davon erzählt. Anfangs habe ich nichts davon gehalten, aber andererseits... Irgendwie gehört es eben dazu und vielleicht solltest du es dir einmal mit deinen Jungs richtig gut gehen lassen auf dem Junggesellenabschied." meinte sie. "Solange nicht so ein Scheiß rauskommt, wie letztes Mal, als ich mit meinen Jungs beim Paintball war, meinst du?" gab ich zurück. Erneut stockten Nell's Bewegungen kurz. "Ich hoffe du bist schlau genug, sowas nicht nochmal zu tun. Genau wie alles andere." sagte sie leise. Ich konnte mich nicht aufrichten, weil sie mich weiterhin daran hinderte. "Ich habe daraus gelernt." versicherte ich ihr. Sie sagte nichts. Jetzt musste ich mich doch drehen und sie ansehen. Sie rutschte mir dabei direkt in die Arme. "Nell, vertrau mir! Du weißt, dass ich mich geändert hab." sagte ich. Sie zögerte viel zu lange, bis sie ein Nicken zustande brachte. Dann wich sie meinem Blick auch schon aus. Ja, es tat mir weh wie sie reagierte, so wie als sie mir gesagt hatte, dass sie wegen mir daran zweifelt, Kinder bekommen zu wollen. Aber irgendwie konnte ich sie verstehen. Ein größerer Vertrauensbeweis als einen Heiratsantrag anzunehmen gab es wohl kaum, aber da überwog bei Nell offensichtlich die Liebe. Erarbeiten und verdienen konnte ich mir ihr Vertrauen längst nicht mehr. Es musste einfach passieren. Vielleicht in dem Moment, wenn ich ihr den Ring an den Finger stecken werde, vielleicht wenn wir zusammenziehen. Vielleicht später. Ich zog sie in meine Arme, sodass sie den Kopf auf meine Brust legte und ich ihr gedankenverloren das Haar hinter ihr Ohr strich. Immer wieder zog ich eine Strähne hervor, wickelte sie um meinen Finger, drehte sie wieder auf und strich sie zurück. "Soll ich die Hochzeit verschieben?" fragte ich irgendwann in die Stille hinein. Sie hob überrascht den Kopf. "Du hast einen Termin bekommen?" hakte sie nach. Ich nickte langsam. "Ich war so glücklich und da dachte ich, warum warten? Der Termin wäre in zwei Wochen, aber...vielleicht war das doch zu voreilig." zweifelte ich. Sie sah mich an. "Weißt du noch, was ich in der Nacht gesagt habe, als ich deinen Antrag angenommen habe?" fragte sie mich. "Ähhh... Dass du mich heiraten willst?" erwiderte ich verwirrt. Sie rutschte etwas nach oben und sah mir direkt in die Augen. "Genau. Denkst du ich hätte ja gesagt, wenn ich eigentlich noch warten wollen würde? Ich hätte dich auf der Stelle geheiratet. Marco war nur leider nicht dazu befugt uns zu trauen." meinte sie. Ich musste leicht grinsen. "Wahrscheinlich wird ein Ja nie wieder so viel Bedeutung haben als an diesem Tag, von daher will ich dass du dieses Ja auch aus Überzeugung sagst. Oder das Nein..." sagte ich leise. Sie legte die Hände an meine Wangen. "Mario, ich würde - nein, ich werde - nicht Nein sagen." versicherte sie mir. "Du zweifelst doch an mir. Ich bin zwar nur Fußballer, aber nicht völlig verblödet." entgegnete ich. Ich sah kurz weg, doch als ich ihr wieder in die Augen blickte, glänzten diese. "Du bist nicht nur Fußballer. Du magst viel Geld verdienen, ja. Zu viel, als dass man es einem Bauarbeiter, der sich den Rücken krumm schuftet gegenüber als fair bezeichnen könnte. Aber du machst damit so unglaublich viele Menschen glücklich. Bei der WM zum Beispiel lagen sich Millionen in den Armen und haben vielleicht für ein paar Sekunden ihre Sorgen vergessen. Und weißt du, wer am glücklichsten war? Ich. Und ja danach hast du mich - ein paar Mal - sehr verletzt. Aber du konntest mich überhaupt erst so tief verletzen, weil ich dich verdammt nochmal liebe." Nachdem sie sich vor allem in den letzten Satz so hineingesteigert hatte, kullerte eine kleine Träne über ihre Wange. Ich verfolgte sie mit den Augen, wie sie über ihr liebliches Gesicht rann, dann kurz an ihrem Kinn verweilte, um schließlich auf meiner nackten Brust zu landen. Ich sah sie beinahe erschrocken an. Bevor ich reagieren konnte, krabbelte sie von mir herunter ans andere Ende der Couch, zog die Beine an und wischte sich über die Augen. Ich richtete mich nun ebenfalls auf und musterte sie einen Moment stumm. "Ich zeige dir zu wenig, wie viel du mir bedeutest, stimmt's? Sonst wärst du jetzt nicht so still." flüsterte sie. "Wie kommst du darauf?" gab ich zurück. "Marco hat vor einer Weile so etwas gesagt. Und gestern als wir ein Brautkleid gekauft haben... er musste mir erstmal erklären, warum ich mich in dem Kleid wohl fühlen soll." antwortete sie immernoch leise. Ich rutschte zu ihr, legte den Arm um ihren Rücken. "Bin ich zu kalt zu dir?" fügte sie nun hinzu, starrte aber geradeaus. "Kalt? Du und kalt? Nell, du bist so herzlich und liebevoll. Hast du denn vergessen, wie du dich bei der WM um uns alle gekümmert hast? Und das obwohl du zu dem Zeitpunkt schwanger warst." Eine weitere lautlose Träne rann über ihren leicht geöffneten Mund, wo sie auf ihre Unterlippe tropfte. Und ich dachte, ich würde es nicht mehr soweit bringen, diesen Anblick ertragen zu müssen. "Das ist es ja. Bin ich noch die, die du damals kennen gelernt hast?" fragte sie mich nun und sah mich für einen kurzen Augenblick an. Ich lachte leise auf. "Nell, ich kenne dich seit ich ein pubertierender Junge im Stimmbruch war und habe dich immer wieder aus den Augen verloren, aber du hast dich nie verändert. Du bist reifer geworden. Damals warst du jung und emotional am Ende. Und als ich dich wieder treffen durfte warst du selbstbewusst und erwachsen. Erst als wir uns näher kamen habe ich bemerkt, dass du immernoch dieselbe bist. Du liebst aus voller Überzeugung und für immer, das weiß ich besser als jeder andere. Aber ich weiß eben auch, dass du versuchst dich zu schützen, wenn dir jemand weh tut. Wahrscheinlich auch besser als jeder andere." erklärte ich ihr. Sie schluchzte leise auf. "Scheiße man!" fluchte sie. Ich legte meine andere Hand auf ihr Knie. "Was?" wollte ich wissen. "Du kannst deine Gefühle viel besser ausdrücken. Womit hab ich dich verdient?" Ich strich ihr das Haar hinter ihr Ohr. "Ich frage mich ständig was Gott gesoffen haben muss, als er dich mir spendiert hat. Hast du mir je weh getan?" fragte ich. Langsam sah sie mich an. "Ich weiß es nicht..." murmelte sie. "Ja, hast du. Und zwar jedes Mal, wenn du wegen mir dein bezauberndes Lächeln verloren hast. Aber das ist alles Nebensache, wenn du mir einmal dein Lächeln zeigst. Und das ist mehr als jedes Wort, das du mir sagen könntest. Ich bin der Quassler in dieser Beziehung." machte ich ihr klar. Sie lächelte nun tatsächlich leicht. Ich griff nach ihrer Hand und legte sie auf meine Brust. "Da. Spürst du, wie mein Herz hämmert, wenn du lächelst?" fragte ich sie. Sie sah von ihrer Hand auf meiner Brust auf in meine Augen. Dann nickte sie leicht. Ich streichelte ihren Handrücken weiter, währemd ich mich vorlehnte. Unsere Lippen berührten sich kurz. "Ich weiß, es ist nicht so einfach, aber versuch mir zu vertrauen." hauchte ich ihr entgegen. Sie drehte sich nun vollständig zu mir und legte die freie Hand in meinen Nacken, den sie leicht kraulte. Ein schwaches Lächeln erschien auf ihren Lippen. "Ich liebe dich." sagte sie. Ich spürte die Dringlichkeit ihrer Worte. Sie wusste nicht, wie sie sich und ihre Gefühle ausdrücken sollte. Stattdessen versuchte sie mir das alles einfach zu vermitteln. Mit ihren Augen. Ihren Fingern auf meiner Haut. Einfach allem. "Ich weiß, Nell. Ich liebe dich auch." erwiderte ich also. Dann küsste ich sie ein weiteres mal sanft. Ich nahm ihre Hand von meiner Brust und verschränkte ihre Finger mit meinen. "Bald haben wir den selben Ring am Finger." flüsterte sie. "Vorausgesetzt der Termin steht." erwiderte ich. "Marco darf uns ja leider immernoch nicht trauen, also wohl oder übel erst in zwei Wochen." Ich lächelte sie an. "Weißt du wie aufgeregt ich im Brautmodengeschäft war? Ich wollte dieses Kleid unbedingt sehen." wechselte ich das Thema. Sie lachte leise. "Weißt du wie nervös mich das macht, dass du hier aufgetaucht bist?" gab sie zurück. "Wieso? Habt ihr das Kleid hergebracht?" fragte ich sofort neugierig. "Eventuell..." grinste sie. Ich sprang sofort auf. "Ich will es sehen." verkündete ich. Sie erhob sich nun ebenfalls. "Nein! Du darfst nicht." widersprach sie und zog an meinem Arm. Als ich Anstalten machte, mich los zu reißen, schlang sie die Arme von der Seite um meinen Hals und hielt mich gewaltsam zurück. "Wehe du suchst das Kleid! Das ist geheim, Mario!" beschwerte sie sich. "Aber diese verdammte Neugier frisst mich auf! Komm schon, nur ganz kurz." schmollte ich und versuchte ihre Arme von mir zu lösen. "Nein!" meinte sie nur. Ich gab das Handgemenge auf und hob sie hoch. "So, das dürfte gehen." verkündete ich und wollte wieder loslaufen, als sie begann zu zappeln. "Du Mistkerl! Das kannst du nicht bringen!" beschwerte sie sich, musste zugleich aber lachen. "Siehst du doch, dass ich es kann." antwortete ich ebenfalls lachend. Sie schlang nun ihre Beine so um meine, dass ich nicht einen Schritt gehen konnte, ohne zu stolpern. "Du bist echt hartnäckig." stellte ich fest. "Das sagst gerade du!" meckterte sie, löste ihre Beine von mir und stellte sie wieder auf den Boden. Dann zog sie mich an meinem Nacken zur Couch. "Tzz, na gut." gab ich schließlich grinsend nach, nahm sie bei der Taille und schupste sie mehr oder weniger auf die Couch. Sie aber klammerte sich an mir fest, sodass ich gleich hinterher fiel. Lachend lagen wir nun übereinander. Sie fuhr mir mit den Fingern durch die Haare. "Wir müssen noch so viel für die Hochzeit planen. Einladungen, Hochzeitstorte, Kirche... und..." Ihr verträumtes Lächeln verschwand und sie sah mich erschrocken an. "Die Ringe." vervollständigte ich. "Wir haben keine Ringe!" verdeutlichte sie. Ich lächelte. "Die kriegen wir schon noch. Und im allerschlimmsten Fall lass ich uns so lange welche aus dem Kaugummi-Automaten, bis wir zwei identische haben." grinste ich und kam ihr dabei näher. "Und was machst du mit dem ganzen Kaugummi?" nuschelte sie ebenfalls grinsend. "Vernaschen." antwortete ich verführerisch. "Reden wir wirklich beide von Kaugummi?" fragte sie. Ich gab ein leises, dreckiges Lachen von mir, bevor ich unsere Lippen zu einem Kuss verschmelzen ließ. Als meine Zunge ihre Unterlippe streifte und um Einlass bat, schob sie mich weg. "Das reicht. Wir wollen doch dein Problem nicht wieder hervorrufen, damit du nicht schlafen kannst." hielt sie mich auf. "Habe ich schonmal erwähnt, dass ich diesen Brauch hasse?" seufzte ich und legte mich nun richtig hin, den Arm um Nell gelegt. "Es geht nicht nur um den Brauch. Im Nebenzimmer liegt unser bester Freund, der von der NSA ausgebildet wurde und von dem ich nicht beim Sex gestalkt werden möchte. Was hattest du es vorhin überhaupt so eilig?" wollte sie nun wissen. Ich verdrehte die Augen. "Ich hab dich erstens viel zu lange entbehren müssen und zweitens musste ich irgendwie meinen Stress abbauen, nachdem mein Bruder, deiner und seine Frau mich äußerst indiskret zu unserer Hochzeit befragt haben." Nell gähnte nur. "So langweilig, was ich erzähle?" lachte ich. "Hallo, mein Tag war anstrengend, ich brauche auch mal Schlaf. Morgen werden wieder alle mit Wehwehchen ankommen und ich kann unsere Kollegen ja nicht im Stich lassen." rechtfertigte sie sich. "Ich bin doch auch dein Spieler. Mich musst du auch pflegen." beschwerte ich mich. "Was auch immer du unter 'pflegen' verstehst, bevor wir heiraten, müssen noch zwei Spiele absolviert werden." Ich grummelte nur. "Gute Nacht." hauchte sie mir ins Ohr und kuschelte sich an mich. Ich schloss daraufhin ebenfalls die Augen und schlief nach wenigen Minuten ein. Ein traumloser Schlaf wurde unterbrochen, als ich Marco's hässliche Lache vernahm. Ich blinzelte. Mit einem Blick über Nell's Körper hinweg, fiel mein Blick direkt auf Marco, der sein Handy, beziehungsweise die Kamera, auf uns gerichtet hatte und vor sich hin kicherte. "Was machst du da Alter?!" fuhr ich ihn an, wodurch auch Nell wach wurde. Normalerweise hatte ich doch den festen Schlaf. Marco senkte beim Laut meiner Stimme sofort sein Handy und starrte mich geschockt an. Nell hob den Kopf und verrenkte den Hals, um Marco anzusehen. Dann legte sie die Stirn wieder an meine Brust. "Hat er wieder ein Foto gemacht?" nuschelte sie. "Ich kann mir das doch nicht entgehen lassen." lachte Marco nun wieder und verpasste Nell einen Klaps auf den Hintern, der von seinem T-Shirt freigelegt war. Nell hob erneut den Kopf. "Du hast ein Foto von meinem Arsch gemacht?!" fragte sie aufgebracht. "Nicht nur, Mario ist auch drauf. Er hatte schließlich bis eben die Hand auf deinem Allerwertesten." lachte Marco nur wieder. "Gib mir dein Handy." forderte sie von ihm. "Nein!" schmollte Marco entsetzt. "Du kannst mich nicht einfach halbnackt fotografieren!" beschwerte Nell sich erneut. "Wozu haben Frauen denn den Arsch, hm? Und deiner ist äußerst... ansehnlich." grinste Marco und zuckte mit den Augenbrauen auf und ab. "Der ist aber weder für dich, noch für sonst wen bestimmt." motzte sie und entriss ihm nun endgültig das Handy. Während sie auf seinem Handy tippte, verschränkte Marco die Arme und grinste siegessicher. Nach wenigen Sekunden drückte Nell mir das Handy an die Brust und sprang auf, um sich auf Marco zu werfen, der von seiner sitzenden Position auf dem Fußboden umgerissen wurde. "Ich bring dich um du scheiß Mistkerl!" fauchte Nell, während sie auf Marco's Bauch saß und versuchte, seine Arme ruhig zu stellen. "Es sind doch nur die aus der Mannschaft." wollte er sie lachend beruhigen. Ich sah mir nun ebenfalls an, was Nell so verärgerte. Das Bild, das Marco geschossen hatte, war in der 'Die Mannschaft'-WhatsApp-Gruppe gelandet und von einigen schon kommentiert worden. "Die aus der Mannschaft müssen genauso wenig wissen, was ich drunter trage!" maulte sie und machte Marco's Arme nun endgültig fest. Ich stand nun auf, ging zu den beiden, schlang die Arme um Nell's Körper und hob sie mühelos von Marco herunter. "Deine Fotoleidenschaft in allen Ehren Marco, aber zuerst machst du über Instagram unsere Verlobung öffentlich und dann das." schüttelte ich den Kopf. "Ich mach dich fertig du Arsch!" fuhr Nell ihn wieder an und schwang in meinen Armen die Faust, was Marco allerdings nicht sonderlich beeindruckte. "Sorry Hase, aber ich kann nicht anders." grinste er sie an. "Ich unterbreche ja nur ungern, aber wir müssen echt zurück ins Quartier. Ohne Training keine Spiele und ohne Spiele keine Hochzeit." warf ich ein. Damit gab sich Nell widerwillig zufrieden. Marco grinste sie weiter selbstgefällig an, während sie an ihm vorbei zu Marco's Schlafzimmer ging. Ich wollte ihr folgen, aber mein Plan ging natürlich nicht auf, denn sie hielt mich auf. "Du bleibst hier mein Freund. Mein Kleid ist für deine Augen tabu." tadelte sie mich und schlug mir die Tür vor der Nase zu. Ich sah Marco an. Der zuckte nur grinsend mit den Schultern. Es dauerte nicht lange da kam sie in ihren eigenen Klamotten wieder heraus, grinste uns kurz entgegen und huschte dann über den Gang ins Bad. Ich sah ihr hinterher, bis die Tür ins Schloss fiel, dann streckte ich meine Hand nach der Türklinke von Marco's Schlafzimmer aus. Sofort packte Marco mein Shirt und schleifte mich zurück. Mehr als einen mahnenden Blick bekam ich allerdings nicht. Ich sah ihn nur beleidigt an. Wieder vergingen ein paar Minuten der Stille, dann kam Nell mit frisch gemachten Haaren auf den Gang und schritt zur Gaderobe, um ihre Schuhe anzuziehen. Eine Duftwolke schlug mir entgegen, als sie vorbeilief. "Sag mal, hast du etwa mein Haarspray benutzt?" sagte Marco im selben Moment, da ihm der Geruch wohl ebenfalls nicht entgangen war. "Stinkt ziemlich, findest du nicht?" stichelte Nell als Bestätigung. Marco schnaubte. "Hauptsache meine Haare sehen damit gut aus." entgegnete er. "Das tun sie doch immer, Woodylein." verhätschelte Nell ihn, richtete sich auf und wuschelte Marco einmal so richtig schön durch die Haare. Ihm klappte die Kinnlade runter und er sprang zum Spiegel, der über der Kommode im Eingangsbereich hing. "Bist du von allen guten Geisten verlassen? Meine Haare!" rief er aus und versuchte das, was noch von seiner Frisur übrig geblieben war, zu retten. "Wer hat denn meinen Hintern der WhatsApp-Gruppe, Marc Zuckerberg und der NSA zukommen lassen, hm?" konterte sie. "Die haben dann wenigstens Mal was zu gucken zwischen all den Politikern! Ich kann so doch nicht raus gehen!" rechtfertigte sich Marco. Nell zuckte mit den Schultern. "Das sieht doch jetzt eh keiner." spielte sie das Ganze herunter und war auch schon durch die Tür verschwunden. Marco wollte leise fluchend zurück in sein Badezimmer, doch diesmal hielt ich ihn zurück. "Komm schon, wir müssen jetzt echt los. Sie hat doch recht, deine Haare kannst du auch im Quartier machen. Auch wenn es echt scheiße aussieht, Bro." munterte ich ihn mehr oder weniger - eher weniger - auf, musste mir dabei aber doch sehr ein Lachen verkneifen. Er warf mir einen tötenden Blick zu, riss sich los und folgte Nell trotzig ins Treppenhaus. Als wir unten ankamen vernahm ich Stimmen. "Warte, hört ihr das ni-...?" wollte ich noch sagen, als Marco die Tür auch schon aufgerissen hatte. Ich kniff die Augen zu und musste erstmal kurz blinzeln, weil mir in der Morgendämmerung Blitzlichtgewitter entgegenschlug. "So viel zu 'Das sieht doch niemand'." murrte Marco leise, während Nell sich halb hinter mir versteckte. Mein Auto, ebenfalls belagert von Paparazzi, stand auf der anderen Straßenseite, weil ich in der Nacht keinen anderen Parkplatz gefunden hatte. Marco wiederrum hatte seinen Autoschlüssel gar nicht erst mitgenommen, es hätte sowieso die Schlagzeilen angeheizt, wenn Nell oder ich mit Marco's Auto gefahren wären, während er den Beifahrer spielte. In Sekundenschnelle drängten sich gefühlte 50 Journalisten zwischen den Fotografen durch und belagerten uns. "Herr Reus, war Ihr Foto auf Instagram nur ein Scherz?" "Frau Neuer, zeigen Sie uns Ihren Verlobungsring!" "Herr Götze, wann leuten die Hochzeitsglocken?" "Mario, Elena, haben Sie Ihre Krise überstanden?" "Marco Reus, wie stehen Sie zu der kurzzeitigen Beziehung zwischen Frau Neuer und ihrem guten Freund Marcel Fornell?" Nervige Fragen waren ja schön und gut, aber wenn ich jetzt noch einmal diese Sache, Affäre, was auch immer, von der Presse ins Gesicht geballert bekam, dann würde ich hier alles kurz und klein hacken. Ich machte bereits den Mund auf und wollte diese dummen Fragen mit Kraftausdrücken und Fäusten beantworten, doch Nell hielt mich zurück. Kaum kam ihre Hand zum Vorschein, die sie zuvor in den Taschen versteckt hatte, aber jetzt nach meinem Arm ausstreckte, knipsten die Fotografen wieder wild drauf los. Nur für diesen kleinen Ring an ihrem Finger. "Herr Götze, in welchem Verhältnis stehen Sie zu der Ex-Affäre Ihrer Verlobten, Marcel Fornell?" "Jetzt reicht's mir! Wenn ich noch einmal diesen Namen höre, dann..." zischte ich erneut, doch wieder hinderte mich meine eben angesprochene Verlobte daran. "Mario, bitte. Lass dich nicht provozieren." raunte sie mir zu. Im selben Moment legte Marco seine Hand auf meine Schulter und schob mich vorwärts. "Geht zum Auto, ich mach das." sagte er leise. Nur gern setzte ich mich in Bewegung, doch kaum ein paar Schritte gegangen, glitten Nell's Finger aus meiner Hand. Ich drehte mich kurz zu ihr um und sah, wie sie direkt auf die Presse-Futzis zuging und die Hand mit dem Ring präsentierte. "Hier bitte, machen sie gerne ein paar Fotos. Ich nutze Mario übrigens nur aus, möchte sein Geld und durch ihn den Sprung in die Öffentlichkeit schaffen. Haben Sie das alles auf Band? Nicht? Jammerschade. Die Ehe wird so nebenbei übrigens sowieso nicht lange erhalten bleiben, da ich mit Herrn Götze einen Ehevertrag schließen werde und nach der Scheidung dann die Hälfte seines Vermögens kassiere, dessen Hälfte ich wiederrum in meine Brüste investieren werde. Alle Fragen beantwortet? Wundervoll. Dann lassen Sie uns jetzt bestimmt freundlicherweise zum Auto durch, das selbstverständlich von Herrn Reus gefahren wird." Bis auf wenige Ausnahmen hatten alle die Kameras gesenkt, bis Nell sich abwandte, zu mir kam, mir einen Kuss auf die Lippen drückte und mich dann an der Hand Richtung Auto zog, ohne sich noch einmal umzudrehen. Marco, der ja ursprünglich vorhatte, die Presse möglichst freundlich zum Gehen zu bewegen, war damit offensichtlich überfordert, deshalb schlug ich ihm im Vorbeigehen auf die Schulter. Als wir dann endlich im Auto saßen und losgefahren waren, atmeten wir synchron auf und fingen daraufhin an zu lachen. "Eigentlich schade, dass kein Fernsehteam da war, die hätten damit Kohle gemacht ohne Ende." lachte Marco, der sich diesmal den Beifahrersitz ergattert hatte. Ich sah in den Rückspiegel. "Das war meine Nell." grinste ich. "Hoffentlich drehen sie mir die Worte jetzt nicht im Mund herum." murmelte sie nur. Marco drehte sich zu ihr um. "Also ich hätte an deren Stelle jetzt Respekt vor dir." meinte er. "Na das will wohl was heißen." erwiderte Nell und ich hörte heraus, dass sie nun auch grinste.

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt