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Die Tage bis zum ersten Nachsitzen-Samstag genoss James regelrecht. Er setzte sich meistens neben Remus oder Marlene, letzteres schien Sirius besonders zu provozieren, auch die Pausen und Abende verbrachte er mit seinen anderen Freunden und ignorierte Sirius größtenteils. Die Lehrer bekamen langsam Wind von dem Streit zwischend den bisher größen Unruhestiftern des Jahrganges. Und sie alle entwickelten andere Arten, damit umzugehen. Professor McGonagall hatte bereits dafür gesorgt, dass die beiden Jungen sich in ihrem Unterricht noch nicht einmal böse anstarrten. Professor Slughorn, ihr Lehrer für Zaubertränke, meinte es gut und versuchte entweder eine Art Paartherapie mit den beiden zu führen, oder sie durch ihren gemeinsamen Hass auf Severus wieder zu vereinen, allerdings erreichte er damit nur, dass jener Slytherin seinen Unterricht mit verbrannten und dampfenden Haaren und Klamotten verließ.
Professor McLaggens freute sich gehässig darüber, dass die ach so tollen Gryffindors auf solch einem Kindergartenniveau streiteten und verlieh jedes Mal Punkte an Slytherin, sobald einer der beiden begann, den anderen anzumotzen, da sie sich in Verteidigung gegen die dunklen Künste natürlich nicht auseinandersetzen durften.
Doch weiteres Nachsitzen bekamen sie nicht aufgebrummt.
So zählte James die Tage, bis der erste Samstag nun angekommen war und überlegte, ob er sich krank stellen sollte, damit er nicht den ganzen Nachmittag mit Sirius Trophäen schrubben musste. Auch beim Frühstück konnte nicht einmal Marlene ihn ablenken, Narcissa war zu seiner großen Sorge immernoch nicht wieder aus dem Krankenflügel entlassen worden, Remus war heute bei Sirius und Peter baute mal wieder nur Scheiße. Gerade war er dabei sich Kürbissaft über seinen ganzen Umhang zu schütten, statt ihn zu trinken.
"Merlin, Peter, wie dumm kann man nur sein", stöhnte James entnervt auf und bewarf ihn mit einer Serviette.
Peter murmelte nur ein beschämtes "Danke" und ignorierte Marlenes schallendes Gelächter.
"Ach komm schon, Jamie", er war froh, dass sie ihn nicht Jamesie nannte, "du musst doch bestimmt nicht mal mit ihm reden. McGonagall lässt euch eh nur Aufsätze schreiben. Und dann hast du wieder eine Woche Ruhe"
"Wieso streitet ihr überhaupt?"
"Peter. Gibs auf."
James schaute nur schweigend dabei zu, wie Marlene nach ihrem gefühlt hundertsten Aufmunterungsversuch Peter anmotzte. Wie oft haben wir ihm das denn bis jetzt schon erklärt? James wusste es nicht mehr.
Doch er wusste wie spät es war. Kurz vor zwölf. Er musste los.

Vor McGonagalls Büro wartete James nicht, bevor er klopfte und wurde sofort hereingebeten.
"Potter, da sind Sie ja. Wo haben sie Mister Black gelassen?"
"Keine Ahnung wo er ist, Madame."
Er war ihm auf dem Weg durch die Gänge nicht begegnet.
"Nun, das ist auch nicht so schlimm. Sie können schon alleine anfangen. Sie werden heute zusammen zu Hagrid gehen und ihm beim Holz hacken zur Hand gehen."
James kannte Hagrid. Er war ein gigantisch großer, behaarter Mann, der die Erstklässler an ihrem ersten Tag mit breitem Grinsen nach Hogwarts kutschiert hatte. Er wirkte ein wenig dämlich.
"Okay. Schicken Sie Sirius dann nach?"
"Aber selbstverständlich. Nachdem er seine Standpauke wegen Zuspätkommens erhalten hat. Und nun husch, je früher Sie anfangen, desto früher dürfen Sie gehen"
James tat, wie ihm geheißen und lief durch das Schloss zum großen Eingangstor und quer über das Gelände an den Rand des Verbotenen Waldes, wo Hagrid seine Hütte stehen hatte. Die Wolken hingen an diesem Tag tief und es drohte, aus den weißen Wolken zu schneien. Verdammter Hippogreifmist, dachte James, während er sich seinen Schal enger um den Hals zog. Er hielt Ausschau nach Hagrid, doch dieser war anscheinend nicht in seiner Hütte und auch sein Garten war leer.
"Wo bleibt der denn?", jammerte dann auf einmal eine durchaus vertraute, wenn auch nicht unbedingt erwünschte Stimme. Sirius war ihm offenbar kurz nachdem James das Büro verlassen hatte, gefolgt und stand nun nicht gerade begeistert neben seinem ehemaligen besten Freund.
James gab keine Antwort. Er schaute nicht mal in seine Richtung. Am liebstem hätte er Sirius die Zunge rausgestreckt.
"James"
Er reagierte immernoch nicht. Dachte Sirius ernsthaft, nur weil sie nun zwangsläufig zusammenarbeiten mussten, wäre alles wieder gut?
"James!"
Dachte er ernsthaft, er würde ihm einfach so verzeihen?
"James, verdammt, jetzt schau mich doch mal bitte an. Wie soll ich mich denn sonst gescheit bei dir entschuldigen?"
Warte, was?!
Überrascht und misstrauisch drehte James leicht seinen Kopf zu Sirius und zog abwartend seine Augenbrauen nach oben.
"Es tut mir leid, okay? Ich hätte dich nicht so anschreien dürfen, nur weil du deine eigenen Freundschaften knüpfst. Ich weiß nicht was ich mir dabei gedacht habe. Aber ich halte das nicht mehr aus. Wir reden nicht miteinander, wegen uns ist Remus total im Stress, weil er sich zwischen uns aufteilen muss, und ich verzweifle langsam. Du bist der erste richtige Freund den ich hatte. Ich will dich nicht verlieren. Nicht wegen so etwas. Nicht wegen so dummen Menschen wie meiner Familie."
Warte... WAS?!
"Es tut dir also leid, ja?", James war immernoch misstrauisch, selbst als Sirius flehend nickte. "Du hast mich tagelang angesehen, als wölltest du, dass ich mir alle Knochen breche und jetzt tut es dir leid?"
"Versteh doch, ich bin mit diesen Leuten aufgewachsen, ich kenne sie nur so, wie sie sich mir gegenüber verhalten haben. Die Vorstellung, dass sie nett zu jemandem sein konnten, war für mich mehr als nur abwegig und vielleicht war ich auch ein wenig eifersüchtig. Aber naja... also, Remus hat mit mir geredet, hat mich gefragt ob es das ganze wirklich wert sei. Und dann hab ich nachgedacht und... nunja, sagen wir einfach, ich habe eingesehen, dass es deine Entscheidung ist, auf wessen Geburtstage du gehst und nicht meine."
James' Mund war während Sirius geredet hatte immer weiter aufgeklappt. Er hatte mit allem gerechnet, sogar mit Morddrohungen, aber nicht mit einer Entschuldigung.
"Ach, hast du das endlich auch mal gemerkt, ja?"
"James, komm schon. Versuch doch wenigstens, mir zu verzeihen. Ich halt das es nicht mehr aus. Ich brauche dich, als Bruder, du bist der einzige mit dem ich über alles reden kann"
"Seit wann so sentimental?"
"Bitte, James!"
James seufzte. Auf der einen Seite wollte er Sirius schon vergeben. Er vermisste doch auch die Zeiten, in denen er mit seinem besten Freund in der Bibliothek saß und Pläne für neue Streiche schmiedete. Doch andererseits konnte er auch einfach nicht vergessen, wie Sirius ausgerastet war und ihm den Umgang mit Zissy verbieten wollte.
"Hör zu Sirius. Ich werde dir garantiert noch nicht verzeihen. Du hast dich so bescheuert verhalten, ernsthaft... aber ich denke es ist okay, wenn wir wieder normal miteinander reden. Mal schauen, ob du dich auch wirklich eingekriegt hast, verstehst du?"
Sirius nickte dankbar und fiel James um den Hals. Dieser konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen und erwiderte die Umarmung glücklich. Merlin, wie er das vermisst hatte. Er hatte garnicht gemerkt, wie sehr Sirius ihm gefehlt hatte, er war zu beschäftigt damit gewesen, ihn kramfhaft zu hassen. Doch jetzt fiel ihm auf, dass der Streit mit seinem Freund ihn mehr mitgenommen hatte, als er sich hatte eingestehen wollen. All die Wutanfälle, sein zickiges Verhalten gegenüber jedem, jedes Mal, wenn er Marlene angemotzt hatte, all das hatte damit zu tun, dass er jemanden verloren hatte, den er hätte nicht verlieren dürfen. Und jetzt, wo er auf dem besten Weg war, sich mit Sirius zu versöhnen, war er auch viel positiver darauf gestimmt, die Blacks kennenzulernen. Er wollte es nicht mehr nur aus Rache und Trotz tun, sondern auch, um die Menschen zu kennen, die Sirius so fertig machten. Und vielleicht schaffte er es ja sogar, dass sie ihn mochten.
Immerhin war er Reinblut und konnte Französisch.

"Na sieh mal einer an, da kuscheln die beiden schon wieder, ohne dass ich was tun musste!"
Hagrid war endlich mit zwei großen Fichten auf den Schultern aufgetaucht. Seine Fußspuren führten durch den Schnee in den Verbotenen Wald.
Sirius und James lachten verlegen und lösten sich an den Hinterköpfen kratzend voneinander.
"Also, dann wolln wir mal. Ich muss n Gehege bauen, für son kleines Hippogreifbaby, das hier bald herkommt. Dumbledore hat es mir zu Weihnachten geschenkt. Großer Mann, dieser Dumbledore. Jedenfalls helft ihr beiden mir heut dabei, die Pfeiler für den Zaun zu hacken. McGonagall hat mich eigentlich beauftragt, euch duch die Arbeit dazu zu bringen, euch wieder zu vertragn, aber das habt ihr beidn Zwerge ja auch ganz gut ohne mich hinbekommn!"
Wieder lachten die beiden Jungs nur und schnappten sich etwas überfordert jeder eine Axt. Fragend schauten sie zu dem riesigen Wildhüter auf.
Er war locker drei Mal so groß wie sie.
"Ähm, Hagrid..."
"... wie macht man so was?"
"Na nu, das is doch ganz einfach. Schaut ma her. Ihr sorgt dafür dass die Stämme richtig schön fest dastehen, dann holt ihr schön viel Schwung und haut mit schön viel Kraft in die Mitte des Stammes. So!"
Hagrid vollführte den schönen Ablauf und nachdem sich James und Sirius zweifelnd, aber glücklich angesehen hatten, holten auch sie Schwung und säbelten schön in die Stämme hinein.

The Marauders - From the beginningWhere stories live. Discover now