Ein ganz normaler Tag?

958 38 5
                                    

LUCY POV:

"Lucy ?", hörte ich Eriks Stimme hinter mir. Ich drehte um und zwang mich zu einem Lächeln. "Was ist denn ?", fragte ich.

Drei Tage waren seit meinem Ausbruch vergangen. Erik hatte immer noch nicht verstanden, warum ich so aufgelöst gewesen war. Wir beide hatten diesen "Vorfall" später mit keinem Wort erwähnt, und trotzdem hatte sich etwas nicht greifbares verändert, was ich nicht so ganz beschreiben konnte. Es war ein seltsames, unterschwelliges Gefühl der Angst, das von mir ausging. Angst um ihn. Um sein Leben. Wie leichtfertig, gleichgültig... beinahe vorfreudig war seine Stimme gewesen, als er über seinen Tod gesprochen hatte.

Wie viel Dunkelheit kann ein Mensch ertragen, bis die Dunkelheit zu einem Teil von ihm wird ? Wie oft hatte ich mir seitdem diese Frage gestellt. Ich liebte ihn, mit all seinem Zorn auf die Menschheit, mit all seiner Dunkelheit, doch ich konnte ihn nicht vor sich selbst beschützen.

Ich hatte ihm das nicht gesagt, weil ich befürchtet hatte, das es ihn wütend machen würde. Ich hatte kaum etwas gesagt seitdem.

>Erik, mein Erik.<, dachte ich. >Ich bitte dich : Verlass mich nicht vor deiner Zeit<.

Und jetzt stand er vor mir. Er trug seine Maske und seinen Umhang. Fragend runzelte ich die Stirn.

"Ich gehe zur Oper.", erklärte er. "Ich habe einige... Dinge zu erledigen."

Ich nickte und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. "Ist okay. Geh ruhig die Direktoren und die Carlotta ärgern."

Er lächelte nachsichtig . "So wie du das sagst klingt das, als wäre ich ein kleiner Junge, der anderen Kindern Streiche spielt. Glaub mir, meine Arbeit ist um einiges ernster."

Ich zuckte mit den Schultern. "Wenn du meinst.", entegenete ich bloß.

Erik wartete noch eine Weile, als würde er darauf warten, dass ich noch etwas sagte, doch das tat ich nicht. Irgendwann drehte ich mich um, und sah, dass er verschwunden war.

Was ist nur mit uns passiert ?,fragte ich mich traurig.

Warum wusste ich nicht weiter ? Mir kam es vor, als sei ich in einer Sackgasse gelandet und der Rückweg war mir versperrt. Ich konnte nicht mehr ohne Erik, doch wie sollte ich mit ihm leben können, wenn er vorhatte, sich nach Beendigung seiner Oper, seines Lebenswerks das Leben zu nehmen ?

Wie konnte ich ihn davon abhalten ?

Würde ich jetzt in ständiger Angst um ihn leben müssen ?

Zudem hatte ich seit einiger zeit, das Bedürfnis meine Familie und Freunde wiederzusehen. Ich vermisste sie. Wann würde ich das nächste mal zurückkehren?

Ich musste Erik auch noch die Wahrheit sagen, aber bis jetzt war noch nicht der richtige Zeitpunkt gekommen...

Ziellos wanderte ich durch die Wohnung, die mir anfangs so kalt und bedrohlich vorgekommen war, und jetzt auf mich wie ein Zuhause wirkte.

Mein Blick fiel auf die Orgel. Wie oft hatte ich ihn daran sitzen sehen, und gehört, was für wunderschöne Töne er diesem Instrument entlocken konnte.

Ich legte meine Finger auf die Tasten und spielte ein paar Töne. Es war lange, lange her, dass ich Klavierunterricht gehabt hatte.

Ich setzte mich auf den Hocker. Meine Hände mussten sich erst einmal wieder daran gewöhnen, die vertrauten Akkorde zu greifen doch mit der Zeit fiel es mir immer leichter. In erinnerte mich an ein Stück, was ich früher immer sehr gerne gesungen hatte.

Leise begann ich zu singen :

Ich will nicht gehorsam, gezähmt und gezogen sein

Ich will nicht bescheiden, beliebt und betrogen sein

Liebe durch die Zeit? (In Überarbeitung)Where stories live. Discover now