25. Kapitel

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"Get yourself some optimism, he said. It'll be fun, he said."

Der Wind peitschte mir die Haare um die Ohren, meine Finger waren klamm vor Kälte und ich schmeckte Salz auf den Lippen. Die Wellen und der Wind kämpften gegen mich an, schleuderten mich wie willkürlich umher, drückten mich tief ins Wasser und zogen mich wieder in die Luft. Doch ich kämpfte dagegen an, balancierte über die Wellen und ignorierte krampfhaft das Brennen meiner Muskeln.

"Noch fünf Minuten!", Samuel segelte an mir vorbei, der starke Wellengang und der unerbittliche Wind ließen selbst ihn seine übliche Eleganz auf dem Wasser einbüßen.
"Okay!", wollte ich rufen, bekam aber nur ein "Oka-", heraus, der Rest wurde durch einen Schwall Salzwasser erstickt. Ich hustete, zwar verschwand das Wasser, doch das Salz blieb und brannte in meiner Kehle. Ich schnitt eine Grimasse, besann mich aber rasch eines Besseren und schloss den Mund. Mit einem Blick über die Schulter versicherte ich mich, dass ich nicht die letzte war. Ich entdeckte Marthas neongrüne Schutzweste ein ganzes Stück hinter mir, zusammen mit noch jemanden in schwarzen Anzug, vermutlich Jim oder Tyler.
Etwa hundert Meter weiter vorne sah ich die pinken Highlights an Charlottes Segel aufblitzen als sie gerade eine besonders holprige Landung hinlegte. Ich biss mir auf die Unterlippe und lenkte mein Surfboard in Charlottes Richtung. Durch Wind und Wellen gestaltete sich das schwieriger als gedacht.
"Ich liebe dieses Wetter", brüllte Tyler der auf Höhe des Zugangs zur Bucht, aus dem Nichts auftauchte über das Tosen der Wellen hinweg. Zwar lachte ich, doch das Geräusch wurde von Heulen des Windes verzerrt und hinweg getragen.
"Du bist verrückt", rief ich, obwohl er mich vermutlich eh nicht hörte. Dennoch ließ er mir den Vortritt. Ungelenk glitt ich durch die Felsengasse, die mir heute besonders eng erschien. Ich biss die Zähne zusammen und versuchte mir nicht vorzustellen, was passieren würde, wenn mein Kopf Bekanntschaft mit dem Fels machen würde.

Das Wasser in der Bucht war unwesentlich sanfter, doch der Wind blies uns lange nicht so stark um die Ohren wie auf dem offenen Meer.
"Es ist zu kalt", meckerte ich, worauf hin Tyler lachte: "Nur die harten kommen inn' Garten, Eleo".
Ich verdrehte die Augen, wohl wissend, dass Tyler den Blick auf den Strandstreifen gerichtet hatte.
Nebeneinander segelten wir ins seichtere Wasser. Auf Höhe von Charlotte sprang ich vom Board. Wasser spritzte um mich herum, auch während ich mein Board aus dem Wasser zog.
"Und wie wars?", rief Daniel, der heran getrabt kam. Zusehen, dass auch er einmal bis auf die Knochen durchnässt war, verschaffte mir eine eigenartige Befriedigung.
"Kalt", gab ich mit klappernden Zähnen zurück und ließ mir von ihm helfen, Board und Mast auseinander zu schrauben.
"Du kleine Heulsuse", zog er mich auf und nahm mein Segel und drückte es in den feuchten Sand.
"Tyler, wie bist du klar gekommen?", rief er über den Strand hinweg. Tyler grinste und reckte die Daumen: "Geil, einfach geil", rief er.
"Das ist eine ordentliche Reaktion", lobte Daniel.
"Charlotte, was ist mit dir?", wandte er sich an Charlotte, die gerade aus dem Wasser wartete.
"Gut", murmelte sie und zog ihr Board hinter sich her. Daniel verdrehte die Augen, ob dieser ausführlichen Antwort.
"Wir treffen uns in einer halben Stunde oben. Ob geduscht oder nicht ist mir egal, ich will heute einmal pünktlich Schluss machen", verkündete er und joggte den Strand hinunter zu der Stelle an der Samuel und Martha sich an Land kämpften.
Jetzt war es an Charlotte die Augen zu verdrehen: "Schaffen wir eh nicht".
"Das stimmt allerdings", murmelte ich.

Schnellen Schrittes schafften wir unsere Ausrüstung in den Schuppen.
"Wo ist eigentlich Christina?", fragte Martha scheinheilig und sah sich in den zugigen Gängen des Schuppens um als erwarte sie Christina würde hinter einer Reihe Segel hervor springen.
Ich zuckte mit den Schultern: "Vielleicht wollte sie bei dem Wetter nicht raus".
Martha schnaubte abfällig: "Dann hat sie hier nichts verloren".
Tyler schien über ihre Worte nach zudenken: "In einem Ort in dem es 70 Prozent der Zeit regnet und stürmt hast du da wohl recht".
"Oooder sie ist krank, hat Hausaufgaben, schreibt morgen Klausur oder ist beim Zahnarzt", warf Charlotte genervt ein.
"Hör doch mal auf sie zu verteidigen", giftete Martha und riss die Tür des Schuppens auf.
"Hör du auf, sie ständig zu verurteilen!", schleuderte Charlotte zurück.

"Ehrlich, sie hat hier nichts verloren, kapierst du das nicht Rosinger?", Martha stemmte die kleinen Hände in die Hüfte. Mit dem Wind an ihren nassen Haaren zerrte und dem wutentbrannten Gesichtsausdruck, sah sie aus wie ein besonders jähzorniger Wischmop.
"Sei doch nicht immer so!", wetterte Charlotte und stürmte durch die Tür.
"So - so was?!", Martha stampfte ihr hinterher. Mit einem lauten Knall fiel die Tür ins Schloss. Samuel, Tyler und ich blieben zurück. Knappe zehn Sekunden tauschten wir schweigend Blicke, ehe Tyler unverblümt wie immer fragte: "Eyy haben die ihre Tage oder was?".

Ghosts of EleoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt