Kapitel 2 ~ Hoch über den Wolken

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Wenige Minuten später war meine Entschlossenheit wie weggeblasen. Ich saß angespannt auf meinem Sitz und krallte meine Nägel in die Lehnen. Wenigstens hatte ich einen Platz am Fenster. Als das Flugzeug beim Start mal wieder ein wenig wackelte, pochte mein Herz noch schneller in meinen Ohren. Der Start und die Landung waren am schlimmsten.

Wäre ich nicht so mit meiner Angst beschäftigt gewesen, wäre ich bestimmt im Boden versunken. Ausgerechnet Er saß auf dem Sitz neben mir. Zum Glück hatten wir Firstclass gebucht, sodass er nicht direkt neben mir saß und dazwischen noch genügend Platz war. Vermutlich lachte er sich gerade ins Fäustchen, aber hinschauen konnte ich nicht, sonst hätte ich vermutlich gekotzt.

Meine gesamte Familie hatte viel Geld, war aber dennoch ziemlich bodenständig geblieben und wir posaunten unser Reichtum nicht in die Welt hinaus, wie andere Menschen. Wir spendeten sogar viel, und unser Haus in New Orleans war auch durchschnittlich gewesen. Woher wir allerdings so viel Geld hatten wusste ich auch nicht so genau. Ich hatte nur mal mitbekommen, dass meine Großeltern mütterlicherseits wohl damals ein stolzes Sümmchen zusammenbekommen hatten. Also hatte es wohl irgendetwas mit Erben zu tun, denn meine Tante und mein Onkel arbeiteten ziemlich normale Berufe aus. Meine Tante war Floristin und mein Onkel Lehrer an einer Highschool.

Nachdem wir endlich in der Luft waren, entspannte ich mich ein wenig und konnte wieder durchatmen. Vorsichtig lugte ich nach rechts. Glücklicherweise war er gerade mit seiner Kette beschäftigt, die er ausgezogen hatte und immer wieder in der Hand drehte. Mit zusammengekniffenen Mund starrte er auf die Kette. Eine Weile schaute ich wie gebannt auf diese Kette, während ich mit meinen Gedanken abschweifte. Deshalb merkte ich auch nicht, wie die Finger innehielten und sich ein grüner Blick auf mich richtete.

Als neben mir ein leises Lachen erklang, blieb mir fast das Herz stehen.

>>Gefällt dir die Kette? << fragte mich eine unerwartet tiefe und zugleich weiche Stimme.

Ich schaute hoch in sein Gesicht und mein Blick blieb mal wieder an seinen grünen Augen hängen.

>>Ich...Ich w-weiß nicht. << Stotterte ich und ich verpasste mir innerlich einen Tritt. >>Sie ist ganz schön, aber sie wirkt irgendwie...dunkel, als würde sie etwas Negatives ausstrahlen. << Ich wusste nicht, wieso ich das gesagt hatte. Jedenfalls dachte ich, er würde mich jetzt auslachen und wurde schon im voraus rot.

Erstaunlicherweise lachte er nicht, sondern schaute nur finster auf die Kette und bedachte sie mit kalten Blicken, sodass das Grün seiner Iris plötzlich eine ganz andere Wirkung hatte.

>>Ja, sie wirkt so, nicht wahr? << Murmelte er. Es war keine Frage, weswegen ich wartete ob er noch etwas hinzufügen würde.

>>Aber sie beschützt mich und hilft mir bei bestimmten Dingen. << Sagte er und hing sich die Kette entschieden wieder um den Hals und schaute stur geradeaus.

Als er nichts mehr sagte, zog ich eine Augenbraue hoch und drehte mich zum Fenster. Unter uns flog die Landschaft nur so dahin und ich versuchte mir nicht vorzustellen, dass ich in einem riesigen metallischen Käfig saß und unter mir nichts als Luft war.

Ich dachte schon, er hätte das Interesse an einem Gespräch mit mir verloren, als ich ein leichtes Räuspern hörte. Ich schaute zu ihm herüber.

>>Wie unhöflich von mir, ich hatte mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Kaden. << Er lehnte sich zu mir herüber und überbrückte die Distanz zwischen den Sitzen mit seinen langen muskulösen Armen. Verblüfft starrte ich die Hand an. Vorher schien er ziemlich abweisend und unhöflich mir gegenüber gewesen zu sein. Immerhin hatte er mir nicht aufgeholfen, als mein Hintern Bekanntschaft mit dem Flughafenboden gemacht hatte, sondern hatte nur zu geguckt und war anschließend verschwunden.

Immergrün *pausiert* #TeaAward2018Where stories live. Discover now