Qual - Marco

450 18 0
                                    

»Marco, so kann es nicht weitergehen.« Wie oft würdest du noch auf ihn einreden müssen? Wann verstand er endlich, dass dieses Versteckspiel aufhören musste?
»Marco, bitte.« Du legtest eine Hand auf seine Schulter, doch er schüttelte sie sofort ab. Schon seit einem Jahr wurde er immer ruhiger, wurde geradezu lethargisch. So ruhig der ehemalige Vize auch immer war, selbst für ihn was es nicht mehr normal so wenig zu reden – du machtest dir ernsthaft Sorgen um ihn.
Vor etwas mehr als einem Jahr hattet ihr die fatale Niederlage gegen Blackbeard erlitten. Seitdem hatten sich die Kommandanten zerstreut, zu einigen war sogar der Kontakt abgebrochen. Du warst dem Phönix wie immer dicht auf den Fersen gewesen und hattest ihn bereits nach wenigen Wochen ausfindig machen können. Nur wenige Crewmitglieder hatte er bei sich gehabt und sie verschanzten sich auf einer kleinen, verlassenen Insel. Die Trümmer eines Dorfes waren dort anzufinden, ein zerstörtes Land in welchem die Überreste der Whitebeard-Piraten sich versteckten wie Feiglinge. Erst verloren sie ihren Vater, den Kapitän und Ace am selben Tag – dann noch diese verheerende Niederlage gegen Blackbeard, den Verräter. Eine enorme Last lag auf Marco's Schultern, jedoch war das kein Grund Tag für Tag in dieser düsteren Stimmung zu versinken. Ihr wart Piraten, es musste weitergehen!
»Wir können doch nicht noch länger hier herum sitzen und uns betrinken!«, knurrtest du und funkeltest ihn erbost an. »Marco! Ich rede mit dir!«
»Und ich kann dich ganz wunderbar hören.« Er lag im Schatten der untergehenden Sonne, gelehnt an die Wand eines zerstörten Hauses und eine Flasche Rum in der Hand. »Aber ich versuche dich zu ignorieren.«
Wütend schnaubtest du und entrisst ihm die Flasche, die er schon beinahe vollständig geleert hatte. Und das auch noch ganz allein!
»Marco...« Du setztest dich neben ihn und zogst die Beine an den Körper, legtest das Kinn auf deinen Knien ab. »Ich weiß, es ist schwer-«
»Jetzt tu nicht so, als wüsstest du was in mir vorgeht.«, unterbrach er dich harsch. »Du nimmst dir ziemlich viel raus.«
»Weil ich mir Sorgen um dich mache!«, protestiertest du und lehntest dich etwas zur Seite, als er nach der Flasche in deiner Hand greifen wollte. »Seit Monaten versinkst du in Selbstmitleid, anstatt die beiden zu rächen!«
»Wir haben es versucht, man sieht doch was dabei herausgekommen ist.«, grollte Marco genervt. Man merkte ihm deutlich an, dass er nicht über die Niederlage des Vergeltungs-Krieges reden wollte. Jedes Mal wenn du das Thema auch nur entfernt anschneiden wolltest wurde er wütend oder ließ dich einfach stehen. Die Hoffnung aufgeben wolltest du jedoch auch nicht – immerhin handelte es sich hier um Marco den Phönix! Als ehemaliger Vize Whitebeards war es seine Pflicht die Bande weiter zu führen und wann hatte Marco schonmal die Flinte ins Korn geworfen?
»Du gehst mir auf die Nerven.«, knurrte er dir schließlich zu und gab die Jagd nach der Flasche auf. Er lehnte sich zurück, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und beobachtete den Sonnenuntergang. Wollte er dich jetzt wirklich ignorieren? Was für ein kindisches Benehmen!
»Wenn du die hier wiederhaben willst, dann solltest du etwas netter zu mir sein.«, erwidertest du daraufhin und nahmst einen Schluck vom Rum – verdammt, er trank den ganz starken Schnaps! Das Getränk brannte in deiner Kehle und du verzogst angewidert das Gesicht.
»Wofür soll ich denn noch kämpfen, hm?«, fragte er leise und du wandest dich ihm zu. Mit geschlossenen Augen saß er da, regungslos und nachdenklich. »Damit noch mehr meiner Familie sterben? Wir haben es hier ganz gut, glaub mir.«
»Und was willst auf dieser verdammten Insel machen? Kürbisse anbauen?«, erwidertest du sarkastisch und langsam sehr gereizt. Warum nur wollte er sich verstecken, warum ließ er seine Nakama im Stich? Das war doch sonst nicht seine Art, ganz im Gegenteil. Marco war immer für seine Freunde da gewesen, komme was wolle.
»Vielleicht.«, sagte er zu deinem Vorschlag mit den Kürbissen, auch wenn es nur reiner Trotz war. Als würde man mit einem Teenager diskutieren, furchtbar! 


»Du bist ein Feigling.«, sagtest du schließlich, hattest genug von seiner Bockigkeit. Du standest auf und klopftest dir den Dreck von der Hose, warfst ihm aber noch einen kurzen Blick zu. »Ich bin enttäuscht von dir.«

»Stell dich hinten an, da bist du nicht alleine mit.« Er klang nicht nur trotzig, sondern auch traurig. Natürlich war er bestürzt über die Geschehnisse der vergangenen zwei Jahre, doch es wurde allmählich Zeit sich zu fangen und endlich wieder die Meere unsicher zu machen! Ob er wollte oder nicht, du würdest keinen Feigling lieben. So stark deine Gefühle für Marco auch waren, er war nicht er selbst und allein fand er aus diesem Tief nicht wieder heraus. Früher hattest du selten Gelegenheit gehabt für ihn da zu sein, doch jetzt konntest du ihm beweisen wie sehr du ihn wirklich liebtest.
»Komm schon.« Du strecktest ihm die Hand hin und dein Blick wurde etwas weicher. »Du weißt ganz genau, dass ich nicht aufhören werde zu meckern.«
Er öffnete die Augen, zögerte einen Moment lang und schien seine Optionen abzuwägen. Wenn er dich abwies, dann würdest du tatsächlich so lange meckern bis ihm die Ohren bluteten. Falls er aber entgegen jeder Erwartung deine Hilfe annehmen sollte – dann wurde es Zeit sich ernsthaft dem Vergangenen zu stellen und nach vorn zu blicken. Es würde schmerzhaft werden, aber anders ging es einfach nicht.
»Wenn du dann aufhörst mir Vorträge zu halten.«, murrte er mit rauer Stimme und ergriff deine Hand, so dass du ihn vom Boden hochziehen konntest. Für einen Moment standet ihr euch gegenüber und dein Herz machte einen Hüpfer. Er ließ deine Hand nicht los und du seine ebenfalls nicht. Wie gern würdest du ihm sagen, dass du ihn liebtest! Doch es war nicht der richtige Ort und nicht die richtige Zeit dafür. Es gab Wichtigeres zu tun.
»Weißt du, du bist mir wirklich wichtig.«, brachtest du aber verlegen heraus. So viel konntest du ihm verraten, wenn auch nicht die ganze Wahrheit. Er schnaubte amüsiert und nickte dann, drückte deine Hand sanft
»Weiß ich doch.«, sagte er und wenn du so zu ihm aufsahst konntest du glatt dahin schmelzen. Wie gern würdest du es ihm gestehen, doch es wäre falsch seine Qualen auszunutzen. Er hatte seit Monaten Schmerzen, rang mit Schuldgefühlen und Verlust. Es war unangebracht nun mit dem Wort Liebe zu kommen, denn dafür hatte er ganz sicher keinen Kopf zurzeit. Aber noch immer hielt er deine Hand, warme Haut die deine eigene berührte.
»Ich hasse es, wenn du mir einen Arschtritt verpasst.«, seufzte er und zerwühlte dir das Haar. Lachend ducktest du dich weg, versuchtest dem heimtückischen Angriff zu entkommen.
»Immer wieder gern.«, erwiderst du und für einen Moment trafen sich eure Blicke. Du sahst die Schmerzen dahinter, etwas was vor zwei Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Aber du würdest ihm helfen die Whitebeard-Piraten wieder aufzubauen, selbst wenn sie überall verstreut waren und von einigen namhaften Piraten gejagt wurden. Marco konnte dir vertrauen, du würdest immer für den Mann den du liebtest da sein. Und irgendwann, wenn sich alles beruhigt hatte, konntest du es ihm dann auch endlich gestehen.

Love Without Your HeartbeatWhere stories live. Discover now