Endlich hatte sie mein Korsett zugeschnürt und das feste Ziehen ließ nach. Trotzdem war meine Atemfreiheit erheblich eingeschränkt und meine normales B-Körbchen wurde dadurch so hochgepusht, dass es locker wie ein Körbchen größer aussah. Als nächstes kam das Kleid. Alara half mir es über den Kopf zu ziehen, da ich ohne sie kaum den Weg durch den Unterrock gefunden hätte, der aus mehreren Lagen weißen Tüll bestand. Das Kleid selbst bestand aus blassgrünen Chiffon und durch den vielen Tüll stand es ab der Taille weiter ab, sodass es einen Kreis von bestimmt zwei Metern um mich bildete. Zum Glück hatte ich nicht so einen Reifrock, die man früher getragen hatte, umgeschnürt bekommen.

Wir überquerten eine weitere Barriere und erreichten endlich die Hauptstadt der Elfenwelt. Ich hatte sie mir nicht mal ansatzweise so vorgestellt und im ersten Moment blieb mir einfach nur der Mund offen stehen. Ich stellte mir vor, wie lächerlich das bestimmt aussah, weswegen ich ihn schnell wieder schloss und mich mit großen Augen weiter umschaute. Der schmale Moosweg wich einer mit weißem Marmor gepflasterten Straße. Um sie herum wuchsen Bäume, die so hoch wie Hochhäuser und so breit, wie drei Geländewagen nebeneinander waren.

Als ich den Kopf in den Nacken legte, entdeckte ich riesige Häuser - ja sogar Villen in deren Baumkronen - die durch elegante Treppen, die sich um die Stämme wunden, zugänglich wurden. Zwischen den verschiedenen Häusern spannten sich feine Hängebrücken, auf denen eilig Elfen hin und her huschten. Einige hielten kurz inne und sahen auf unsere Truppe hinunter. Über ihnen raschelten die Blätter und nur sehr wenige Sonnenstrahlen, konnten das dichte Blätterdach durchdringen, sodass es so dunkel war, wie in der späten Abenddämmerung. Plötzlich hörte ich ein lautes Rascheln tief in den Baumkronen, gefolgt von einem tiefen Grollen. Ich blickte hektisch nach oben und erwartete schon, dass mehrere Barghest auf uns herab fallen würden. Doch Alarion, der wieder neben mir ritt, legte mir beruhigend die Hand aufs Knie und deutete lächelnd links über uns. Das Blätterdach teilte sich an einer Stelle und ein langer, geschuppter Schwanz kam zu Vorschein. Er pendelte gemächlich hin und her und verschwand ab und zu wieder zwischen den dunkelgrünen Blättern. Kurz darauf tauchte ein gewaltiger Drachenkopf auf. Erfürchtig beobachtete ich, wie der Drache kurz kleine Rauchwölkchen aus den geweiteten Nüstern bließ und sogleich wieder gurrend im Geäst verschwand. Obwohl ich jetzt wusste, dass es die Fabelwesen aus Kindheitsgeschichten wirklich gab, war es immer noch so unwirklich.

Es gab auch Gebäude auf dem Boden, die zwischen den Bäumen mit den Häusern standen und je weiter wir uns der Stadtmitte näherten, desto zahlreicher wurden diese.

Irgendwann verschwanden die Baumhäuser komplett und wir erreichten endlich das Zentrum der Stadt. Sie ähnelte jetzt mehr einer alten europäischen Stadt auf der Erde, denn es gab einen großen Marktplatz und schmale Gässchen mit kleinen Lädchen. Allerdings sah alles viel edler aus. Der Marktplatz und die Straßen waren weiterhin mit weißem Mamor gepflastert und ich wollte wirklich nicht wissen, wie viel Wert allein der Boden in Ankaria hatte. Die Waren, die in den Schaufenstern angeboten wurden, sahen entweder unheimlich teuer aus oder sie waren so absurd, dass ich nicht wusste was sie darstellen sollten. Allerdings konnte ich keinerlei Preisschilder entdecken, als wir an manchen Geschäften vorbeiritten. Verwundert wandte ich mich an Alarion und der erklärte mir, dass man in Ankaria für nichts bezahlen musste.

Ich fragte mich immernoch, wie solch ein System überhaupt bestehen konnte.

Während wir durch die Stadt ritten, versammelten sich immer mehr Elfen an den Straßenrändern und empfingen uns jubelnd. Viele hatten weiße Stofftaschentücher aus Spitze in der Hand und begrüßten uns damit, indem sie diese hin und her wedelten. Ein kleines Elfenkind kam auf mich zugehüpft und reichte mir ein Strauß mit Immergrün. Gerührt über diese herzliche Geste und den netten Empfang, vergaß ich schnell meine schlechte Laune und nach einem kurzen Zögern, winkte ich ihnen zu. Die Menge war begeistert.

Immergrün *pausiert* #TeaAward2018Where stories live. Discover now