Ich kann nicht - X Drake

322 9 1
                                    

Mit einem melancholischen Seufzer starrtest du aus dem Fenster, welches von oben bis unten eingeschneit war. Nur ein kleiner Spalt zum rausschauen war frei. Aber was sollte man bei diesem Wetter noch nach draußen schauen, wie unnötig!
Deine Hand war um ein kleines Stück Papier zu einer Faust geballt. Heute war der 4. November, endlich. Der Tag, auf den du schon seit Wochen gewartet hattest. Nach den ganzen Jahren würde er endlich kommen! Ausgesprochen nervös last du den Brief in deinen Händen erneut. Vor drei Wochen war er eingetroffen und seitdem warst du aufgeregt wie ein Kind an Weihnachten. Schon seit sieben Jahren tauschtest ihr alle paar Wochen das Neuste aus eurem Leben aus, per Post. Er war dein einziger Brieffreund und jeder Umschlag wurde von dir beinahe zerrissen, so sehr begehrtest du seine Worte. Und jetzt war er vor Anker auf deiner Heimatinsel in der neuen Welt! Sieben Jahre und du konntest ihn persönlich kennen lernen!
Deine kleine Hütte am letzten Rand des Dorfes war zwar ziemlich eingeschneit, aber er war ein großer Pirat, das machte ihm sicher nichts aus. So hibbeltest du schon den ganzen Vormittag in dem kleinen Holzhaus herum, richtetest alles fein her und wischtest sogar den Staub aus den hintersten Ecken.
Die Aufregung verursachte dir sogar schon Bauchschmerzen und du beschlosst, den Vorwand des Holzhacken auszukosten um draußen auf ihn warten zu können – dann sahst du sofort, wenn er den Hügel hoch zu deinem Haus erklomm. Dick eingepackt in einen Wintermantel und Schal öffnetest du deine Tür und wurdest von einem eisigen Windstoß begrüßt. Du verfluchtest die bittere Kälte, griffst aber trotzdem nach dem Beil auf der Veranda und gingst neben das Haus, wo ein Stapel Holz auch schon sehnsüchtig darauf wartete, verarbeitet zu werden. Die Arbeit war schweißtreibend und das war gut so, es wärmte dich auf und hielt dich fit. Der gefühlte tausendste Blick auf deine Armbanduhr ließ dich von einem Bein aufs andere treten. Wann kam er denn? Hatte es Probleme am Hafen gegeben? Hier gab es zwar eine Marinebasis, aber die Leute lebten vom Tourismus und den anlegenden Piraten, die ihre Berry in den heimischen Läden ausgaben. Daher war die Marine auf dieser Insel nicht sehr genau, was es mit den Piraten anging. Nur die randalierenden und plünderten wurden festgenommen und dein lieber Brieffreund war ein anständiger Mann!
Der große Stapel Holz war sogar schon zur Hälfte verarbeitet – wie lang warst du nun hier draußen; zwei, vielleicht drei Stunden? Es begann schon zu dämmern, wofür du wieder den verdammten Winter verfluchtest. Vielleicht kam er ja nicht...
„Hey." Die Stimme ließ dich erschrocken herumfahren und vor lauter Gegrübel hattest du garnicht bemerkt, dass er schon seit ein paar Minuten hinter dir stand.
„DRAKE!", schriest du auf und fielst ihm sofort um den Hals. Er erwiderte deine Umarmung mit dem Ansatz eines Lächelns und du konntest dich nicht erinnern, wann du das letzte mal so glücklich gewesen bist.
„Und, habt ihr gut hergefunden? Was hast du deiner Mannschaft gesagt?Oder hast du sie mitgebracht?", fragtest du ihn aus und das Grinsen in deinem Gesicht wollte garnicht mehr aufhören.
„Ganz ruhig! Sie sind am Hafen. Ich hab ihnen gesagt dass ich etwas Wichtiges zu erledigen hab, da fragen sie nicht weiter nach.", erwiderte er und du zogst ihn an der Hand in dein Häuschen. Dein Verstand konnte noch garnicht richtig glauben, dass er wirklich hier war. Er ließ sich ohne Widerworte von dir auf dein kuscheliges Sofa drücken und nahm mit einem 'Danke' den Becher heißen Tee entgegen, den du aufgesetzt hattest.
„Und, wie ist die Neue Welt? Hast du schon viel geplündert?", fragtest du ihn und setztest dich so dicht an ihn, wie du konntest. Natürlich wolltest du dich nicht gleich auf seinen Schoß setzten – zugegeben, das würdest du gern, aber das würde ihn sich etwas verschrecken. So rücktest du so eng an ihn heran, dass sich eure Körper ganz leicht berührten. Ihm schien es aufzufallen, er sagte aber nichts dagegen.
„Bis jetzt hatten wir keine allzu großen Schwierigkeiten." erklärte er knapp und du ahntest, dass er dich durch mangelnde Information nur schützen wollte. Du warst Zivilistin, wenn die Weltregierung mitbekam dass du mit einem Piraten befreundet warst, konntest du mit Ärger rechen. Je weniger du wusstest, desto besser.
„Es ist so schön dass du endlich hier bist!", murmeltest du verlegen und starrtest in deinen Tee.
„Ja, das ist es. Sieben Jahre ist eine lange Zeit.", antwortete er dir und lächelte dich warm an. Nie hättest du dir träumen lassen, dass ein gesuchter Pirat so ein liebenswerter und freundlicher Mensch sein konnte! Über euren Briefkontakt hattest du dich bereits nach zwei Jahren Hals über Kopf in ihn verliebt – aber wie solltest du ihm das nur beibringen...?
„Ehm, Drake!", setztest du gewichtig an und sahst ihm fest in die Augen. „Ich muss dir etwas sagen, das wollte ich schon sehr lange!" Doch er schüttelte den Kopf, um dich zu unterbrechen.
„Ich weiß was du sagen willst.", unterbrach er deinen mutigen Versuch und sah etwas gedankenverloren in das Feuer von deinem Kamin. „Und das gleiche möchte ich dir gern sagen."
Tief holtest du Luft, um etwas zu erwidern, aber wieder bat er dich mit den Heben der Hand, dass du ihm zuhörtest.
„Aber ich bin ein Pirat und das kann ich dir einfach nicht antun. Ich hatte große Bedenken dich zu treffen, musst du wissen. Denn jetzt, da ich dich auch persönlich kenne und gesehen habe... Da habe ich nicht sehr große Lust wieder allein in See zu stechen, weißt du."
Mit vor Verwunderung großen Augen sahst du ihn an und wusstest nicht recht, was du sagen solltest. Das war grade ein Liebesgeständnis von ihm, oder nicht? Er schien wirklich darunter zu leiden, dass ihr euch so gut verstandet und euch wieder für eine grausame, lange Zeit nicht sehen würdet. Wenn er erst einmal von dieser Insel ablegte, würde er so schnell nicht wieder kommen – das war auch dir klar. Aber würdest du einen so mutigen Schritt wagen und dein ganzes Leben hinter dir lassen? Nur um mit ihm zu segeln? Das war die einzige Lösung, die dir einfiel...
„Drake." Du legtest die Hand auf seinen Arm, was ihn aus seiner Grübelei riss. Die Teebecher stelltest du auf den kleinen Couchtisch und lehntest dich zu ihm vor. Ein breites Grinsen lag auf deinem Gesicht.
„Idiot! Ich hab mich doch schon längst entschlossen dich zu begleiten!" Mit offenem Mund schien er erst den Sinn dieses Satzes erfassen zu müssen.
„Nein! Das kannst du doch nicht machen!", protestierte er dann entschlossen. „Ich lass nicht zu dass du dein leben wegwirfst! Du bist eine so bildschöne junge Frau, da kannst du doch nicht-"
Nachdem du die Augen verdreht hattest über sein Gefasel brachtest du ihn mit einem nachdrücklichen Kuss zum Schweigen. Er war im ersten Moment sehr überrascht, ließ dich aber nicht lange warten und zog dich sanft an sich heran. Endlich kann ich ihn küssen!, jubelte dein Magen, der sich anfühlte als wäre ein wilder Schmetterlingsschwarm darin gefangen.
„Trotzdem lautet meine Antwort Nein.", raunte er, als du dich einige Millimeter von seinen Lippen entfernt hattest. Er sah dich mit einem Blick an, der dir genau sagte wie viel Selbstbeherrschung er brauchte, um nicht über dich herzufallen. Anscheinend war es wirklich einsam auf Schiffen, dachtest du amüsiert und vergrubst die Hände in seinem Kragen.
„Ich werde es zu einem Ja machen..!", flüstertest du anzüglich und zogst ihn wieder an dich.  

Love Without Your HeartbeatWhere stories live. Discover now