Doch kein Engel?

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Als ich die Augen wieder aufschlug, erblickte ich... nichts. Ich konnte nichts sehen. War ja auch klar, denn es war dunkel. Also war ich wieder in der Vergangenheit.

Vorsichtig setzte ich mich hin, ich wollte keine hektischen Bewegungen mit meinem Kopf machen. Denn hier hatte ich wieder Kopfschmerzen. Na toll...

Für die Dunkelheit konnte es zwei Möglichkeiten geben: die erste war, es ist mitten in der Nacht oder die zweite ist es gibt hier unten keine Fenster. Hier unten...

Ich dachte kurz über meine Lage nach. Also, ich lag hier ohne jegliches Zeitgefühl unter der Erde. Niemand wusste wo ich war. Niemand würde mich finden. Ich könnte jeden Moment wieder in der Zeit springen. Und ich befand mich in der Hand des Phantom der Oper, der eigentlich kein Phantom war, sondern ein Mann mit einer Maske, namens Erik. Besagter Erik, war zwar sehr unfreundlich, hatte mich aber nach meinem Sturz mitgenommen und schien sich um mich zu kümmern. Warum?

Und warum war ich nur auf diese blöde Mutprobe eingegangen? Und dann auch noch durch diese Falltür gestürzt? Jeder wusste, dass das Phantom beziehungsweise Erik, in seinen Geheimgängen tausende Falltüren eingebaut hat. Ich schüttelte den Kopf, wobei ich meine Vielleicht-Gehirnerschütterung nicht bedachte und natürlich sofort dafür die Quittung bekam. So saß ich dann im Dunkeln und presste meine Hände gegen meine Schläfen, bis der Schmerz fast nachgelassen hatte. Irgendwann beschloss ich dann, dass die Gehirnerschütterung mich mal konnte, und stand vorsichtig auf. Ich tastete mich vor bis zur Tür, die sich lautlos öffnen ließ. Sofort kniff ich die Augen zusammen, denn helles Licht blendete mich. Also war es doch nicht mitten in der Nacht, sondern es gab hier einfach keine Fenster.

Und dann sah ich ihn... Erik, das Phantom der Oper saß mit dem Rücken zu mir an seiner Orgel. Jetzt fing er an zu spielen. Eine leichte traurige Melodie, die aus meinen Träumen. Dann fing er an zu singen- und erstarrte.

Diese Stimme, diese wunderschöne Stimme... verzauberte mich vollkommen. Hätte man mir in diesem Moment gesagt, dass es ein Engel ist wäre der da singt, hätte ich das sofort geglaubt. Ich hatte ihn schon so viele male in meinen Träumen singen hören, aber das war kein Vergleich zu dem hier. War er ein Engel? Ich hatte schon so viele Bezeichnungen für ihn gehört, das Phantom, Erik, Operngeist... den Engel der Musik. Seine Stimme ging mir durch Mark und Bein, sie nagelte mich fest. Wollte mich nicht mehr gehen lassen, trieb mir Tränen in die Augen. Ich wünschte mir, dass er niemals, niemals aufhört zu singen.

Das niemals dauerte dann nur 2 Minuten, denn er hatte mich bemerkt. Oh scheiße! Er drehte sich um. Seine kalten Augen musterten mich ohne jegliches Gefühl... und die Musik war verstummt.

„Was machst du hier?" knurrte er. Dieses Mal verzichtete er auf die Ironie und auf das höfliche „Mademoiselle". Er schien wütend zu sein. Doch seltsamerweise hatte ich gar keine Angst vor ihm.

So ein Mensch, mit so viel Traurigkeit und Gefühl in der Stimme, konnte nicht böse sein.

„Ich habe die Musik gehört", flüsterte ich. „Das war wunderschön."

„Oh" das schien ihn zu überraschen. „Danke", sagte er. Ich lächelte ihn an. Er erwiderte mein Lächeln nicht, doch der Zorn aus seinen Augen verschwand. Ich sah ihn mir mal genauer an. Er hatte, dichtes schwarzes Haar, und smaragdgrüne Augen. Die weiße Maske, die er immer trug, bedeckte seine rechte Gesichtshälfte komplett. Warum trug er sie? Um nicht erkannt zu werden? Nein das war Blödsinn. Vielleicht, um eine Narbe oder eine Entstellung zu verstecken. Er war sehr groß, um einiges größer als ich, fast schon 2 Köpfe. Und er wirkte sehr muskulös. >Er war eigentlich ein sehr attraktiver Mann< schoss es mir durch den Kopf.

Er bemerkte meinen prüfenden Blick und hob fragend eine Augenbraue. Ich errötete und wandte verlegen den Kopf zur Seite. „Danke, dass Sie mich hierher gebracht haben." Murmelte ich. „Ich denke, wenn Sie das nicht getan hätten, würde es mir jetzt sehr schlecht gehen. Nicht wahr?" Er nickte nur. Ich sah ihn wieder an, und wiederholte meine Frage vom Vorabend noch einmal, „warum helfen Sie mir?"

Er stand auf. Jetzt bemerkte ich, dass er gar nicht seinen schwarzen Umhang trug, sondern nur ein offenes weißes Hemd an hatte. Trotzdem wirkte er nicht weniger imposant, oder sollte ich sagen mächtig?

Mit wenigen Schritten war er bei mir. Er legte seine Hand unter mein Kinn, und zwang mich so, ihm in die Augen zu schauen. „Hätte ich es nicht tun sollen? Mademoiselle Lavie?" fragte er mit sanfter, gefährlicher Stimme. „Das... habe ich nicht gesagt. Ich wollte einfach nur... den Grund wissen." Flüsterte ich. Er ließ mich los. „Sie sind eine sehr hartnäckige Frau, nicht wahr, Mademoiselle Lavie?", stellte er fest. „Lucy, bitte nur Lucy. Ich mag meinen Familiennamen nicht besonders.", sagte ich und biss mir danach sofort auf die Unterlippe. Als ich das erste Mal in die Vergangenheit gereist bin, habe ich gesagt, dass meine Familie gestorben sei. Was hätte ich denn sagen sollen? Das ich aus der Zukunft komme? Dann hätten mich alle für verrückt gehalten!

Hoffentlich fragt er nicht nach dem Grund, warum ich meinen Familiennamen nicht mag, auch wenn es nämlich nicht stimmt, dass meine Familie tot ist, sag ich es trotzdem nicht gerne. Es würde ihn so oder so nichts angehen.

Er sah mich eine Weile lang an. „Nun... Lucy", sagte er schließlich, „Ich hoffe Sie bekommen ihre Neugierde in den Griff, denn ansonsten kann ich für nichts garantieren." Jetzt wurde ich wütend. Hatte er mich gerade bedroht? Was bildet der sich ein? Meine Neugierde in den Griff bekommen, tssss. Für wen hält der sich? Das er mir vorschreiben kann, was ich zu tun habe und wie ich mich verhalten sollte?

„Jetzt hören Sie mal zu, Monsieur le Fantôme!", rief ich mit blitzenden Augen. Überrascht von meinem plötzlichen Stimmungsumschwung, wich er einen Schritt zurück.

„Ich habe Sie nett und höflich gefragt, ob Sie mir den Grund für Ihre Hilfe nennen! Sie sagen, ich soll meine Neugierde in den Griff kriegen? Mit der habe ich noch gar nicht richtig losgelegt! Und was wollen sie mit dem: Ich kann für nichts garantieren? Wollen sie mir drohen?" den letzten Satz schrie ich beinahe. Seine Hände schossen nach vorne und packten meine Arme. Er brachte sein Gesicht ganz nah an meins heran und zischte: „ Ich habe schon ganz anderen Menschen gedroht als Ihnen, Mademoiselle. Nehmen Sie sich in Acht, was Sie sagen."

„Ach Sie meinen unseren werten Herrn Operndirektoren? Vielleicht klappt ihre Nummer ja bei den zwei altersschwachen Trotteln, aber nicht bei mir!" Ich riss mich los.

Plötzlich wechselte sein Blick von wütend, auf neugierig bis hin schon zu fast interessiert? Er betrachtete mich auf einmal wie man ein Studienobjekt ansieht! Oh man, dieser Blick machte mir echt Angst.

„Wir werden sehen, Mademoiselle!", sagte er leise. „wir werden sehen." Mit diesen Worten drehte er sich um und ging. „Warten Sie!", rief ich ihm nach. „Wann bringen Sie mich zurück?". Ohne sich umzudrehen sagte er: „Nicht heute, nicht morgen und auch nicht am Tag danach."

Leichte Panik stieg in mir auf. „Und wann dann?", rief ich und versuchte Mühsam den hysterischen Tonfall zu überdecken.

„Wenn ich heraus gefunden habe, ob Sie es wert waren von mir gerettet zu werden."

Ich nehme alles zurück, dieser Typ ist definitiv KEIN Engel!!

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Dieses Kapitel hat jetzt mal Überlänge ich hoffe das ist ok. ;D

Bei Verbesserungsvorschlägen oder Rechtschreibfehlern bitte melden! ^_^

Danke und LG :)

Liebe durch die Zeit? (In Überarbeitung)Onde histórias criam vida. Descubra agora