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Es war Abend gewesen, der Himmel schon verdunkelt und die Luft abgekühlt, als Fleamont Potter aufhörte, seinen Sohn wegen der Flucht auszuschimpfen.
James wurde sich der Tatsache, dass sein Handeln sinnlos und übertrieben gewesen war, immer bewusster und er bereute es zutiefst, so reagiert zu haben.
Sein Vater hatte sich ein paar mal unabsichtlich versprochen und ein paar Details über diesen muggelmordenden Zauberer herausgerückt, die James kurz darauf in einem Brief an Remus niedergechrieben hatte.
Marlene war wieder zurück aus dem Urlaub, sie war in Frankreich gewesen und hatte ein paar Souvenirs für ihre Freunde mitgebracht. Nun hatte James einen kleinen, je nach Tageszeit leuchtenden Eifelturm auf seinem Nachttisch stehen, und er hatte sich nicht getraut, die Schleife und somit den Zettel mit seinem Namen von dem Geschenk zu lösen. Das rosa Band passte perfekt zu der rosanen Tinte, die sich schwungvoll über das kleine Pergament zogen.
Jamesie.
Sirius antwortete immernoch nicht.
Die Tage vergingen und James' Sorgen wuchsen und wuchsen.
Es kribbelte ihn in den Fingern, noch einmal seinen Besen zu schnappen und nach seinem besten Freund zu sehen.

Die Tage vergingen.
Remus antwortete schnell, er hatte sich in Wales umgehört und auch seine Eltern befragt, doch auch er wusste nicht mehr, als James herausgefunden hatte. Nur dass ein gewisser Dunkler Lord sich auf einen Kampf vorbereitete.
Die nächsten euelnwendenden Briefe handelten von Verabredungen zum gemeinsamen Einkaufen in der Winkelgasse, wobei Remus immer wieder betonte, dass er nicht viel brauchen würde. Nur seine Bücher.
Peter Pettigrew wuchs James immer mehr ans Herz. Seine Briefe rochen nach frisch gebackenen Keksen und ihr Inhalt war mindestens genauso herzerwärmend. Er war die Verkörperung des Optimismus und bekräftigte James in seinen Gedankenvorgängen. Gemeinsam hatten sie sich schon neue Streiche für das zweite Schuljahr überlegt, manche in der Vorraussetzung, dass James es mit seinen überragenden Qualitäten in die Mannschaft des Quidditschteams schaffen würde. Remus war begeistert gewesen, er schien diese Art von Ablenkung zu lieben. Er hatte all die Pläne vollendet, mit Zaubern perfektioniert und immer ihre Sicherheit bedacht.
Doch Sirius antwortete auf keinen einzigen Brief. Auch die beiden anderen Jungs, und vor allem Marlene, schienen sich um den Sohn der Familie Black zu sorgen.
Remus hatte sogar vermutet, dass er nicht mehr mit ihnen reden wollte, da seine Familie ihn möglicherweise beeinflusst hatte.
Doch das wollte und konnte James nicht glauben.
Sirius war viel zu lieb für so ein Gedankengut.

Doch die Tage vergingen.
Die Tage wurden länger, die Nächte kürzer und schließlich war es nur noch eine halbe Woche, bis James in diesem heißen, trockenen Sommer wieder nach Hogwarts fahren würde.
Er konnte sich kaum noch an den Gleis 9 3/4 erinnern, die rote, glänzende Lok erschien ihm wie im Traum und er konnte nicht glauben, dass dieser Traum erneut war werden würde.
Er freute sich wie ein kleines Kind.
Die Sommerferien hatten James verändert. Nicht nur der Druck des Dunklen Lords, sondern auch der fehlende Umgang mit Gleichaltrigen hatten ihn dazu gebracht, sich nicht mehr als Kind zu sehen. Er war nun zwölf. Das bedeutete in einem Jahr wäre er dreizehn und dann dürfte er offiziell Butterbier trinken. Und das bedeutete er musste anfangen, sich wie ein Erwachsener zu benehmen.
Und da Fleamont Potter ein groß geratenes Kleinkind war, dass immernoch nur Unfug im Kopf hatte, nahm sich James einfach ein Beispiel an Cygnus.
Er war arrogant, erfolgreich, beliebt.
Er wusste, was los war und wann es los war.
Genau das wollte James auch. Nur ohne den zusätzlichen Schlammblut-modus.
Und das er alles schaffen konnte, was er nur wollte, würde er schon noch jedem zeigen.
Er wollte beliebt sein, wie es die großen Fünftklässler in Hogwarts gewesen waren, selbstbewusst und schlau. Die Ohnegleichen sollten ihm nur so entgegenfliegen und jeden Quidditchturnier gewonnen werden. Seine Streiche sollten seine Mitschüler zum Lachen bringen.
James befürchtete stark, dass bald alles anders sein würde. Er wusste nicht, wie und auch nicht, wann. Aber er sah es an den Gesichtern seiner Eltern, besorgt und angespannt. Jedes Mal wenn James und Amelia das Wohnzimmer betraten, taten ihre Eltern so, als wäre alles gut, planten Ausflüge und Reisen und bedachten ihre Kinder mit liebevollen Blicken, in denen allerdings auch eine gut verseckte Sorge lagen.
Manchmal konnte James es nicht mehr ertragen, seine sonst so viel redende Mutter so ernst zu sehen und versteckte sich auf seinem Zimmer.
So wie jetzt.
Und manchmal kam dann auch Amelia dazu, löcherte James mit Fragen oder brachte ihn wieder zum Lachen.
So wie jetzt.
Sie lagen aneinandergekuschelt in James' großem Bett und er kitzelte sie, bis sie um Waffenstillstand bettelte.
Die rote Bettdecke war total zerknittert und durch Amelias unkontrollierte Zuckungen waren einige Sachen vom Nachttisch auf den Boden gefallen.
"Jamie", keuchte sie unter ihrem quietschenden Lachen "Jamie... hör auf"
Sie riss ihre großen Augen bemittleidenswert auf, was zusammen mit ihrem breiten Grinsen einfach nur gruselig aussah, und James ließ sie los.
Das Lachen seiner Schwester hatte ihm schon immer geholfen, es war wie ein Heilmittel für alle Sorgen dieser Welt. Ihre leuchtenden Augen vertrieben jeden Schatten aus James' Gedanken. Es interessierte sie nicht, was morgen kommen würde, auch nicht, was gestern war. Jeder Tag war für sie eine neue Chance, ihre Familie zum Lachen zu bringen und neue Dinge zu lernen.
James liebte sie so sehr.
Er schlang die Arme um seine kleine Schwester und starrte an seine Decke, an der immernoch die bei Nacht schimmernden Sterne klebten, die, als er noch ein kleines Kind gewesen war, nachts seine Angst vor der Dunkelheit vertrieben hatten.
Er hatte sie nie abmachen wollen.
"Duu Jamie?"
"Ja?"
"Kannst du vielleicht Dumbledore schreiben, ob ich ein Jahr früher nach Hogwarts darf?"
Überrascht blinzelte James seine kleine Schwester an, sie lachte nun nicht mehr, ihr Blick war traurig.
"Wieso denn das?"
Sie schniefte.
"Ich bin hier so alleine seit du weg bist. Mama und Papa arbeiten den ganzen Tag, vor allem seit diesen bösen Neuigkeiten im Tagespropheten.", wieder schniefte sie. "Und du hast so viele tolle Sachen von Hogwarts erzählt, wie viel du schon gelernt hast und du schreibst die ganze Zeit mit deinen neuen Freunden, und ich..."
"Hey, Amy", James unterbrach sie. So mit anzusehen, wie sie sich in ihre Einsamkeit reinsteigerte, war einfach unmöglich. "Ich vermisse dich doch auch."
"Wirklich?"
"Aber natürlich. Jeden Tag. Aber schau mal... du musst doch bloß noch ein Jahr warten. Und dann lernst du selber neue Sachen und findest Freunde."
"Aber es ist noch ein ganzes Jahr"
"Würdest du denn jetzt schon ein ganzes Jahr von Mama und Papa weg sein wollen? Sie nicht mehr sehen, erst Weihnachten wieder? Auch nicht nachts?"
Endlich zögerte sie.
James wollte nicht, dass Amelia jetzt schon nach Hogwarts kam. Hier bei ihren Eltern war sie sicherer. Sie war doch noch viel zu jung, um sich mit den Problemen in Hogwarts herumzuschlagen. Mit fiesen Kindern, die Gerüchte über sie verbreiten. Oder, Merlin bewahre, Sirius, der dann jeden Tag bei ihr sein kann und ihr weiß Merlin was in den Kopf setzt.
Er sollte mal schön die Finger von ihr lassen.
"Siehst du, Amy. Warte lieber noch ein Jahr. Ich kenne sogar schon jemanden, der im selben Jahr wie du eingeschult wird."
Sie riss wieder ihre Augen auf, interessiert und neugierig. Sie leuchteten wie immer. "Wirklich? Wen denn?"
"Regulus. Der Bruder von Sirius. Er hat dir doch mal von seinem Bruder erzählt, als er hier war."
"Stimmt. Sirius mag seinen Bruder."
"Und du wirst ihn auch mögen. Dann wirst du schon mal eine Person kennen. Jetzt kennst du niemanden."
Sie zögerte wieder, ihre Augen funkelten James an.
"Na gut, aber wehe du schreibst mir nicht mindestens ein mal am Tag!"
Er lachte nur. Laut und zufrieden.
James hatte es geschafft, ein Jahr für ihre Sicherheit zu garantieren. Sie würde schon früh genug kämpfen lernen, aber je später desto besser.
Es reichte vollkommen aus, wenn James die Zauber beherrschte und seine Familie beschützen konnte.
Am Besten sollte sie nie auch nur etwas von diesem Krieg erfahren.
Und dann hörte James auf einmal ein schepperndes, irgendwie zaghaftes Geräusch, dass ihn aus seinen Gedanken riss.
"James, Remus ist da", brüllte kurz darauf sein Vater, gerade als James und Amelia sich aufgerappelt hatten und zur Treppe gelaufen waren.
Unten vor der Einganstür stand Fleamont Potter, grinsend und mit einem Putzlappen in der einen Hand.
Die andere reichte er dem kleinen Jungen, der neben ihm stand.
Remus Lupin grinste ebenfalls, seine hellbraunen Locken sahen gebändigter aus, als vor den Ferien und er hatte Sommersprossen auf der Nase.
"Hallo Mr. Potter, schön Sie wiederzusehen."
"Ach Kleiner, du kannst ruhig Du zu mir sagen. Und Fleamont."

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