19. Kapitel/Das zweite Gespräch

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~Jack P.O.V.

Close your eyes, feel the rain and begin to dance. 

„Weiß du Skyla, du bist genau wie dein Vater. Nie zeigst du deine Gefühle, lässt jemanden hinter die Mauer blicken. Immer wieder verschließt du dich vor allen. Auch vor denjenigen, welche dir helfen wollen. Nie lässt du uns mal hinter die Mauer blicken. Obwohl ich genau weiß, was wir hinter dieser mauer erblicken würden. Ein einsames, zerbrochenes Mädchen, welches sich selbst aufgegeben hat. Doch du darfst nicht aufgeben, Skyla. Du musst kämpfen. Kämpf um deine Zukunft, um dein Leben, um deine Liebe."

Vielleicht ist, ja doch etwas daran, mit den Menschen zu reden, welche im Koma liegen. Ich habe das nie zuvor getan. Vielleicht ist es auch kompletter Blödsinn, was ich hier gerade tue, aber vielleicht hilft es ihr auch, oder sie hört uns und fühlt sich nicht alleine, egal wo sie gerade ist. Vielleicht ist sie gerade in einer anderen Welt, in einem dunklen Raum, oder auf einer Blumenwiese. Wer weiß das schon?

„Hör zu Skyla...früher hast du nie verstanden, weshalb deine Mutter sich wegen deinem Vater umgebracht hat. Doch ich denke, dass du nun verstehst. Du verstehst nun die Kraft, des Bandes zwischen Mates. Deine Mutter hat sich geliebt Skyla, genauso wie dein Vater dich geliebt hat. Du hast deine Mutter, in der ersten Zeit, nach ihrem Tot gehasst und verurteilt, aber sieh dich doch jetzt selber an. Du hast genau die gleiche Entscheidung getroffen, du hast aufgehört zu kämpfen, aber Skyla, es gab nie einen Grund, auf zu hören, zu kämpfen. Du hast Demir an deiner Seite, welcher dich liebt und nicht betrogen hat. Er wird dich nicht verlassen Skyla, also verlass du ihn nun auch nicht. Ihr bracht euch gegenseitig. Wenn der eine nicht mehr ist, kann der andere auch nicht mehr da sein. Ihr seid nur zusammen, komplett und vollständig. Nur zusammen könnt ihr diesen Parcour des Lebens, durchqueren und bestehen. Deine Mutter und dein Vater, waren genauso wie ihr. Nur haben sie nicht so viele Hindernisse überqueren müssen, sowie ihr es musstet und immer noch müsst. Doch hat ihre Liebesgeschichte, schneller geendet, als sie sollte. Eure Geschichte, euer Buch, hat gerade mal die ersten Kapitel bekommen, also stoppt nicht schon am Anfang, sondern füllt die anderen Seiten mit eurer Geschichte. Sie muss weiter geführt werden, bis sie ein anständiges Ende bekommen hat. Eure Geschichte ist noch in Produktion, aber um sie zu Ende zu bringen, muss man sie erstmal weiter führen. Jeder Mensch hat sein Leben und dieses Leben ist wie ein Buch und jeder ist der Autor seiner eigenen Geschichte. Doch jetzt wo ihr euch gefunden habt, schreibt ihr zusammen an einem Buch, an eure gemeinsame Geschichte. Skyla, du musst wieder aufwachen, du musst die Geschichte mit Demir zusammen, zu Ende bringen. Ihr müsst euer Leben doch erstmal leben, bevor es zu Ende geht. Lass uns hier nicht alleine zurück. Ich weiß, ganz sicher ist alles viel einfacher, dort wo du gerade bist, aber versteck dich nicht vor deinen Problemen, flüchte nicht vor der Gefahr, verletzt zu werden. Du musst stark sein. Ich weiß, du musstest schon so oft stark sein, aber es lohnt sich Skyla. Es lohnt sich zu kämpfen, also kämpfe du auch, für deine und Demir seine Zukunft. Für eure Zukunft."

Es fühlt sich komisch an, ihr all diese Sachen zu sagen und sobald sie aufwacht, weiß sie wahrscheinlich gar nichts mehr davon. Vielleicht hört sie es nicht einmal jetzt. Vielleicht kann sie keiner aus dieser Dunkelheit befreien, in welcher sie sich gerade befindet. Diesen Kampf, kann sie scheinbar nur alleine bestehen. Sie muss alleine Kämpfen. Ist auf sich alleine gestellt, hat keinen an ihrer Seite. Auch wenn ihr so viele helfen wollen, muss sie da alleine durch. Nur sie entscheidet über ihr Schicksal. Sie trifft die Entscheidung. Entweder sie wählt den Tot, die leichte Variante und verlässt uns alle, oder sie wählt das Leben und geht das Risiko ein, weiterhin verletzt zu werden und weiterhin kämpfen zu müssen.

Nicht länger ertrage ich diesen Anblick, vor mir. Es ist schrecklich, dieses einst so hübsche Mädchen, nun so kaputt und schwach vor mir zu sehen. Ich erhebe mich von dem Stuhl und gehe durch das Zimmer, rüber zum Fenster. Regen. Immer nur Regen. Man sieht von dieser Seite, des Gebäudes, genau auf einen Park, welcher auf der anderen Seite des Flusses steht. Alles ist in einem grauen Schleier gewickelt und scheint so trübselig und traurig. Aber mir ist, dieses Wetter in diesem Zeitpunkt lieber, statt das die Sonne scheinen würde. Die Sonne hat gerade keinerlei Grund zu scheinen. So lange Skyla nicht aufgewacht ist, möchte ich die Sonne nicht mehr scheinen sehen. Ohne sie ist es nicht das gleiche. Es schmerzt so sehr, als wäre sie meine leibliche Tochter. Was rede ich da? Sie ist meine Tochter und ich liebe sie über alles. Sie ist viel zu jung, um zu sterben.

„Skyla weißt du was? Du darfst aus noch einem Grund nicht sterben! Weißt du aus welchem?" ich wende mich vom Fenster ab und sehe wieder zu dem Krankenbett, „Du darfst noch nicht sterben, weil es wirklich komisch aussehen würde, wenn an einem Grabstein, dein früher Todeszeitpunkt stehen würde. Ich meine dich würden viel mehr Menschen bemitleiden und ich weiß, wie du es hasst, bemitleidet zu werden. Also muss du wohl oder übel, noch ein paar Jährchen mit Demir und uns leben. Also kleines, reiß dich zusammen und kämpf! Kämpf, bis du deine Augen wieder auf machst! Kämpf darum dass die Sonne wieder zu scheinen beginnt! Du bist stark Skyla, genau wie deine Eltern! Du hast das Herz einer Kämpferin."

Keine Regung. Kein Zeichen, dass sie aufwacht. Kein gar nichts.

Ein trauriges Lächeln bildet sich auf meinen Lippen, wieder drehe ich mich um und sehe raus zum Park. Keine Menschenseele ist draußen zu sehen, als wäre dieser Abschnitt der Stadt verlassen.

~River flows in you~

„Du kannst ja nicht sehen, wo du gerade bist, also werde ich dir erzählen, wie es hier gerade aussieht. Jeden Tag, werde ich kommen und dir erzählen, wie das Wetter ist, ich werde dir davon erzählen, was gerade in unserem Leben geschieht. Heute zum Beispiel regnet es, wie die anderen zuvor auch schon. Du liebst den Regen, das weiß ich. Ich weiß nicht, ob du dich daran noch erinnern kannst, aber es existiert ein Foto, von dir und deinem Vater. Du bist an diesem Tag, vier geworden und es hat geregnet. Wir alle waren deswegen deprimiert, außer du. Du hast dich an das Fenster gestellt und Minuten lang raus gestarrt. Irgendwann hat dein Vater, sich zu dir gestellt und dich gefragt, ob du raus möchtest. Wir alle haben deinen Vater verwirrt angesehen. Doch du hast sofort heftig genickt und bist deinen Regenmantel holen gegangen. Du stündest wenige Minuten später, in deinen gelben Gummistiefeln und deiner gelben Regenjacke da. Dein Vater nahm deine Hand und zusammen seid ihr raus in den Garten gegangen. Obwohl es wie aus Eimern geschüttet hat, habt ihr einfach angefangen zu tanzen. Egal wie verrückt, das jetzt klingen mag. Dein Vater hat dich in der Luft herum gewirbelt und du hast gelacht. Du hast schon so lange, nicht mehr so fröhlich und ehrlich gelacht. Genau in diesem Moment, hat deine Mutter ein Foto geschossen. Seit diesem Tag, hast du dir immer gewünscht, dass es zu deinem nächsten Geburtstag regnen soll. An deinem fünften gebürtig hat es geregnet, aber es war keiner mehr da, der mit dir zusammen im Regen getanzt hat. Zwei Wochen vor deinem Geburtstag ist dein Vater verstorben und seit dem, hast du nie mehr im Regen getanzt."

Eine einzelne Träne verlässt mein Auge. Zu sehr habe ich den Erinnerungen hinter her gehangen. Dieses Foto, es müsste irgendwo bei uns auf dem Dachboden liegen. Ich werde es sobald, ich nach Hause fahre, es suchen.

„Skyla..." ich gehe wieder zu ihrem Bett und nehme ihre Hand in meine. „Wach wieder auf und Tanz mit Demir zusammen im Regen." Vorsichtig, lege ich ihre Hand wieder auf das Bett, genau in diesem Moment, höre ich wie die Tür aufgeht. Ein frisch geduschter Demir kommt ins Zimmer und sieht mich hoffnungsvoll an, doch ich schüttle nur den Kopf und verneine, seine unausgesprochene Frage.

„Ich werde euch nun wieder alleine lassen. Morgen komme ich wieder. Pass gut auf dich auf Demir und vergiss nicht etwas zu essen, du musst auch bei Kräften bleiben."

Mit einem Handschlag verabschieden wir uns voneinander und ich verlasse das Krankenhaus. Ich laufe zum Parkplatz wo mein Auto steht, doch steige ich nicht ein. Nein, ich bleibe im Regen stehen und lege meinen Kopf in den Nacken, ich halte meine Augen geschlossen und lasse den regen auf mich hinab prasseln. Meine Kleidung, ist nach wenigen Minuten durchnässt, doch interessiert es mich nicht. Ich genieße die Kälte, der kleinen Tropfen auf meiner Haut. Der Regen wird mich für immer an Black erinnern, er wird mich für immer an Skyla erinnern. Sie darf nicht auch gehen. Einer von beiden, muss doch noch den regen genießen können, wenn beide weg sind, wer tanzt dann im Regen?

Skyla...du wirst wieder im Regen tanzen und dieses wundervolle Lächeln auf deinen Lippen tragen und jemand wird dich halten. Glaub mir kleine Skyla, es lohnt sich zu kämpfen und sobald du wach bist wird Demir den Kampf mit dir zusammen zu Ende kämpfen.



~*1530 Wörter*~ 

His broken MateWhere stories live. Discover now