• sechs • pt. 2 •

5.5K 405 50
                                    

Aleksander Andersson

Nach dem totalen Ausraster von Luke saßen wir alle in der Küche.

"Es tut mir leid", meinte Mr Herondale. "Das Beste ist, wenn ihr geht. Ich kann euch damit einfach nicht belasten." Einerseits konnte ich Ihn verstehen, aber andererseits konnte er sich und Luke nicht von der Welt abkapseln.

Luke brauchte Hilfe, ganz klar. Aber die konnte er nicht bekommen, wenn Mr Herondale alle immer verscheuchen wollte.

"Wir bleiben", meinte ich. Die Worte schossen einfach aus mir heraus. "Ich meine, der Kleine muss unter Leute. Er muss sehen, dass sich seine Welt nicht nur hier in diesem Haus abspielt", versuchte ich zu erklären, da mich alle drei ansahen.

Und das war mir mehr als unangenehm.

"Da hat Aleks recht. Ihr beide braucht Ablenkung." Mr Herondale sah mich an. "Es wäre toll, wenn du etwas in der Schule auf ihn acht geben könntest. Es ist sein erster Besuch auf einer öffentlichen Schule nach dem Unfall." Leicht nickte ich. "Klar."

Dann biss ich mir auf meine Unterlippe. "Wer ist Leo?", fragte ich dann leise. "Wie meinst du das?" Mum sah mich leicht verwirrt an. "Luke hat mit einem Leo geredet. Aber da war niemand im Zimmer."

"Leo ist mein Sohn." Mr Herondale räusperte sich. "Er und meine Frau sind vor zwei Jahren gestorben. Luke und ich sind die einzigen, die den Autounfall überlebt haben. Er lag lange Zeit im Koma und seitdem hat er viel vergessen. Er hat Amnesie... und weiß nicht, dass Leon tot ist. Und immer, wenn ich es ihm sage, wird er wütend... wenn Luke schläft, vergisst er es und kann sich an seinen Wutausbruch vorher nicht mehr erinnern."

Mr Herondales Augen glitzerten verdächtig.

Als meine Mutter etwas sagen wollte, kam Luke um die Ecke. "Hey mein Kleiner", lächelte er seinen Sohn an. "Was riecht hier so gut?" Kurz sah er uns alle an.

"Wir machen einen Schmorbraten." Luke setzte sich und zog die Kapuze tiefer. Mr Herondale schob ein Glas Wasser und Tabletten zu seinem Sohn. Wofür die wohl waren?

Als Luke mich ansah, wurde ich Unsicher. Immerhin konnte ich ihn nicht einschätzen. "Ist was?" "Nein.., nichts."

Dann fiel sein Blick auf die Zeitung, welche auf dem Tisch lag. Unauffällig beobachtete ich den Jungen.

Er suchte etwas, fand es und lächelte kurz. Doch dann wurde er urplötzlich traurig und schob die Zeitung weg, stand auf und verließ die Küche.

"Was hat er denn?", fragte mein Vater. "Er kann noch nicht wieder richtig lesen und schreiben", murmelte Mr Herondale.

Also musste er es komplett neu erlernen? Das war ja alles noch härter, als ich gedacht hatte!

"Aber ich habe das Gefühl, dass er das alles nicht möchte. Und in anderthalb Wochen beginnt die Schule. Ich habe solche Angst."

"Er wird in guter Gesellschaft sein. Aleksanders Freunde sind wirklich nett." Lächelnd nickte ich. "Die Besten."

Wie von einer Tarantel gestochen kam Luke zurück. "Ist es wahr? Hatte ich eine Schwester? O-oder bilde ich mir das ein?" Der Kleine hielt sich seinen Kopf.

"Du erinnerst dich?" Okay, wie viele krasse Geschichten kamen bei diesem Kerl noch?!

"Also ist es wahr?" Beide umarmten sich. "Es war eine Totgeburt." "Wie alt war ich da?" Luke weinte und krallte sich in den Arm seines Vaters. "Du warst Sechs."

Ich sah meine Eltern an. Wo war ich hier nur rein geraten? Ich meine, Luke sah ja niedlich aus, aber wahrscheinlich war er genau so krank wie mein Ex.

Wir alle erschraken, als die Eieruhr klingelte. "Weiter geht's. In einer halben Stunde können wir essen. Kinder, ihr könnt ja noch mal hoch gehen." Mum sah mich mit ihrem Lenke-den-Jungen-ab-Blick an. Unauffällig nickte ich.

"Komm Luke." Ich legte meinen Arm um seine Schultern. "Was würdest du jetzt gerne machen?", fragte ich ihn und wir verließen die Küche.

"Schokolade essen", sagte er leise. "Und Musik hören." "Na dann tun wir das." "Nein. Daddy meint, ich würde zu sehr trauern." Erschrocken sah er mich an. "Aber deswegen kannst du trotzdem Musik hören. Und Schokolade essen."

Ich nahm sein Gesicht in meine Hände. "Trau' dich, Luke. Denk an die Schokolade. So lecker. So süß."

Luke nickte und betrat sein Zimmer. "Komm." Der Kleine kramte etwas unter dem Bett hervor. Es war eine Kiste. "Wenn du ihm sagst, wo ich meine Schokolade aufbewahre, muss ich dich auch essen." Luke strich seine Kapuze vom Kopf.

Und zum ersten Mal bekam ich einen genauen Blick unter die Kapuze.

Zum Vorschein kam ein hübscher Teenager mit blondem, zerzaustem Haar. Dazu die grünen Augen, die schmalen Lippen, die Stupsnase. In einem: das Gesicht war perfekt.

"Wo ist die Toilette?", fragte ich. "Hinter dir." "Bin gleich wieder da. Nicht ohne mich anfangen." Hastig lief ich in das Badezimmer und schloss hinter mir die Tür.

Ich nahm mein iPhone und suchte Collins Nummer, rief ihn an. "Ja, mein Freyr?" "Hey Schlumpf. Ich habe ein Problem. Du weißt doch, Luke... er... er sieht perfekt aus", sagte ich leise.

"Ich sagte dir doch, du stehst auf ihn. Aber wer wollte nicht hören?" Erst jetzt hörte ich, dass Collin außer Atem war. "Hunter ist bei dir, oder?" "Ja aber das ist gerade unwichtig. Wo bist du gerade?"

"Im Badezimmer. In Lukes Haus." "Gut. Dann verschwinde aus dem Bad und gehe zu ihm. Der Kerl hat zwar einen an der Klatsche aber jeder hat Liebe verdient. Und du erst recht, Freyr."

"Okay. Naja ich muss auflegen." "Viel Spaß und erzähl mir alles." "Mach ich." Ich legte auf und atmete tief ein und aus, lief zurück zu Luke, welcher mit der Box auf seinem Bett saß.

"Da bist du ja." Luke klopfte neben sich auf die Matratze. Zögernd lief ich zu ihm. "Leo ist gerade in sein Zimmer gegangen also sind wir alleine." Ich nickte nur, da ich nicht wusste, was ich darauf sagen sollte.

Luke fing fleißig an, seine Schokolade zu essen, während ich auf meinem Handy nach Musik schaute. "Was kennst du denn für Musik?", fragte ich. "Was ist das für ein Teil in deiner Hand?", stellte er eine Gegenfrage und sah interessiert auf mein iPhone.

"Äh ein Handy. Genauer gesagt ein Apple iPhone." Stirnrunzelnd nahm Luke mir mein iPhone ab. "Seit wann machen Äpfel Handys?" "Äh das ist nur die Marke."

Ich drehte das iPhone um und zeigte ihm den Apfel. "Neue Frage: welcher Idiot nimmt einen angebissenen Apfel?" Das war eine gute Frage...

"Naja mir egal, so lange es Musik hat." Desinteressiert gab er es mir wieder und köpfte eine Tafel Schokolade.

Als ich Luke beobachtete, fielen mir leichte Sommersprossen auf seinen Wangen auf.

Und erneut schlug mein Herz für einen Moment schneller.

Schaut mal bitte bei @_irishninja_ vorbei, dort poste ich nun LGBT One shots:)

Wen mögt ihr lieber? Aleksander oder doch lieber Luke?

Heartbeat | boyxman ✔️Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora