26. Kapitel

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"It's okay, I'm just a little cold. Don't worry."

"Alles klar?", Rebeccas prüfender Blick lag auf mir.

Ich nickte, doch mir war klar, dass Rebecca das durch schaute. Sie folgte meinem Blick und erspähte Christinas blonden Schopf in der wartenden Menge.
"Hey", sagte sie mit einer Stimme so weich wie Samt und Honig.
"Ich hab ja nicht viel Ahnung von diesem ganzen Geisterzeug aber ich weiß, dass du das richtige tust und ich weiß, wie sehr du davon überzeugt bist", sie lächelte warm und rückte das Revers meines Fracks zurecht.
"Lass dich von ihr nicht unter kriegen", flüsterte sie.
"Aber wie? Ich kann ja schlecht die nächsten zwei Jahre Däumchen drehen und ihr ausweichen, bis ich meinen Abschluss habe".
Rebecca schmunzelte: "Stimmt, das klingt nicht nach nem' guten Plan. Da hilft wohl nur eine Sache", flüchtig blickte sie auf die Uhr. Es war halb sechs, höchste Zeit die Türen zu öffnen.
"Und die wäre?", fragte ich und krempelte hastig die Ärmel meines Fracks hoch.
Rebecca legte ihre Hände auf die Türgriffe.
"Ehrlichkeit", sagte sie als wäre es das natürlichste der Welt und zog die Flügeltür auf.

"Ja klar", erwiderte ich missmutig über die rasch anschwellende Geräuschkulisse hinweg. Durch die nach und nach hereinströmenden Menschen, verlor ich Rebeccas Blick.
"Viel Spaß" und "Schönen Abend", waren die Worte die ich in den nächsten Minuten fast ausschließlich hervor brachte, zusammen mit dem Dauerlächeln, dass ich mir von Mum auf Familienfeiern abgeguckt hatte.
Die Gesichter verschwammen vor meinen Augen. Väter mit schief sitzenden Brillen, Müttern, die zur Abwechslung Make-up aufgelegt hatten, kleine Geschwister, die keine Lust hatten, ehemalige Schüler, die sich freuten sich wieder zu treffen, Großmütter mit Rollator.
"Hey", sagte die leise Stimme, der Person nach deren entgegen gestreckter Eintrittskarte ich gerade gegriffen hatte. Ich blickte auf und sah in Kira Flemmings strahlendes Gesicht. Regentropfen glitzerten in ihren Haaren und die Grübchen auf ihren Wangen waren deutlich hervor getreten.
"Hi", begrüßte ich sie. Hinter ihr begann es sich bereits langsam zu stauen und deshalb flüsterte sie nur hastig aber immer noch strahlend: "Es hat funktioniert". Dann verschwand sie zur ihren Eltern, die einige Meter entfernt auf sie gewartet hatten.
Der Knoten in meinem Magen löste sich ein Stück, die nächsten "Hallos" und "Guten Abend", kamen mir sehr viel einfacher über die Lippen.

Christinas Behauptung, dass Henry verschwunden war, hatte sich bestätigt. Wir hatten es wirklich geschafft! Henry war frei, seinen Eltern war die Last des Streits von den Schultern genommen und viel wichtiger, Henrys Seele würde nicht in der ewigen Verdammnis oder sonst wo schmoren müssen.

Es gab nur eine Sache, die diesen Abend noch besser mach würde. Hastig sah ich mich in dem langsam versiegenden Menschenstrom um aber Christina war offensichtlich schon in der Aula. Dann würde das wohl, bis zur Pause warten müssen.

"Was grinst du so?", fragte Rebecca als gerade keine weiteren Besucher in Sicht waren. Sie lehnte sich gegen den Rahmen der Tür und atmete die kühle Nachtluft ein.
"Es hat funktioniert", widerholte ich Kiras Worte und spürte dabei, wie sich ein Lächeln auf meinem ganzen Gesicht ausbreite.

Es war ein Zeichen unserer langen Freundschaft, vermutete ich, dass Rebecca gleich wusste worum es ging.
"Er ist frei?", mit einem Schlag zeichnete sich die Erleichterung, die ich spürte auch auf ihrer Miene ab.
"Jaaaa", bestätigte ich und bemühte mich, dass meine Stimme normal klang und nicht in ungestümen Jubel ausbrach.
"Was gibt's hier zu feiern?", Scott und Benjamin tauchten Seite an Seite aus der Dunkelheit des Schulhofes auf.
"Henry", sagte Rebecca leise aber bestimmt.
Benjamin warf mir einen Blick zu. "Kira war gerade eben hier", bestätigte ich und der gleiche Ausdruck der sich eben in Rebeccas Gesicht breit gemacht hat, entspannte auch Benjamins Züge.

Scott, der normalerweise am wenigsten Begriffsstutzig war, sah von Rebecca, zu Benjamin, zu mir.
"Heißt das, es ist vorbei?", fragte er zögerlich aber mit dem Anflug eines breiten Grinsens.
Ich konnte nicht anders als den beiden stürmisch um den Hals zu fallen.
"Es ist vorbei, es ist vorbei", lachte ich und bemühte mich dabei noch nicht einmal meine Stimme zu senken.
"Okay, okay. Wir haben's verstanden", sanft entwand sich Scott meinem Klammergriff.
Meine Augen suchten den Blick von Benjamin. Flüchtig sah ich das silberne Funkeln in seinen Augen und spürte, dass auch er meine Erleichterung teilte.

Ghosts of EleoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt