26

40 3 3
                                    

Die Tage vergingen und James redete immer weniger. Es war, als würde dieser Druck, der auf ihm lastete, ihm die Kraft nehmen, seinen Mund zu öffnen. Der Druck, der Erste zu sein, der wenigstens etwas über den Dunklen Lord wusste. Und doch wusste er nichts.
Fleamont und Euphemia machten sich zunehmen Sorgen um ihren sonst so aufgeweckten Sohn, der nun bei jedem Abendessen einfach schwieg. Manchmal wachte James nachts auf, um seine kleine Schwester neben ihm im Bett vorzufinden, die sich, sobald James eingeschlafen war, in sein Zimmer geschlichen haben musste.
Einmal hatte er sie vorsichtig in ihr eigenes Zimmer zurückgetragen, er hatte in dieser Nacht allein sein wollen. James hatte Sirius Briefe geschrieben, auf die sein bester Freund nicht antwortete. Remus und Marlene waren im Urlaub, und somit dauerte es ewig, bis sie einander schreiben konnten. Peter war gerade der einzige von James' Freunden, der ihm regelmäßig und verständnisvoll antwortete.
Und dann war da eines morgens diese Eule vor James' Fenster. Eine Eule, die er nur zu gut kannte, genau wie die dünne, verzierte Schrift, in der sich der sich J. F. Potter über den Briefrücken schwang.
Narcissa hatte ihn in einem relativ knappen Brief zu einem erneuten Familientreffen eingeladen, welches man laut ihr nicht Familientreffen nennen konnte. Es würden keine Gäste erwartet werden und sie würde sich freuen, ihn in den Ferien zu treffen, einfach mal wieder mit ihm zu plaudern.
Natürlich hatte James eulenwendend zugesagt. Niemals würde er sich in der jetzigen Situation die Chance entgehen lassen, nocheinmal bei den "richtigen" Reinblütern herumzuschnüffeln. Und Sirius würde diesmal nichts davon erfahren.

"Nein, James. Ich verbiete dir, diese Familie zu besuchen."
Das hatte sich der kleine Junge, dessen Haare mitlerweile nervtötend lang geworden waren und ihm wild über die stirn hingen, anders vorgestellt.
"Und warum genau, Vater?"
"Liest du denn nicht mehr die Zeitung? Diese Familie steht unter Verdacht, Schreckliches zu tun, und ich werde nicht meinen Sohn alleine in diese Gefahr begeben!"
"Aber Narcissa ist doch nicht schlimm! Sie würde keiner Fliege erwas zu Leide tun!"
James wusste, dass er log. Er wusste, dass sein Vater Recht hatte. Doch er musste unbedingt mehr herausfinden. Gerade jetzt.
"Das ist mir egal! Und jetzt keine Widerrede mehr, Junge!"
Noch nie hatte James seinen Vater so ernst erlebt. Selbst Euphemia schien nicht zu wollen, dass ihr Sohn diesen bestimmten Kontakt pflegte. Dabei freuten sie sich doch sonst so, wenn James seine Freunde besuchte. Auch damals, vor Hogwarts, hatte er stets seinen Freund Christopher Granger besucht, seine Schwester ging drei Jahre über James auf Hogwarts. Nie hatten seine Eltern sich über die Abstammung irgendeiner dieser Menschen beschwert, und angesichts der Tatsache, dass Großmutter Dorea selbst eine Black war, und, Merlin bewahre, immernoch ist, sollten sie doch etwas toleranter sein.
"Ist etwas gefunden worden? Haben die Auroren etwas herausgefunden?"
Anders konnte James es sich nicht erklären. Er kannte seinen Vater so nicht.
Und tatsächlich veränderte sich die starre Miene von Fleamont. Seine Augen weiteten sich, nur für einen Wimpernschlag, nur um dann einen besorgten und zweifelnden Blick anzunehmen.
"Vater, was passiert da draußen?"
Er antwortete nicht. Eine halbe Ewigkeit sah er seinen Sohn nur mit diesem ängstlichen Blick an.
Und dann, endlich, bewegten sich seine Lippen.
"Da draußen ist etwas. Jemand. Und es ist gefährlich. Solange wir diese Person nicht mindestens identifiziert haben, möchte ich nicht, dass du dich in unnötige Gefahr begiebst."
"Wer ist dieser Mann?"
"Wer sagt, dass es ein Mann ist?"
James' Mutter hatte bis jetzt geschwiegen. Doch auf einmal musterte auch sie ihren Sohn misstrauisch. Ihr Gedanke schien sich nun auch bei Fleamont einzupflanzen, denn nach kurzer, sichtbarer Verwirrung starrte auch er James verwundert an.
"James, haben sie dir in Hogwarts etwas erzählt? Ist etwas passiert? Bist du deswegen so ruhig?"
"Was... Nein! Es ist nichts passiert. Nur das, was im Tagespropheten stand."
"Aber da stand doch vor beginn der Sommerferien noch garnichts"
Fleamonts Blick wurde immer misstrauischer.
"Ich... Da..."
"James, was willst du bei Narcissa?"
Diese Frage überrumpelte den Jungen. Nie hätte er gedacht, dass seine Eltern ihn so überführen würden, so ausfragen würden. Und er wusste nicht genau wieso, aber es machte ihn unglaublich wütend.
"Ja genau, ich will mich diesem ach-so-gefährlichem Dunklen Lord anschließen. In Wirklichkeit hat Dorea mich Hirngewaschen. Sirius denkt natürlich auch so und in Hogwarts haben wir einen kleinen Club der dunklen Gemüter. Seid ihr komplett verrückt? Was in Merlins Namen unterstellt ihr mir da?!"
"Junge, ich verbiete mir diesen Tonfall! Entweder du beruhigst dich oder du verbringst den Rest der Ferien auf deinem Zimmer!"
Bitte was?!
"Du kannst mich nicht einsperren!"
"Und wie ich das kann! Über diese Morde und Anschläge macht man sich nicht lustig, und erst recht nicht wenn man so jung und unerfahren ist wie du. Und du wirst garantiert nicht auf eigene Faust bei den Blacks recherchieren!"
Jetzt war Fleamont ebenfalls wütend. Noch nie hatte er James so angebrüllt. Einmal hatte James, als er noch klein gewesen war, die Besenkammer in Brand gesetzt. Er hatte keinen Ärger bekommen. Auch nicht, als er mit Sieben Jahren in der Winkelgasse unter der Menschenmenge verschwunden war. Seine Eltern hatten Stunden nach ihm gesucht, aber noch nie hatten sie ihn angebrüllt.
Und die Tatsache, dass sie ihn gerade jetzt verurteilen wollten, gerade jetzt, wo er doch nur helfen wollte, verletzte ihn zutiefst. Etwas in ihm brach und es fühlte sich an als wäre der letzte Funken Hoffnung auf Rückendeckung in ihm Zerbrochen.
Und genau in dem Moment, in dem eine verschlafen aussehende Amelia nit zerzausten, langen Haaren im Türrahmen auftauchte, ihren Vater verwundert ansah und mit großen Augen fragte, wieso er denn schrie, stand James vom Essenstisch auf. Er ließ Fleamont sekundenlang nicht aus den Augen und er fühlte, wie sein Blick sich leerte. Und als er sah, wie Fleamonts Augen zuckten und er gerade den Mund aufmachen wollte, um sich zu entschuldigen, drehte James sich um. Er schob seinen Stuhl nicht zurück, er achtete nicht auf seine Mutter, die ihn ruhig darum bat, doch bitte zu bleiben, er bemerkte nicht Amelias besorgten und traurigen Blick.
Er lief nach oben, in sein Zimmer.
Seine Handlungen waren wie ferngesteuert. Er schaute nicht einmal richtig auf den Pullover, den er sich für den kühlen Abend heraussuchte, sein Zauberstab fand allein in seine Gürtelschlaufe, mehr würde er nicht brauchen.
Während er zum Fenster lief, schappte er sich seinen Besen, der an der Wand in seiner Halterung hing, und als er die Glastüren zu seinem Balkon öffnete, drehte er sich um. Er blickte auf sein Zimmer zurück, überall lagen rot-goldene Kleidungsstücke verteilt und es wirkte warm. Viel zu warm im Vergleich zu dieser enttäuschten Kälte, die sich dank seines Vaters nun in James ausbreitete.
Tränen liefen ihm die Wangen herunter, als der Junge sich in den Himmel schwang, Richtung Osten flog und ausschau hielt, nach dem dunkelsten und größten Anwesen in ganz London.
Die Zeit verging schnell, immer wieder flog der Gedanke in seinem Kopf herum, wie die Vögel, die an James vorbei als erste ihren Weg in den Süden antraten.
Warum will er mir nicht einfach helfen.
Warum sind auf einmal alle so weit entfernt.
Ihm blieb nicht viel Zeit, an Sirius zu denken, da stand er auch schon im Garten der Familie Black.
Er klopfte drei Mal, langsam, aber laut.
Und als Andromeda die Tür öffnete, führte sie ihn sofort zu Narcissa, als hätte sie auf ihn gewartet.
Und Narcissa verstand sofort.

The Marauders - From the beginningHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin