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Am ersten Schultag hatte James die hervorragende Idee, nicht nur Sirius weiterzulöchern, sondern auch in der Bibliothek nach Informationen über Todesser zu suchen.
Nur leider musste er schnell feststellen, das keine der beiden Ideen funktionierte.
Keinen einzigen Satz fanden sie über Todesser heraus, und Sirius sprach noch nicht mal ein einziges Wort.
Er verschwand einfach irgendwann unbemerkt aus der Bibliothek und als James und die anderen sein Fehlen bemerkten, war es bereits zu spät.
"Das darf doch nicht war sein!", rief Remus verzweifelt aus und wurde sofort von Madame Prince ange-pscht.
Er knallte das Buch, das vor ihm lag zu und starrte zwischen Peter und James hin und her. "Das einzige, was wir herausgefunden haben, ist, dass Grindelwald ein Idiot war und Schwarze Magie böse ist. Wie soll uns das bitte weiterbringen, das hat doch keinen Sinn!"
Peter schluckte laut hörbar und man sah ihm an, wie er angestrengt nach Alternativen überlegte. Doch James sah seinen verzweifelten Freund nur an, mit einem Blick der alles sagte.
Und Remus starrte zurück, er verstand, und erst wollte er den Kopf schütteln, über diese dumme Idee, doch auch ihm fiel nichts Anderes ein.

Sirius war beim Abendessen nicht aufgetaucht, James war außer sich vor Sorge, doch nachdem die drei Jungs schnell fertig gegessen hatten und aus der Großen Halle liefen, auf dem Weg zu Professor Dumbledores Büro, sahen sie ihn, in einem schmalen Gang.
Er redete mit Andromeda, stand mit dem Rücken zu seinen Freunden, doch das Mädchen erkannte James in der Dunkelheit und schüttelte den Kopf. Ihre Augen blickten ihn traurig an und James wollte auf sie zu gehen, wollte sie trösten und herausfinden, was passiert war.
Doch kurz darauf wurde der Junge von Remus in einen Nebengang weitergezogen und wagte es nicht, zu protestieren. Er fragte sich, worüber die beiden bloß geredet hatten.
Es war, als würden sich die Reinblüter aufspalten. Andromeda und Sirius, die beide nichts von den Idealen ihrer Familie hielten. Und Bellatrix und Lucius, als wären sie auf eine Verbindung, einen Zusammenschluss ihres Blutes aus.
Peter schien denselben Gedanken zu haben, wie James. "Was, wenn die sich verschwören? Sirius sagte doch, dass seine Familie zu diesen Todessern gehören würde. Was wenn die sich verschwören?"
"Und jeder der anders denkt, wird verstoßen.", Remus nickte, "Ja, das klingt logisch. Aber es hilft uns nicht wirklich weiter."
Der Eingang zu Dumbledores Büro schwang auf, als hätte der Direktor sie erwartet und die Jungs stiegen die Treppen empor.
Jede einzelne Stufe war anstrengend für James, er hatte nur einmal etwas getan, was er noch weniger wollte. Und damals hatte er seinem Vater beichten müssen, dass er drei Besen aus der Besenkammer kaputt gemacht hatte. Er hatte gezittert und geweint, solche Angst hatte er gehabt, vor dem Ärger, der ihn erwartete.
Doch nun fürchtete er keinen Ärger, er erwartete nicht, dass Dumbledore wütend wurde.
Er fürchtete die Antwort auf seine Fragen.
Was, wenn er die Antworten nicht verkraftete? Was, wenn es ganz schlimm wäre?
James blickte über die Schultern zu seinen Freunden, als er vor der Tür zum Büro zum Stehen kam.
Peter sah man die Angst, die James fühlte, deutlich an. Seine Lippen waren aufeinandergepresst, die Augen weit aufgerissen und seine dicken, kindlichen Wangen ließen James schon wieder Kekse riechen.
Remus hingegen hatte keine Angst. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen und er schaute in weite Ferne, er dachte nach. Immer wieder zuckte sein rechtes Auge, so wie es immer zuckte, wenn Remus angestrengt nachdachte.
In diesem Moment fiel James auf, wie sehr er Sirius vermisste. Er wusste so viel über seine Freunde, Kleinigkeiten, die niemandem auffielen. Peters rechter Ringfinger zuckte, wenn er log und unter seinem Kopfkissen lag ein Foto von ihm, James, Sirius und Remus, damit er sie nicht einmal im Schlaf verlieren würde.
Remus wurde nervös, wenn er kein neues Buch hatte, er aß nur sehr ungern Fleisch, am Liebsten gar nicht. Seine Lieblingsfarbe war nicht rot, wie es jeder andere Gryffindor behauptete, sondern blau und am Liebsten hätte er ein Zimmer ganz aus unterschiedlichen Blautönen.
Und von Sirius wusste James noch mehr. Dass er schon einmal Zigarette geraucht hatte, dass er Tanzen konnte, aber jedem sagte, er könnte es nicht, dass er seine Lippen zusammenpresst, wenn ihm etwas peinlich ist, statt rot zu werden, dass er die Gabel in die rechte und das Messer in die Linke Hand nimmt.
Dass er James Eltern viel mehr zu mögen scheint, als seine eigenen.
Und doch war Sirius nicht hier bei James, und das machte den Jungen unfassbar traurig.
Er wollte das hier zusammen mit all seinen Freunden durchstehen, doch bereits am Anfang fehlte ein entscheidendes Mitglied seines Freundeskreises.
Remus schien zu bemerken, das James ihn immer noch anstarrte und erwachte aus seinem nachdenklichen Zustand.
"Was ist los? Mach die Tür auf."
Peter schien, als wöllte er am Liebsten wegrennen.
Doch James nickte nur langsam, auch er kehrte wieder in die Realität zurück, und die sah nicht schön aus.
Da war kein Spaß, keine Streiche, kein Quidditch. Da waren Mord und Totschlag überall außerhalb der schützenden Mauern Hogwarts' und niemand konnte sich schützen.
Die Panik, dass in diesem Moment jemand Amelia in dem Garten seiner Familie angreifen könnte, stieg in ihm auf. Er dachte daran, was mit ihm passieren würde, wenn seinen Eltern bei ihrer Arbeit als Auroren etwas passieren würde.
Das durfte doch nicht passieren. Er durfte sich mit zwölf Jahren noch nicht um so einen Krieg sorgen, einen Krieg, bei dem man die böse Seite noch nicht einmal kannte.
James hörte auf zu nicken und drehte sich entschlossen um. Seine Hand schloss sich um den Türknauf und ohne zu Klopfen trat er in das Büro ein. Er spürte Remus und Peter dicht hinter sich, sie beruhigten ihn.
Professor Dumbledore hatte sich seit Beginn der Sommerferien nicht verändert. Bereits bei seiner gestrigen Rede vor dem Festmahl war dies James aufgefallen. Doch jetzt sah er seinen Direktor von Nahem und jede Falte, jeder Schatten saß noch genau so wie vor dem Sommer. Seine unglaublich blauen Augen blickten von den Dokumenten auf seinem Schreibtisch zu den drei Jungen und ein amüsierter Glanz legte sich auf sie.
"Guten Tag, Professor Dumbledore."
Mehr wagte James nicht, zu Sagen.
Erst wollte er die Reaktion des alten Mannes vor sich abwarten.
"Guten Tag, Mr. Potter. Mr. Lupin und Mr. Pettigrew begleiten Sie? Nun, setzen Sie sich." Mit einer Hand schwang er in Richtung der gepolsterten Stühle neben Schreibtisch, die eindeutig mal woanders gestanden hatten, James konnte sich nur nicht erinnern, wo.
Zögerlich setzen die drei Jungs sich in Bewegung und der Weg kam ihnen allen viel zu kurz vor. Sie konnten viel zu wenig Zeit gewinnen.
"In welcher Angelegenheit beehren Sie mich den zu diesem herrlichen Tag? Ist eine Runde auf dem Quidditchplatz denn nicht verlockender als ein alter Mann, der von sich selbt gern behaupten würde, er wäre weise?" Ein ehrliches, fröhliches Lächeln schlängelte sich auf die schmalen, vom Bart fast gänzlich verdeckten Lippen des Direktors.
"Nichts ist verlockender, als eine mögliche Antwort auf die Fragen, die ich mir stelle, Sir."
"Nun, dann fragen Sie." Dumbledore lächelte immernoch, doch in seinen Augen glänzte eine gewissen Vorahnung, die ihm nicht zu gefallen schien.
Hilfesuchend blickte James zu Remus, er hatte nicht gedacht, dass sie so weit kommen würden. Und auch Remus stotterte erst ein wenig herum, bis er emdlich sie passenden Worte fand.
"Sie wissen ja ganz bestimmt von den zahlreichen Morden im Namen der Reinblütigkeit, von denen der Tagesprophet berichtet. Und sie wissen auch von unserer Suche nach Hinweisen, wer dieser Dunkle Zauberer sein könnte."
Er machte eine kleine Pause, als würde er sich spontan eine Reihenfolge für ein Referat oder einen Aufsatz überlegen.
"Unsere Suche führte uns von Dunkler Magie und Reiblütigkeit zu Gellert Grindelwald,", Dumbledore zuckte fast unmerkbar zusammen. "allerdings führte uns diese Spur angesichts seines Aufenthalts nicht weiter."
Peter übernahm. "Dann haben wir nach anderen Aufständen gesucht, was uns zwar bei Professor Binns' Unterricht geholfen hat, aber sonst nicht weiterbringt. Und dann hat James' Papa gesagt, dass es gefährlich draußen wäre für Blutsverräter und dann kam Sirius und-"
"-und dann kamen die eigentlichen Informationen." Peter hatte sich immer weiter in die Geschehnisse hineingesteigert, seine Stimme war eine Oktave höher gerutscht und seine Augen so groß geworden, dass James ihn einfach unterbrechen musste. "Sirius scheint seit dem Aufenthalt bei seiner Familie verstört und sehr unter Druck gesetzt. Er weigert sich, mit uns zu reden und sagt, er wöllte uns nicht mit hineinziehen.", James' Stimme zitterte nun und er musste einen schrecklichen Anblick liefern, denn pure Sorge und Mitleid standen in Dumbledores Gesicht geschrieben.
"Das einzige, was wir aus ihm herausbekommen haben, Sir, sind zwei Namen, mit denen wir nichts anfangen können."
Der Direktor nickte, ein paar gräuliche Strähnen verrutschten von ihrem Platz. "Welche Namen?"
Remus sprach leise, es wunderte James, dass der Mann mit der halbmondförmigen Brille überhaupt verstand.
"Todesser und Dunkler Lord."
"Die Todesser scheinen seine Anhänger zu sein. Sirius sagte, man würde ihn wahrscheinlich dazu zwingen."
"Und der Dunkle Lord ist der, der Menschen tötet."
Wieder nickte er Professor nur, das Lächeln war schon lange aus seinem Gesicht verschwunden. Nun sah er jedem Jungen der Reihe nach eindringlich in die Augen.
"Ich danke euch, dass ihr mir diese Informationen anvertraut habt. In der Tat, ich wusste um eure Suche, allerdings hatte ich nicht damit gerechnet. Todesser und Dunkler Lord. Eine Vermutung bahnt sich den Weg in meinen Kopf und auch wenn ich bete, ich läge falsch, wird es vermutlich unveränderlich sein."
James verstand kaum ein Wort, er musste sich stark Konzentrieren und Kopfschmerzen meldeten sich.
"Diese Suche wird ab diesem Zeitpunkt zu gefährlich für Sie. Ich möchte nicht, dass Sie weitere Informationen in Erfahrung bringen. Wenn meine Vermutung tatsächlich wahr werden sollte, dann bedeutet das Krieg. Und hört auf euren Freund: lassen Sie sich da nicht mit hinein ziehen."
"Aber-"
"Und nun gehen Sie. Alle."

The Marauders - From the beginningWhere stories live. Discover now