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Nach dem gemeinsamen Frühstück hatten sich alle wie zuvor besprochen umgezogen, um Einkaufen zu gehen. Fleamont hatte seinen sonst immer blauen Unhang gegen einen bedrohlichen schwarzen eingetauscht, James hatte den Verdacht, Sirius' Eltern würden ganz schön Ärger bekommen.
Sie waren gerade alle zusammen bei Gringotts gewesen, die Erwachsenen hatten beiden Kindern jeweils 20 Galleonen gegeben und einen Treffpunkt für in drei Stunden ausgemacht, Amelia würde bei ihren Eltern mitgehen. Nun standen James und Sirius in der Winkelgasse, wo sie beide Anfang des Schuljahres Bücher, Pergament, Umhänge und Federn gekauft hatten.
"Sirius, ich brauch nur einen neuen Umhang, mein alter ist mir irgendwie langsam zu klein. Ansonsten hab ich keine Ahnung, was wir machen sollen."
Sirius überlegte kurz.
"Also dann holen wir dir den Umhang und danach können wir... hmmm... wie wärs, wir schauen uns mal hier um, wem wir Streiche spielen können"
James gefiel der Plan. Er war schon wieder viel zu brav gewesen.
Sie liefen zu Madame Malkins Laden, der von einer umhangschneidernden, untersetzten Frau geführt wurde und James stellte sich auf eines der kleinen Podeste, um seine Maße nehmen zu lasse.
Sirius setzte sich neben ihn auf eine der Bänke.
"Also", begann Madame Malkins ," du brauchst einen neuen Schulumhang nicht wahr? Hogwarts, ja? Das ist schnell gemacht"
Sie wedelte mit ihrem Zauberstab herum und ein Maßband bund sich um die verschiedensten Körperstellen von James, während eine verzauberte Feder die Werte aufschrieb.
"Nun hör doch endlich auf, so herumzuzappeln!", beschwerte sich die Verkäuferin, während Sirius anfing zu lachen. James musste sehr lächerlich aussehen, angesichts der Tatsache, dass er sich sehr unwohl fühlte. Er mochte diesen Laden nicht, auch wenn er nicht wusste, wieso.
Überall standen Puppen, an denen Madame Malkins ihre besten Umhänge präsentierte, auf dem Boden waren Nadelkissen verteilt, und es roch sehr stark nach Kaffee.

Kurze Zeit später war James' neuer Umhang fertig, er bezahlte 6 Galleonen und zog sich direkt seinen neuen Erwerb an.
"Ahja, schon viel besser. Nicht mehr so eng!", erleichterte er sich und drehte sich dann zu Sirius, der auffällig ruhig gewesen war. "Alles okay bei dir?"
"Ja ich hab nur die ganze Zeit überlegt, was wir genau machen könnten. Wir könnten im Eeylops Eulenkaufhaus ein paar Käfige öffnen und die Eulen aufregen, das wird ein Durcheinander. Dann hatte ich die Idee, Würmer aus der Apotheke in die Eisbecher bei Florean Fortescues zu schmuggeln."
"Das sind perfekte Ideen, Sirischatzi! Ich würde sagen, wir beeilen uns, rennen von einem Laden zum anderen, machen beides, aber so schnell, dass uns niemand sieht. Während wir hier langrennen, können wir dann noch ein paar Leuten an den Haaren ziehen oder ein paar Kinder zum Stolpern bringen."
"Okay, dann los!"
Und dann rannten sie. Als hinge ihr Leben davon ab.
Im Eulenladen wurden sie nicht einmal bemerkt, keinem schien aufzufallen, wer die ganzen Eueln freigelassen hatte, und als sie laut lachen wieder aus dem Laden rannten, konnten die beiden Jungs die Leute schreien und fluchen hören.
James war bewusst, dass sie kindische und fiese Streiche spielten, doch es gefiel ihm. Die Leute regten sich auf, doch keiner konnte ihnen etwas nachweisen und es war so unglaublich lustig mit anzusehen, wie alle ausrasteten. Die entsetzten Gesichter, die verzweifelten Rufe. Jeder Streich sollte genau das zum Ziel haben.
Sie rannten weiter, hielten bei der Apotheke kurz an, um wieder zu Atem zu kommen, damit sie unauffällig und ruhig den nächsten Teil des Planes vollführen konnten. Es dauerte eine Weile, bis die beiden sich auf eine Sorte Würmer geeinigt und beschlossen hatten, nur in die Becher von arrogant wirkenden Kunden ein paar dieser widerlichen Kreaturen zu schmeißen. Sie kauften zwei Hände voll, und liefen zu Fortescues Laden, um sich auf die etwas abseits stehenden Stühle neben den draußen sitzenden Kunden niederzulassen.
James und Sirius konnten beide sehr gut zielen. Es war eine Leichtigkeit, genau in die Eisbecher der gehobeneren Zauberer zu treffen. Als eine Frau im Pelzumhang anfing zu schreien, nachdem sie dieses sich windende Etwas auf ihrem Löffel sah, und ihrem abschätzig schauenden Ehemann alle Gesichtszüge entglitten waren, schlichen sich die beiden Jungen auch schon wieder davon.
Kaum waren sie außer Sichtweite hörten sie die Schreie der anderen Kunden und begannen erneut, zu rennen. Sie achteten nicht darauf, wo sie abbogen, achteten auch nicht auf die Zauberer, an denen sie sich vorbeidrängten, sie lachten nur und mussten irgendwie ganz weit weg.
Erst als es auf einmal ganz dunkel war und kaum noch Menschen um sie herum waren, fiel ihnen auf, dass sie keine Ahnung mehr hatten, wo sie waren.
Alle Gebäude waren dreckig und brüchig, die Straßenlichter meist kaputt. Die Zauberer, die hier zwielichtig im Schatten lungerten, sahen irgendwie krank aus, tiefe Augenringe, Narben und Dreck zierten ihre Gesichter und auch ihre Umhänge waren kaputt und voller Schlamm. Ein paar aufdringliche Hexen lachten und grinsten widerlich, fast direkt neben James und Sirius stand ein hagerer, gebückter Zauberer, zitternd. Er redete mit der Wand vor ihm.
"Bitte, Herr. Lasst mich doch wieder rein... Es tut mir leid... ich wusste nichts davon..."
Er flehte weiter, bemerkte nicht, dass zwei kleine, viel zu junge Kinder sich an ihm vorbei drückten, um einen Ausweg aus dieser Gasse zu finden.
Die beiden Jungen kamen an eine Art Marktplatz. Es war eher eine kleine Wegzweigung, in der Mitte stand etwas, das vielleicht einmal ein Brunnen gewesen war.
"Na, ihr Kleinen?"
"Sucht ihr was bestimmtes?"
James zuckte herum und sah, wie Sirius es ihm ängstlich nachmachte. Das nächste was er erblickte, waren drei dieser aufdringlich und nicht sonderlich nüchtern wirkenden Zauberer und Hexen. Zwei waren Frauen und hatten soeben gesprochen, der Mann wirkte so kaputt, dass er sich nur unter der Kaputze seines Unhangs versteckte und sein Gesicht im Schatten verbarg. Das einzige was man sah, war ein schmaler, rissiger und blutender Strich, der wohl den Mund des Zauberers darstellen sollte.
"Nein. Wir kommen klar. Wir wollten gerade gehen."
Sirius klang ungewöhnlich ruhig, als würde er diese Art Magier kennen, als wäre er hier schon einmal gewesen.
Er drehte sich zu James, packte das Handgelenk seines besten Freundes und zog ihn eilig hinter die nächste Ecke, um auf ein Schild zu zeigen. Es war eines dieser Schilder, die Muggel in Städten benutzen.
Nocturngasse.
Jetzt wusste auch James, wo sie waren. Als er sich nun umsah, ķamen ihm die Bilder in den Kopf, die er damals gehabt hatte, als Euphemia Potter ihm und seiner Schwester von der dunklen und gefährlichen Nocturngasse erzählt hatte. Einem Ort, an den sie nie hatten gehen dürfen, ein Ort, in dem nur seltsame Gestalten wären.
Die verlassenen Gebäude stellten sich als ehemalige Geschäfte heraus, manche von ihnen waren sogar noch geöffnet. Vor einem dieser schäbigen Läden erkannte James nun auch eine weitere Gruppe Zauberer. Es war ein Ehepaar, genauso dunkel gekleidet, wie es jeder in dieser Gasse war, begleitet von zwei Kindern, einem Jungen und einem Mädchklen. Der Junge musste ungefähr in Amelias Alter sein, und das Mädchen...
...Bellatrix.
James erkannte sofort ihre lockigen, unordentlichen Haare. Sie war die einzige, die ihre Kaputze nicht aufgesetzt hatte.
Auch Sirius schien die Personen zu kennen und nickte nur in die andere Richtung, in die Richtung, aus der sie gerade gekommen waren.
"Lass uns hier verschwinden."
"Warte mal..."
"Nein James!", Sirius sprach aufgregt, als wäre er kurz davor, wütend zu werden. "Diesmal warten wir nicht. Diesmal machen wir niemanden dumm an. Diesmal hoffen wir, dass wir unversehrt zurückfinden!"
James war überrascht. Sirius hatte noch nie so etwas gesagt, noch nie eines ihrer Vorhaben abgelehnt,jedes Risiko in Kauf genommen. Egal was sie hier erwarten würde, wenn sie bleiben würden, es würde schrecklich sein, dessen war sich James sicher. Er fragte nicht mehr nach.

Sie hatten wieder zurück gefunden, waren vor Freude fast im Kreis gehüpft, als sie die Winkelgasse wieder vor Augen hatten. Natürlich waren sie später als verabredet an dem Treffpunkt mit James' Eltern eingetroffen und Euphemia war kurz vorm Eskalieren gewesen, aber Fleamont hatte sofort ein anderes Thema angesprochen.
"Sirius, tut mir leid, aber deine Eltern waren irgendwie nicht zuhause. Es hat uns niemand aufgemacht."
"Ich weiß. Die waren... einkaufen."
Warte... waren das da unten Sirius' Eltern?!
"Du kannst dann natürlich einen von unseren alten Besen haben, wenn du mit James spielen willst, es ist halt nicht dein eigener."
Sirius nickte verständnisvoll und dankbar, allerdings lag in seinem Blick immernoch diese Sorge und Nachdenklichkeit, die er seit der Nocturngasse nicht verloren hatte.

The Marauders - From the beginningWhere stories live. Discover now