Kapitel 16

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Interessiert betrachte ich die Bilder von den heim. Sieht gar nicht mal so schlecht aus. Besonders gut gefällt mir der große Garten mit den Apfelbaum in der Mitte. Auch die Zimmer sind hell und geräumig.
Nur eine Sache stört mich: Das heim liegt in Frankfurt. Auf einen der Bilder ist eine Karte mit der Position des Heimes abgebildet. Und so weit ich es beurteilen kann, liegt Frankfurt ein gutes Stück weg von Köln.
Eigentlich sollte mich nichts mehr hier in Köln halten. Ich meine hier ist meine Mutter gestorben, hier wurde ich jahrelang von meinen eigenen Vater vergewaltigt... Hier in Köln. Aber trotzdem will ich um jeden Preis hier bleiben. Warum? Ehrlich gesagt keine Ahnung. Vielleicht weil ich mich mit Franco angefreundet habe , falls man es so nennen kann. Oder weil ich mich hier sicher fühle. Es ist alles so vertraut. Und alle Leute sind hier so freundlich. Traurig sehe ich wieder auf die Bilder. Mit Einen mal finde ich den Garten gar nicht mehr so schön und die Zimmer nicht mehr so freundlich und einladend.
Leider kann ich es nicht ändern. Ich habe kein Zuhause, und im Krankenhaus kann ich schlecht bis an mein lebensende wohnen. Wohl oder übel muss ich weg von hier.
Schwer schlucke ich. Es gibt nicht viel, was ich verlieren kann. Keine Familie, kein Zuhause und keine Liebe. Heiße Tränen schießen mir in die Augen. Ich will nicht weinen.
"Darf ich reinkommen?", tönt eine bekannte Stimme von draußen. "Ja." Mit aller Kraft halte ich die Tränen zurück.
"Na, wie geht es dir heute?", fragt Oliver mich.
"Ganz Ok. Besser als gestern."
"Na das ist ja schonmal etwas. Achso, Franco holt sich nur noch schnell einen Kaffee. Er müsste gleich..." , der Notarzt hält inne. "Du weinst ja. Sicher dass alles gut ist?", hakt er nach.
Tatsächlich rollt mir eine träne 0ber die Wange. Warum muss er auch so verdammt nett sein?! Schnell wische ich die träne weg und greife nach den Bildern und der Karte.
"Was ist das?"
"Ein Heim für psychisch kranke. Mein baldiges Zuhause."
Olli schaut sich die Bilder nacheinander an. "Sieht doch gar nicht so schlecht aus."
Doch bei der Karte hält er inne und presst die Lippen zusammen. "Frankfurt? Is ein Eckchen weiter weg."
Verzweifelt versuche ich die Tränen zu bekämpfen.
"Du willst nicht weg, oder?"
"Ich will hier bleiben.", bestätige ich.
"Und deshalb bist du traurig."
"Ja."
Erneut läuft mir eine träne über die Wange. Diesmal lasse ich es zu.
"Kannst du mir sagen, warum du bleiben willst? Ich meine eigentlich hast du ja keine guten Erinnerungen an diese Stadt, und das ist noch untertrieben."
"Das stimmt schon... Es ist schwierig. Um ehrlich zu sein, bin ich mir auch nicht so sicher, was mich hier hält. Aber ich glaube..."
Ich werde durch ein klopfen unterbrochen.
"Hi. Hab mir nur noch schnell einen Kaffee... Oh." Mit schnellen Schritten nähert Franco sich mir und setzt sich auf mein Bett. "Was ist los, Kleine? Warum weinst du?"
Schweigen überreicht Oliver ihn die Bilder. Franco zieht die Stirn in falten, als er den Standort des Heimes sieht.
"Oh. Frankfurt am Main. Da musst du hin?"
"Genau."
Seine Lippen werden zu Einen schmalen Strich.
"Ich will da nicht hin. Ich will hier bleiben. Hier... Bei euch."
"Ich wünschte auch, dass es anders wäre."
"Aber ich muss dahin. Ich habe neunmal kein Zuhause. Trotzdem würde ich lieber hierbleiben."
"Können wir noch etwas für dich tun, was du vielleicht vor deiner Abreise für Dich tun könnten?"
Da gäbe es tatsächlich etwas...
"Ich... Ich würde gerne das Grab meiner Mutter besuchen."

Freiheit   (Auf streife die Spezialisten)Where stories live. Discover now